Christian Spliess: Verlage und eBooks – Freunde waren die beiden lange Zeit nicht. Und die Frage, wieviele eBooks eigentlich heute schon verkauft werden wird auch von den Verlagen kaum beantwortet. Ebenso wenig weiß man effektiv, wie viele eBooks in Büchereien tatsächlich ausgeliehen werden. Es wäre schon interessant zu wissen.
Johnny Haeusler, Spreeblick-Gründer und Organisator der re:pulica in Berlin, hat sich diese Frage wohl auch gestellt und entschieden: Für seine Kurzgeschichtensammlung namens „I live by the river“ wagt er ein Experiment. Seine Begründung:
Denn wer sich in diesen Tagen mit klassischen Print-Verlagen unterhält, hört diese darüber klagen, dass sich eBooks nicht verkaufen würden. Nur im zweistelligen Bereich würde man Print-Bestseller in ihrer elektronischen Version an den Mann oder die Frau bringen, zu verdienen wäre sowieso nichts damit.
Dem gegenüber stehen die Aussagen in den PR-Mitteilungen diverser Vertriebsplattformen, die vom jetzt auch in Deutschland einsetzenden Erfolg des eBooks sprechen. Genaue Zahlen gibt es natürlich von keiner Seite.
Bei uns wird das anders sein. Ich werde regelmäßig die aktuellen Verkaufszahlen hier veröffentlichen und ich möchte mit eurer Hilfe ausprobieren, ob ich es in die Verkaufscharts schaffe – und wie viele verkaufte Bücher dafür nötig waren. Sollten die Print-Verlage Recht haben, müsste das mit 50 Exemplaren zu machen sein. Gibt es jedoch den von digitalen Händlern beteuerten eBook-Boom, werde ich selbst mit 100 verkauften Büchern keinerlei Chance haben.
So schön und hehr auch diese Aussagen sind: Wer einen solchen Bekanntheitsgrad wie Johnny Haeusler hat, der sollte keine Schwierigkeiten haben ein eBook zu verkaufen – ich glaube, selbst wenn da Rezepte für Hefekuchen drinstehen würden, man würde das Buch als Fan von Johnny Haeusler bestimmt und auf jeden Fall kaufen. Weil man Fan ist. Kein Wunder, dass die Zahlen beeindruckend sind: 1715 Stück via Amazon verkauft, derzeit Verkaufsrang 175, so Haeusler. Die Zahlen von Apple und Beam liegen noch nicht vor, da Apple momentan keine Zahlen herausgibt – und die diversen eBook-Stores auch noch ihre Zeit brauchen.
Was sagen die Zahlen aus?
So edel der Versuch auch sein mag relevante Zahlen über den Verkauf von eBooks zu bekommen und die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu verfolgen – und Johnny Haeussler ist zudem ein guter Autor, keine Frage – stellt sich doch die Frage, wie „unverfälscht“ diese Zahlen an sich sind. Dass ein Autor seine Fanbase aktiviert bekommt ist natürlich gut für ihn, ebenso darf man ausgehen dass Verlage, die bekannte Autoren verlegen ebenfalls darauf setzen dass die Fans die digitalen Exemplare kaufen werden. Die Künstlichkeit des Experimentes ist also schon per se in sich selbst angelegt. Schließlich investieren die Verlage jede Menge in Werbung um ihre Exemplare verkaufen zu können – und setzen dabei auch mehr und mehr auf Transmedia Storytelling. Dennoch sollte man im Auge beachten, dass Johnny Haeussler nicht „der normale Autor“ ist sondern ein Autor mit dem Status einer Berühmtheit. Diese Stufe hat Hauessler durch seine Tätigkeiten und seinen Vorlauf im Bereich von Social Media erlangt und es verschafft ihm einen Vorsprung – dementsprechend sind auch die Zahlen an sich zu werten. Sicherlich werden sie ein Hinweis darauf sein, wie eBooks eines Autors, der gut mit Social Media umgehen kann und eine gewisse Berühmtheit hat, sich verkaufen. Allein: Eine Schwalbe macht bekanntlich noch keinen Sommer.
Insofern ist das Experiment, das Haeussler hier macht, zwar interessant und vielleicht lässt sich daran sehen wie man eBooks generell gut verkauft. Aber dies sind nur Zahlen für das Buch eines Autors, der sehr gut vernetzt ist und eine gute Promotion-Maschine im Rücken hat. Und sehr, sehr engagierte Fans.