In Deutschland hat die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin am 15. April 2024 ihren Abschlussbericht den zuständigen Ministerien übergeben. Seit dem 31. März 2023 wurde in zwei Arbeitsgruppen erarbeitet, welche neuen rechtlichen Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch, der Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft für möglich gehalten und empfohlen werden. Ich möchte mich im Folgenden auf die Leihmutterschaft beschränken, die auch heute schon über Agenturen angeboten und praktiziert wird – allerdings zurzeit nur über das Ausland. Kurzbericht der Kommission hier als pdf
In immer mehr Ländern der Welt ist kommerzielle Leihmutterschaft schon heute legal. Da es auch in Deutschland bereits möglich ist, über Agenturen, Kliniken und Foren Gestationsträger (gebärfähige Frauen, denen ein Embryo eingepflanzt wird) und Wunscheltern zusammenzubringen, kommt die Politik nicht darum herum, im deutschen Recht eine Regelung für diese sich ausbreitende Praxis der Säuglingsproduktion gesetzlich festzulegen.
Die weit fortgeschrittene Leihmutterschaft in der Ukraine wurde durch den Beginn des Angriffskrieges Russlands in den Medien breit diskutiert, da die dort lebenden Leihmütter zunächst keine Möglichkeit hatten, die vereinbarte Übergabe des Säuglings nach der Geburt durchzuführen. In der Zwischenzeit sind die Probleme behoben – das GS-Recht in der Ukraine bietet Wunscheltern und Leihmüttern neben anderen Ländern eine professionelle Unterstützung und Rechtssicherheit. Kosten für die kommerzielle Austragung eines GS-Kindes liegen bei rund 40.000 bis 50.000 Euro. Verzichtet man auf die zwischengeschaltete Agentur, wird es günstiger.
(Globaler Überblick einer GS-Agentur über die beteiligten Länder)
Der Report der Magd…

Als ich vor fast 40 Jahren das Buch „Der Report der Magd“ von Margaret Atwood las, war ich selbst junge Mutter und völlig paralysiert durch diese dystopische Vision eines totalitären Staats in Zeiten verminderter Gebärfähigkeit von Frauen. Die TV-Serie mit der großartigen Elisabeth Moss in der Hauptrolle musste ich nach den ersten Folgen abbrechen, da sie anfing, in meine Träume einzudringen. Was für ein Grauen! Da ist ja George Orwells 1984 ein Kindergarten gegen!
Nun also leben wir in Zeiten der Ausweitung von Entscheidungen, die alles Mögliche legal werden lassen, was früher undenkbar war. Der Mensch wird zu einer Laborratte, mit der alles Mögliche im Rahmen der Selbstbestimmung angestellt werden kann. Operative Eingriffe für Geschlechtsumwandlungen, Implantate und Gadgets zur menschlichen Verbindung mit Maschinen – „Internet of Things Produkte“ saugen nicht nur unseren Fußboden, sie dringen in uns ein und liefern uns aus.
Es mag für finanzschwache alleinstehende Frauen eine verlockende Perspektive sein, Geld als Magd zur Austragung von Säuglingen zu verdienen, doch was bedeutet diese Entscheidung für ihr weiteres Leben? Was bedeutet die Inanspruchnahme diese Dienstleistung für die Welt, auf der wir leben?
Ich weiß noch, wie sehr es mich mitgenommen hat, als im Kosovo-Krieg Massenvergewaltigungen und daraus entstehende Zwangsschwangerschaften als Kriegswaffe benutzt wurden. Wie kann ich den „Feind“ besser schwächen, als wenn ich seine Frauen zwinge, Kinder der folternden Soldaten austragen zu müssen?
Nun scheinen die GS-Trägerinnen (die merkwürdigerweise der bei den Leihmutter-Agenturen GS-Träger genannt werden) eher aus einer fröhlichen Selbstverwirklichungsgemeinschaft zu entspringen. Es wird sogar gemeint, dass ein ganzes Stück Altruismus dabei ist, wenn Frauen fremde Kinder austragen und direkt nach der Geburt an die Kundschaft übergeben. Mag sein, dass die altruistische Leihmutterschaft hier und da in Familien vorkommt, aber bitte! Das grenzt doch an Hysterie, wenn eine Frau so etwas für ihre Tochter, Mutter, Freundin tut. Man kann doch eine Schwangerschaft und Geburt nicht mit einer Organspende vergleichen!
Die Fertilität sinkt weltweit, die Bereitschaft, Schwangerschaft und Geburt selbst auf sich zu nehmen, ebenfalls. Auch die Entscheidung homosexueller Paare, ein GS-Kind von einer Leihmutter austragen zu lassen, anstatt den Weg einer schwierigen Adoption gehen zu wollen, fördert die Industrie der Leihmutterschaft.
Es ist, wie es ist. Schöne neue Welt. Ich bin niemandem böse, der sich für eine Leihmutter entscheidet – aber für mich als Mutter von vier Kindern ist es ein wahr gewordener Alptraum, dass Margaret Atwoods Dystopie mehr und mehr einzieht in unser Leben.
zois-berlin von November 2023: „In der Ukraine und Russland wird Leihmutterschaft als Arbeit verstanden“