Was uns alle permanent bewegt ist die Frage, ob das Social Web vor Allem gefährlich ist für die Persönlichkeitsrechte und Verhaltensweisen außerhalb des „staatlich Erwünschten“ – oder ob Facebook und Co eine Chance sind, sich zu Communities zusammenzuschließen und Initiativen zu befördern. Das Beispiel eines der größten Einkaufszentren in den USA zeigt deutlich die Äquivalenz dieser Frage: Auf der einen Seite spioniert die Mall Bürgerrechtler per Facebook aus – auf der anderen Seite wird genau dieses Verhalten per Social Web öffentlich bekannt!
Zu den Fakten: Die „Mall of America“ im US-Bundesstaat Minnesota hatte erlebt, dass sich im
Dezember 2014 Bürgerrechtler der Gruppe „Black lives matter“ zu einer Veranstaltung versammelt hatten, um auf die Polizeibrutalität gegen die afroamerikanische Bevölkerung aufmerksam zu machen.
Die Mall-Betreiber leiteten nach der Protestkundgebung Informationen und umfangreiches Material an die Behörden weiter, was der Polizei half, die Organisatoren zu identifizieren. Unter Anderem wurden diese Informationen über ein Facebook-Fake-Profil gesammelt, das die Mall schon 2009 eingerichtet hatte, um Bürgerrechtsaktivisten auszuspionieren. Unter dem Namen „Nikki Larson“ hatte sich dieses Fake-Profil mit 817 Menschen befreundet und sich der Facebook-Gruppe von „Black lives matter“ angeschlossen. Auch über Twitter wurden Bürgerrechtler ausspioniert.
Als dann zu dem „Flashmob“ im Dezember etwa 3.000 Bürgerrechtler eingefunden hatten, wurden direkt zwölf Personen verhaftet, die vorgeblich zu den Organisatoren gehören sollen.
Aber….
…heute weiß ganz Amerika von diesem Verhalten der Mall-Betreiber. Dank der Netzwerke, intelligenten Analysen und der schnellen Übertragung von Nachrichten konnte die Enthüllungsplattform „The Intercept“ das Treiben der Mall aufdecken und öffentlich machen. Mitte März 2015 gaben die Verantwortlichen der Mall folgende Erklärung ab: „Wir verfolgen weder Einzelpersonen noch Gruppen wegen ihrer politischen Überzeugungen, aber wir gehen Unterhaltungen nach, die Sicherheitsbelange berühren.“
Man sieht, dass sowohl die eine Richtung (Das Internet als riesiges Spionagetool für individuelles Verhalten) funktioniert als auch die andere Richtung (Es wird alles transparent, was früher im Dunkeln passierte, es wird alles enthüllt). Autoritäre Regime wie China, Saudi-Arabien, die Türkei, Kuba und der Iran (eine kleine Auswahl) versuchen verzweifelt, über Internetsperren die Kontrolle über das Internet zurückzuerhalten. Es bleibt abzuwarten, ob der technische Fortschritt diese Internetzensur optimiert – oder ob die „staatsbürgerlichen Aktivisten“ durch immer neue Gegenmaßnahmen Transparenz und Vernetzung befördert.
Quelle: SPIEGELONLINE