Macht Social Media unglücklich? Oder glücklich? Oder autark? Oder süchtig?

Die digitale Kommunikation über Social Media Kanäle bietet viele Facetten und Gestaltungs-Möglichkeiten. Wir können uns global vernetzt unsere Peer-Gruppen zusammenstellen und innerhalb dieser Communities genau die Themen diskutieren, die uns bewegen. Wir können uns eine perfekte Scheinwelt aufbauen über Instagram und Co, und daran zugrunde gehen, dass wir in unserem „echten“ Leben so unvollkommen sind. Wir können uns zu Hause verkriechen, das Leben „da draußen“ meiden und ausschließlich über Computer mit Menschen vernetzt sein. Wir können über unsere digitalen Endgeräte Menschen, Projekte und Gemeinschaften „da draußen“ finden und uns anschließen. Doch wovon ist es abhängig, ob Social Media uns glücklich macht oder unglücklich?

Gestalter sein oder Gestalteter – wie autark bist Du?

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Es ist bequem von jedem Menschen zu erwarten, dass er sich in seiner Autarkie erkennt und nur noch das tut, was er wirklich von innen heraus will. Doch für sehr viele Menschen ist so ein autarkes Leben unmöglich. Familie, Beruf, Status, Körper, Geld, soziale Umgebung… überall lauern Zwänge, die Ängste auslösen können und unglücklich machen. Da kann der tägliche Griff zu Instagram und Facebook dem Ganzen noch das gewissen Quentchen Unglück hinzufügen. Wenn es anscheinend anderen Menschen so viel besser ergeht als einem selbst, bedeutet die Fremdbestimmung und innere Gefangenschaft zusätzlich auch noch ein persönliches Versagen – na super.

Dann gibt es aber auch diese Leute, die sich allen Ernstes als autark empfinden. Sie liebe/n ihre/n Beruf/ung, ihre Lebensgestaltung – und sie lieben sogar ihre bedrohlichen Herausforderungen, Katastrophen und ihr Scheitern! Für diese (vielleicht sehr wenigen) Menschen kann Social Media eine Schatztruhe sein an erweiterten Möglichkeiten der Gestaltung. Diese autark eingestellten Menschen sagen sich vielleicht: „Egal, was für ein Mist mir auch passiert – es gibt irgendwo auf der Welt Menschen, mit denen ich die Erfahrung teilen kann und konstruktive Lösungen finden. Egal wie allein ich auch sein möchte – ich kann digital den Kontakt aufrecht erhalten und jederzeit einen Neubeginn finden – genau in der Nische, die zu mir passt.“

Hallo Autarke – Alles nur Einbildung?

Natürlich kann es gut sein, dass die Autarken sich nur einbilden, autark zu sein. Gemäß dem Bild vom halbvollen/halbleeren Glas malen sie sich ihre Welt schön, indem sie die vielen Zwänge als „gewünscht und geliefert“ einstufen. Unglückliche Kindheit? Habe ich gebraucht, um der zu werden der ich heute bin! Berufliche Unsicherheit? Finde ich klasse, da ich mich dann immer wieder neu erfinden kann! Finanzieller Ruin, Einsamkeit, Trennung und Schmerz? OK, es gibt was zu tun – da will ich mal tief graben, um das Rätsel zu lösen…

Ob es ein Naturtalent ist, sich als Gestalter zu fühlen oder ob es auf Kindheitserfahrungen zurückzuführen ist, lässt sich wohl nie klären. Ob es ein Verdienst ist oder ein unverdientes Geschenk, ist ebenfalls nicht zu bewerten. Was ich mir wünsche ist, dass die Gestalter mit Mitgefühl und Respekt auf die Gestalteten sehen – und dass sie ihre Aufgabe wahrnehmen, hier und da kleine Impulse zu setzen, um den Gefangenen aus ihrem Unglück zu helfen.

Social Media ist ein Instrument – ist eine Waffe!

Im ewigen Kampf um Sinn, Glück und das Recht auf Selbstbestimmung kann die digitale Kommunikation durchaus eine kreative Waffe sein für die, die gern die Welt ein bisschen glücklicher und freier machen wollen. Überall bei Facebook finden sich Ansätze, um aufzumuntern, die Hand zu reichen, zu bestätigen und zu entspannen. Gerade mit kleinen Zeichen und Symbolen verändert man die Welt zum Guten – viel weniger mit den großen Revolutionen! Denn nur wenn ich keinen Widerstand erzeuge mit meiner Mission, kann ich Herzen öffnen und Mut machen.

Social Media ist durchaus eine „Waffe“ für die Gestaltenden, die sich nicht mit dem Status Quo zufrieden geben. Dem Introvertierten seine Einsamkeit gönnen, dem Misstrauischen seine Sorgen, dem Wütenden seine Leidenschaft… es gibt so viel zu trainieren an empathischer Kompetenz und fröhlicher Umarmung der ganzen Schöpfungswelt!

Lernen von den Planetenschützern, lernen von den Menschenrettern, lernen von denen, die Tiere verstehen in ihrer Vollkommenheit. Bewundern und dankbar sein für das viele Gute, das es gibt auf der Welt. Sich ab und zu kümmern um die zerstörenden Gefühle wie Neid, Hass und Gier, indem man durch ein liebevolles Zeichen auflöst, oder zumindest Unsicherheit bringt in das festgeschmiedete Weltbild der Vergangenheitsverklärer.

Umarmen statt zerstören, das ist die Waffe derer, die daran glauben, dass alles alles gut wird. Zerstören statt umarmen – das ist die Waffe derer, die daran glauben, dass wir dem Untergang täglich näher kommen. Wie herrlich, dass sich diese beiden Seiten im Web begegnen können, ohne sich körperlichen Schaden zufügen zu können! Sozusagen wie in einem virtuellen Woodstock, wo die Liebesjünger und die misstrauischen Farmer immer weiter aufeinander zugehen und beginnen, sich zu mögen!

Einsamkeit und Social Media

Noch zu einem letzten Punkt: Ist Social Media etwas, was in die Einsamkeit treibt und darum wie ein Suchtmittel zu betrachten ist? Ja, ganz gewiss verändert Social Media unser soziales Miteinander im „echten“ Leben. Ich müsste viel viel mehr Einsatz zeigen für meine sozialen Kontakte, wenn es das Internet nicht gäbe! Statt mich an verbindliche Netzwerke zu halten, die mir im analogen Leben Gemeinschaft, Geborgenheit, Aufgabe und Unterhaltung bieten, kann ich auf dem digitalen Planeten ständig meine Communities wechseln, ohne dass es zu Konsequenzen führen muss. Interessen, ethische Werte, Hobbys, Spiele und Engagements… hin und her kann ich wechseln, ohne das heimische Nest auch nur einmal verlassen zu müssen – doch ist das der Untergang des Abendlandes?

Einsamkeit als Quelle des Glücks?

Viele Philosophen haben die Einsamkeit als Quelle des wirklichen Glücks beschrieben. Unabhängig von äußerer Bewertung habe ich die Chance, mir die Inspirationen zu holen, die ich mir genau in diesem Moment wünsche, um mir selbst weiter auf die Spur zu kommen, Natur, Bücher, Stille, Kunst, Meditation… warum nicht auch die kreative Gestaltung mit Tastatur und Suchfunktion? Es könnte sein, dass immer mehr Menschen das sozial weltumspannende Netz ergreifen als Möglichkeit, sich in Einsamkeit weiter zu entwicklen in ihrer Persönlichkeit. Ja, auch schreiben ist ein künstlerischer Ausdruck. Ja, auch das Finden, Verarbeiten, Teilen und Kommentieren von Inhalten kann erfüllen wie ein spirituelles Buch.

Mir haben schon einige Depressive und Hochsensible berichtet (im Netz), dass sie dank Social Media die Angst vor ihrer Besonderheit verlieren. Sie genießen es, verbunden zu bleiben mit den Menschen, ohne dass sie sich den direkten Begegnungen aussetzen müssen. Sie genießen es, beobachten zu können und ihrem Rhythmus gemäß soziale Kontakte so zu leben, wie es ihnen gut tut.

Social Media als neue Hölle – und neue Religion?

Vielleicht ist Social Media ein Suchtmittel und ersetzt im Extremen sämtliche Kontakte in der Außenwelt. Vielleicht ist es gruselig, wenn da ein Mensch nur noch in seinem Internetkosmos existiert und  Leib und Umfeld verwahrlosen lässt. Vielleicht werden bald die Psychiatrien voll sein mit Menschen, die unfähig sind, für sich zu sorgen, arbeiten zu gehen und die sich gefangen fühlen gegenüber Verschwörungen und übermächtigen Digitalmächten. Vielleicht werden die Überwachungsmechanismen den „Teufel“ mit all seiner Gewalt ablösen und viel zu viele Menschen in eine Hölle stürzen. Vielleicht wird das gesellschaftlich erwünschte Verhalten bald angebetet wie eine Religion – wird zur neuen Kirche.

Wir Gestaltenden (bzw. wir amen Irren, die sich einbilden autark zu sein) freuen uns auf all das, was kommen mag. Weil wir neugierig sind. Weil wir dieses unverschämte Vertrauen in uns fühlen, dass am Ende sowieso alles gut wird. Weil wir bereit sind, uns zu verändern, Reue zu empfinden und uns neu zu auszurichten.

Ich glaube schon, dass harte Zeiten auf die Erdgöttin Gaya zukommen: Menschliche Härte führt zu Krankheit, Leid und Zerstörung, denn der Mensch kann sich entscheiden und ist immer noch(!) Herrscher über diesen Planeten… Aber ich lebe Sekunde für Sekunde und werde mich bemühen, mich bei all diesen Schicksalsbegegnungen authentisch zu entscheiden. Und wenn es kein Internet mehr gibt, kein Wasser und kein Erbarmen – na dann ist das eben so, dann werde ich gucken, was ich dann mache…

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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