Onlinewerbung verdrängt zunehmend klassische Werbeformen wie Printwerbung. Gleichzeitig sinkt die Erfolgsquote der massenhaft eingesetzten Internet-Werbung weiter und weiter. Der Werbeexperte Christian Rätsch hat in einem e.tailment-Beitrag aufgeschlüsselt, was das Problem ist. Kurz zusammengefasst könnte man sagen: „Verbraucher haben das Vertrauen in Werbung verloren – heute wird Werbung vor Allem verachtet“. Personalisierte Werbung, die persönliche Beziehung vortäuscht; Werbung, die den Konsumenten anhand seines Verhaltens stalkt und verfolgt; Aufdringliche Werbung, die sich mit Taschenspielertricks Klicks erschwindelt… Es könnte sein, dass Online-Werbung zu einer Art Totengräber für Werbung allgemein geworden ist – oder zumindest Werbung nun ganz neu gedacht werden muss.
Was wünschen sich Menschen von Werbung?
Menschen haben Bedürfnisse. In unserer Wohlstandsgesellschaft gehen diese Bedürfnisse weit über existenzielle Notwendigkeiten hinaus. Der Mensch wünscht sich im Wesentliches Immaterielles: Anerkennung, Liebe, Familie, Reichtum, Abenteuer, Sinn, ein langes und gesundes Leben, eine erfüllende Aufgabe, Spaß, Unterhaltung, Macht, Siege.
Natürlich wissen das die Werber, und dank der digitalen Datenanalyse werden psychologische Profile von potentiellen Kunden erstellt, die auf deren Bedürfnisse abgestimmt sind. Nicht nur Produkte werden anhand von persönlichen Kriterien ausgewählt – immer häufiger wird auch die Tonalität der Werbesprache angepasst. Verbraucher spüren diese Manipulation unbewusst. Niemand hat es gern, ausgekundschaftet und schmeichlerisch umgarnt zu werden.
Hinzu kommt, dass die Interessen von Anbietern und Werbeagenturen unterschiedlich sind: Die Auftraggeber wünschen sich Kunden, die viel kaufen, häufig kaufen, weiterempfehlen. Werbeagenturen wünschen sich Werbung, die viele Views, Klicks, Shares, Leads, Sales erhält – denn daraus berechnet sich in der Regel das Honorar. Da geht man schon mal die Gefahr ein, dass Verbraucher sich belästigt fühlen oder ungewollt auf Werbung klicken. Studien besagen, dass in Deutschland ca 70 Prozent aller programmatisch ausgelieferten Onlineanzeigen ausschließlich an Bots ausgeliefert werden. Menschen bekommen die Display-Werbung also häufig nicht einmal zu sehen.
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Was tun?
Menschen wollen konsumieren, so viel steht fest. Es gibt also keinen Grund, sie künstlich zu verführen – die Bereitschaft ist da. Christian Rätsch empfiehlt, den Beziehungs- und Servicegedanken in den Fokus zu rücken. So wie Verbraucher eine emotional persönliche Beziehung zu ihren Einzelhändlern (z.B. im Buchhandel und der Augenoptik) verspüren, können auch Online-Händler über objektive Informationen, Service, Empathie, Erlebnisse und Unterhaltung punkten.
In der Masse der Werbebotschaften Aufmerksamkeit zu erhalten, ist natürlich eine Kunst, wenn Anbieter und Marken auf Big Data und gefakte, massenhafte Bewertungen verzichten. Doch es lohnt sich, in menschliche Intelligenz zu investieren und im Online-Marketing gute Mitarbeiter zu beschäftigen, die sich auf Community-Management und authentische Service-Kommunikation verstehen. So wie es im Einzelhandel gute Verkäufer brauchte, um Kunden einladend zu überzeugen, so brauchen wir im Web Community-Manager, die einladen und überzeugen. Automatisierte Prozesse sind verführerisch – aber eben nicht durch menschliche Qualitäten zu ersetzen.
Quelle e.tailment: Onlinewerbung verspielt das Vertrauen der Verbraucher
Danke für den Artikel. Es war interessant, Ihre Meinung zu Online-Werbung zu lesen.