Manchmal ist ein Social Media Best Practice Beispiel eher unfreiwillig entstanden – so wie bei der DHL Paket Facebook Fanpage. Die DHL selbst postet dort nur Werbebotschaften und „Cat-Content“ (wahrscheinlich durch eine externe Agentur) und antwortet auch mehr oder weniger nichts und niemanden. Was zur Folge hat, dass sich dort unter jedem Werbepost Unmengen an Beschwerdekommentaren der „Fans“ ansammeln, meistens völlig unkommentiert – wie in einer Selbsthilfegruppe 🙂 Gerade gestern am 9. April 2015 hat sich in den Kommentaren eine öffentliche Facebook Gruppe „Verärgerte DHL-Kunden“ gebildet, schon nach einem Tag mit 45 Mitgliedern. Wunderbare Marktforschung für Social Media Experten, dieses unfreiwillige Social Media Best Practice Beispiel eines Konzerns, der nicht auf einen guten Ruf und Kundenzufriedenheit angewiesen ist.
Warum ich überhaupt die DHL Paket Facebook Fanpage gefunden habe?
Auch ich gehöre zu den Kunden, die sehr unzufrieden mit der DHL sind. Erst gestern stand ich unten im Hausflur am Briefkasten, als jemand eine Benachrichtigung durch den Briefschlitz der Haustür schob: Eine Benachrichtigung von DHL Paket, dass ich nicht angetroffen wurde. Prima war, dass zufällig meine Nachbarin Zeuge war – niemand hatte geklingelt – und als ich auf die Straße lief, war der Bote schon nicht mehr in der Straße sichtbar. Mein Versuch, mich über die telefonische Hotline bemerkbar zu machen, gab ich nach 30 Minuten Warteschleife auf und besuchte die DHL Paket Facebook Fanpage. Und das wurde dann zu einem echten Erlebnis!
Zur DHL Paket Facebook Fanpage
Unter jedem Post der DHL („Frühlingsfarben in Paketform!“ „Frohe Ostergrüße“…) bis zu hunderten von Kommentaren von verärgerten Kunden – zum Teil mit übelsten Beschimpfungen, manche verzeifelt. Man liest Stories von Familien, die stundenlang direkt neben dem Türöffner ausharren, um innerhalb von 3 Sekunden nach dem Klingeln öffnen zu können – vergeblich. Wie bei mir: Benachrichtigung: „War keiner da“. Pakete, die angeblich bei Nachbarn abgegeben wurden, die gar nicht existieren – und wo jetzt niemand für den Verlust aufkommen will. Bettelnde Kunden „Liebe DHL, ach bitte helft mir doch“, Kunden, die sich beschweren, dass ihre Posts gelöscht worden sind. Manche wollen bei der Polizei Anzeige erstatten, weil sie seit Wochen vergeblich auf ihre DHL-Sendung warten.
Die Agentur, die für DHL Paket die Fanpage betreut, kann Einem leid tun. Ab und zu schreiben sie, dass man sich an das Kundenservice-Team wenden möge. Ich hoffe, es kommt nicht heraus, wer dafür verantwortlich ist, denn das würde dem guten Ruf dieser Agentur mit Sicherheit schweren Schaden zufügen. Wer möchte sich schon mit tausenden von wütenden Konzernkunden anlegen? Und wisst Ihr noch, wie ein ähnlicher Fall 2011 endete bei Teldafax?
Weltonline: Wenn-ein-Shitstorm-das-Konzern-Image-zerstört
In der Zwischenzeit weiß ich, dass auch andere Paketzusteller Unmengen unzufriedener Kunden haben.
N24: Paketzusteller im Test
Aber auf jeden Fall ist diese Fanpage ein Best Practice Beispiel für alle Marketing- und Social Media Dozenten als „Worst Practice-Beispiel“. Da kann man seine Studenten einen ganzen Tag mit beschäftigen als Projektarbeit: „Wie funktionieren Shitstorms und wie rächt es sich, wenn man Social Media mit einem billigem Werbekanal verwechselt“