Carmen Radeck: Nie mehr selbst und ständig! Mehr Freiheit und Unabhängigkeit als Selbstständige

Als ich mich vor fünf Jahren als Texterin und Journalistin selbstständig machte, da kam mir zum ersten Mal dieses Wortspiel zu Ohren, das von Selbstständigen gern in Kombination mit einem bitteren Lachen vorgebracht wird: „Als Selbstständiger, ja haha, da arbeitet man selbst und ständig.“

nie mehr selbst und ständigIch habe diesen Spruch sofort gehasst. Selbst und ständig – das klingt nach Stress, nicht abschalten können, kein Privatleben haben, nach freier Fahrt zum Burnout. Sowas wollte ich auf keinen Fall.

In meiner E-Mail-Signatur stand deshalb von Anfang an: Carmen Radeck, freie Texterin und Journalistin. Freiberuflerin – das klingt nach selbstbestimmtem, unabhängigen Arbeiten. So wollte ich das haben!

Ich bin Texterin, mit Worten zu überzeugen ist mein Job. Bei mir selbst klappte das ganz gut.

Die Erfahrung der ersten Jahre lehrte mich dann etwas anderes. Ich kann mich so frei nennen wie ich will – vor allem in Stressphasen, wenn plötzlich mehrere Kunden gleichzeitig ihre Aufträge bestätigen und loslegen wollen – dann ist es mit selbstbestimmten Arbeiten ganz schnell vorbei. Dann kann auch ich bitter grinsend sagen: Jawohl, ich arbeite selbst und ständig.

Besonders in den ersten Jahren habe ich das so hingenommen. So ist das halt als Freiberufler. Manchmal gibt es Zeiten, da ist totale Flaute angesagt. Nicht, dass man dann nichts zu tun hat, da kann man sich schön der liegen gebliebenen Buchhaltung und dem Steuerkram widmen, oder nicht geliebte Aufgaben wie Kundenakquise betreiben.

Dann kommen plötzlich Phasen, in denen ich nicht weiß, welchen Auftrag ich zuerst erledigen soll. Das ist Stress pur, aber ich beklage mich nicht. Ich bin ja froh, dass es läuft. Aber läuft es wirklich?

Wie frei bin ich denn nun als Freiberuflerin?

  • Ich kann selbst bestimmen, welche Leistungen ich anbiete, welche Nische ich bediene, worauf ich mich spezialisiere.
  • Ich kann entscheiden, zu welcher Tages- oder Nachtzeit ich arbeite.
  • Ich kann entscheiden, wo ich arbeite: im Homeoffice, auf Bali am Strand oder im Coworking Space in Dortmund.

In meiner eigentlichen Arbeit als Texterin bin ich weniger frei. Vor allem bin ich abhängig von meinen Kunden, nicht nur was die Ausführung und die Gestaltung des eigentlichen Auftrags angeht.

Ich muss mich auf Terminvorgaben und Arbeitsweisen meiner Auftraggeber einstellen, mitunter längere Wartezeiten wegen Freigaben in Kauf nehmen. Ich kann kaum Arbeiten bündeln, die meisten Arbeitsschritte bearbeite ich individuell – weil es individuelle Aufträge sind.

Aber das wiederum ist es ja, was ich an meinem Job liebe – die Abwechslung der unterschiedlichen Aufträge. Doch ist es eben auch das, was mich zur Verzweiflung treibt. Warum? Weil ich in jeden Arbeitsschritt selbst mit eingebunden bin. Es läuft nicht ohne mich.

Ich brauche eine spontane Auszeit? Geht nicht, der Auftrag muss erledigt werden. Von mir. Ich kann ihn an jemand anderes abgeben, aber dann fehlen mir die Einnahmen.

Als dann auch mir klar wurde, dass ich zur Selbst-und-Ständig-Fraktion gehöre, war das zwar frustrierend, aber gleichzeitig war ich überzeugt, dass es einen anderen Weg geben muss.

Zu der Zeit hatte ich gerade meinen Blog ruhrgruender.de gestartet, in dem ich vor allem Storys über Gründer hier aus dem Ruhrgebiet erzähle. Seitdem lerne ich nicht nur unterschiedlichste Unternehmer-Typen und Arbeitsweisen kennen – vom Freiberufler bis zum Startup-Team.

Ich fing auch an, Bücher und Blogs über Unternehmertum und Entrepreneurship zu lesen.

Mit Büchern wie “Kopf schlägt Kapital” von Günter Faltin oder Tim Ferriss’ “4-Stunden-Woche” oder später auch Blogs und Podcasts wie “Suitcase Entrepreneur” oder “The School of Greatness” begann es in meinem Kopf zu brodeln.

Was all diesen Blogs und Büchern inhaltlich gemeinsam ist: Man findet für sich ein Produkt und nutzt die Macht des Internets und der Partnerschaften, dies zu verkaufen – ohne dass man selbst eine eigene Logistik oder Produktion aufbauen müsste. Man nutzt den Service, den es schon gibt – vor allem im World Wide Web. Wofür man „nur noch“ zuständig ist, ist das Marketing. Wenn es dann läuft – BAM! Dann ab in die 4-Stunden-Woche!

So einfach geht das natürlich nicht. Auch wenn Tim Ferriss heute seine 4-Stunden-Woche leben mag. Und einfach nach einem Produkt zu suchen, das mich vielleicht gar nicht interessiert und von dem ich keine Ahnung habe, das hat mich auch nicht wirklich gereizt.

Aber der Gedanke, mich aus Arbeitsabläufen herauszunehmen, zu gucken, bei welchen Prozessen ich selbst nicht anwesend sein muss, zu überlegen, ob ich einzelne Schritte nicht automatisieren kann – auch in meinem Job als Freiberuflerin – dieser Gedanke hat mich fasziniert.

Der interessanteste Ansatz, den ich dazu finden konnte, stammt aus Hamburg von Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg. Sie nennen diesen Ansatz “Smart Business Concepts” und richten sich vor allem an Selbstständige und Freiberufler, die der sogenannten Dienstleisterfalle entkommen wollen.

Der Schlüssel zum Ganzen liegt darin, nicht mehr in einzelnen, individuellen Projekten zu denken, sondern in Arbeitsabläufen, in automatisierten Prozessen. Je nach angestrebtem Freiheitsgrad muss man als Selbstständiger sein Geschäftskonzept mitunter grundlegend umdenken. Das ist ein schwieriger Vorgang, weil es ein Infragestellen des bisherigen Geschäftsmodells erfordert. Aber man kann auch erstmal einfach anfangen. Mit einfachen Schritten, den Arbeitsalltag erleichtern.

Seitdem sammle ich Best Practice Beispiele von Selbstständigen, die einen solchen Weg einschlagen, ihre Arbeit von sich selbst abzukoppeln und so mehr Unabhängigkeit zu erlangen, mehr Zeit zum selbstbestimmten Arbeiten zu haben.

Diese Haltung, im Englischen spricht man ja gern vom Mindset, möchte ich teilen und als Inspiration mitgeben, darüber nachzudenken, wie man aus der Dienstleisterfalle herauskommt und für sich mehr Unabhängigkeit als Selbstständiger schafft.

Einen ersten Anschub zum Umdenken des eigenen Geschäftsmodells gebe ich interessierten Selbstständigen und Freiberuflern mit meinem kleinen Seminar „Nie mehr selbst und ständig“ im GründerinnenZentrum Nordstadt.

Ich freu mich, wenn Ihr dabei seid!

  • Wann? 23. Juli, 19-21 Uhr
  • Wo? GründerinnenZentrum Nordstadt
  • Anmeldung: [email protected]

Die Veranstaltung ist kostenlos!
Hier geht es zur Anmeldung

Carmen_Radeck_RuhrgruenderCarmen Radeck
Freie Journalistin
Redaktion RuhrGründer

Redaktionsanschrift:
Carmen Radeck
RuhrGründer
Heimstr. 20
59174 Kamen
Tel.: 02307 / 502 37 17
E-Mail: [email protected]
Internet: www.ruhrgruender.de

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