Dita Nerbas: Weil wir tapfer sind (Apr. 2018)

Eine Geschichte der Hobby-Schreiberin, Literatin und Poetin mit Herz – Dita Nerbas: Schlimmer geht immer. Ist das Motto einer Freundin von mir. So kann man sich immer selber trösten. Ist ziemlich schlau. Fördert den Humor, fördert den schwarzen Humor. Ist sehr gut. Es gibt Strategien, um mit den Herausforderungen des Lebens fertig zu werden. Klarzukommen. Es gibt Menschen, die diese Strategien suchen, finden, anwenden, anderen mitteilen, leben.

Und es gibt Jammerlappen.

Natürlich gibt es manchmal Schmerzen, die einen heulen lassen. Seelische und körperliche. Oder soziale. Keine Frage. Kein Problem.

Was ich meine, ist der strategische Umgang mit den Herausforderungen des Lebens.

„Weil wir tapfer sind“ – Foto Dita Nerbas

Dem einen flüstert das Leben ein: „Lerne leiden ohne zu klagen!“. – Dem anderen das Gegenteil. „Lerne klagen ohne zu leiden!“, sang schon vor Jahren halb ernst, ironisch, sarkastisch, zynisch der Liedermacher Hans Scheibner. Es gibt erfahrungsgemäß eine ganze Menge von Leuten, die klagen können und dies auch tun, ohne wirklich tiefgreifend zu leiden. Die zweckgerichtet klagen. Je lauter ich jammere, desto mehr Medizin wird mir der Arzt schon geben. Desto länger wird er mich krankschreiben. Desto überzeugender wirke ich. Es gibt Menschen, die sehr erfolgreich dabei sind, bei anderen gezielt gewollte Wirkungen hervorzurufen durch ihr Handeln.

Und es gibt die, die nach innen leiden. So jemand war ich.

Ich konnte an Omas Hand den Weg von der Grundschule nachhause gehen, ohne ein Wort zu sagen. Andere Kinder hätten lebhaft von der Schule erzählt. Ich blieb stumm. Ging still neben ihr her. Warum? Zuhause angekommen fragte Oma doch irgendwann nach. Ich hatte mir an der Treppe vor der Schule den Zeh gestoßen. Es tat höllisch weh. Ich war der festen Überzeugung, wenn etwas weh tat, musste man das aushalten, ohne dass jemand anderes davon erfahren sollte. Einfach nach innen wenden. Introvertiert. Der Schmerz wird nach innen gekrempelt. Ins Futter der Kleidung eingenäht wie bei Generationen vorher die Wertgegenstände auf der Flucht vor dem Krieg. Vielleicht war es mir auch bloß peinlich, dass ich so dumm gewesen war, mich zu stoßen? Selber schuld, sozusagen. Keine Ahnung. In Wirklichkeit hatte ich mich über etwas geärgert und war noch dabei, es selbst zu bewerten und zu verarbeiten. Irgendwelche Kinder waren blöd gewesen. Der Schmerz im Zeh war dazugekommen, überdeckte das und rechtfertigte mich gegenüber Oma. Die vielleicht ahnte, dass noch etwas anderes dahintersteckte.

Weil wir tapfer sind.

Dann war da noch der Grillnachmittag bei Verwandten. Barfuß im Garten. Meine Tante hatte das Hobby Nähen für sich entdeckt, wie später herauskam. Sie hatte vorher beim Aufräumen wohl nicht gründlich genug alle Stecknadeln wieder eingesammelt… Jedenfalls spürte ich plötzlich einen schmerzenden Pieks unter dem Fuß. Konnte nicht mehr auftreten. Ein Fremdkörper musste sich angehängt haben. Um Genaueres herauszufinden, sah ich mich gezwungen, zur nächsten Sitzgelegenheit zu humpeln, mich dort vorsichtig niederzulassen, den Fuß über den Oberschenkel zu schlagen, nachzuschauen… Dann zog ich vorsichtig die Stecknadel aus der Sohle. Überlegte gerade, wohin nun mit der Nadel, als sich mein Vater neben mich setzte. Das war das Merkwürdigste an der ganzen Sache. Er musste wohl alles beobachtet haben. Mein Vater setzte sich neben mich, schaute mich mit einem besonderen Gesichtsausdruck an und sagte mit einem bewundernden Ton in der Stimme nur die drei Worte zu seiner Tochter: „Du bist tapfer.“

Jetzt wusste ich das auch. Vorher dachte ich bloß, mir eine Stecknadel eingetreten und wieder herausgezogen zu haben. Nun war klar, jeder andere hätte vielleicht ein Geschrei angefangen und um Hilfe gebrüllt.

Man merkt immer erst an der Reaktion von anderen, wie das eigene Verhalten zu werten ist.

Weil wir tapfer sind.

Neulich ist in den Medien berichtet worden, eine Frau sei nach dem Tod ihres Haustieres mit gebrochenem Herzen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ja, kann man verstehen. Ich möchte das nicht werten. Liebe zum Haustier ist auch Liebe, ich weiß das. Trotzdem ist mir ungleich Schlimmeres passiert. Habe mich keinen Tag krank gemeldet.

Weil wir tapfer sind.

Mein Vater und ich.

Dita mit sechs Jahren

Je mehr man aushalten muss, umso tapferer wird man. Weil es gar nicht anders geht. Man kann natürlich auch sterben oder sterbenskrank werden oder nicht lebensbedrohlich erkranken. Aber wenn man leben möchte, ist tapfer sein besser. Es kommen nur so merkwürdige Gefühle auf gegenüber Menschen, die nicht so tapfer sind. Die wegen weniger großen Herausforderungen selbstmitleidig sind oder ihre Bedürftigkeit anderen zeigen. Die Trost und Hilfe bekommen. Sich pflegen lassen und umsorgt werden. Sogar in die Medien kommen damit. Aufmerksamkeit pur. Diese Aufmerksamkeit können wir Tapferen uns nur selber geben oder uns gegenseitig anerkennen, wenn wir es denn bemerken. Lob eines Tapferen „Du bist tapfer“ geht nicht besser. Danke, Papa. Hast ja so recht. Bin tapfer. Aber auch bedürftig. Teile meinen großen Schmerz und meine Trauer mit. Habe Texte geschrieben. Tröstet mich.

Weil wir tapfer sind.

Brauche den Austausch. Weil ich vielleicht doch nicht mehr so tapfer bin.

Impressum und Urheberrechtsvermerk: Alle Rechte liegen bei der Verfasserin:

 

Über Dita Nerbas
Dita Nerbas ist Hobby-Schreiberin, Literatin, Poetin mit Herz. Also eine von Vielen. Wie es so viele gibt. Kritiker haben festgestellt, dass sie “eine große Sensibilität gegenüber den kleinen Dingen und Vorkommnissen (hat), was sie auch sprachlich umzusetzen (vermag)“ (Hermann Glaser, bei Nürnberg, per Mail). Sie selbst ist der Ansicht, auch große Gefühle ihr eigen nennen zu dürfen. Ihr Freundeskreis hat daher einiges auszuhalten. Sie bewältigt Herausforderungen des Lebens mit Humor und Liebe. Ihre Stärke ist, mit Worten Bilder zu malen. Schreiben halt. Das kann sie trotz eines abgeschlossen Germanistik-Studiums hervorragend gut. – Zurzeit auf Jobsuche.

Kontakt:
Dita Nerbas
Twitter: @di_tales
Siebmacherstraße 33
90489 Nürnberg
+49 911 95 64 528
[email protected]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Dita Helgrid Nerbas, Siebmacherstraße 33, 90489 Nürnberg

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Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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