Christian Spließ, Social Media Storyteller: Als Facebook noch nicht in Deutschland anwesend war, gab es einmal ein Verzeichnis, das dem alten Aussehen von Facebook verblüffend ähnlich sah und das zuerst nur für Studenten zugänglich war – StudiVZ. Bald folgten SchülerVZ und MeinVZ, diverse Datenpannen inklusive und der Verkauf an Holtzbrinck. Allerdings war ein Happy-End bisher für das Verzeichnis-Netzwerk nicht in Sicht. Das soll sich jetzt ändern. Aber gelingt StudiVZ der Turnaround?
Wer mit martialischen Floskeln aufwartet gerät immer in den Verdacht besonders nah am Abgrund zu stehen. Und nachdem schon im Internet die Frage gestellt wurde, wann StudiVZ denn endgültig down sei ist das, was aus dem Hause Holtzbrinck verkündet wird alles andere als spektakulär. Alles anders, alles neu, alles besser – so soll es in diesem Jahr 2012 noch werden. Ein „Befreiungsschlag“ soll es werden, besonders das SchülerVZ soll unter neuem Namen mit „edukativen Angeboten“ User zum Bleiben veranlassen. Denn mehr als das kann die VZ-Gruppe momentan wohl nicht hoffen.
Neue Nutzer wird die VZ-Netzwerkgruppe nicht gewinnen – Schüler sind heute auf Facebook unterwegs, allenfalls vielleicht noch in Nischennetzwerken wie dem Social-Network Little Monsters von Lady Gaga. Für Innovation steht die VZ-Gruppe nun auch nicht unbedingt – sonst hätten sie diese in den letzten Monaten und Jahren gezeigt als der Aufstieg von Facebook absehbar war. Man mag über die Art und Weise wie Facebook mit den Nutzern umgeht den Kopf schütteln aber die Innovationen kamen von dort. Und selbst Impulse zur Weiterentwicklung nahmen die VZs nicht auf. Was nun „edukativer Anspruch“ heißen soll – Systeme wie Moodle oder Angebote wie Edudip sind da schon längst viel weiter was das betrifft. Nein, die VZ-Netzwerken können allenfalls hoffen in der nächsten Zeit die wenigen Nutzer, die noch aktiv sind, zu halten. Einfach nur einen neuen schicken Namen für das SchülerVZ und eine eventuelle Schließung der anderen Marken – damit ist es wohl nicht getan. Vielleicht liegt das aber auch nahe: Große Verlage sind ja nicht unbedingt für ihre Innovativität bekannt und vor allem Holtzbrinck nicht. Wie dem auch sei. Entweder man bekommt die lahme Ente nochmal mit besserem Futter gedopt oder man muss sie abschießen. Vermutlich wird aber letzteres passieren.
Allerdings: Sollte uns das Schicksal von StudiVZ nicht zu denken geben? Oder das von MySpace? Oder, oder, oder? Schließlich ist es nicht das erste Mal dass die User von einem Netzwerk mehr oder weniger geschlossen zu einem anderen strömen. Auch GeoCities war irgendwann mal sehr, sehr cool – bis dann bessere Möglichkeiten für die Erstellung von Homepages geboten wurden. Wer also momentan nur auf Facebook setzt, sollte sich das Schicksal von StudiVZ anschauen und schon mal eine Alternative in der Hinterhand haben. Wer weiß, wie lange es Facebook noch gibt in diesem schnelllebigem Internet…