Der DACH-Facebook-Experte Thomas Hutter hat Anfang Januar 2018 so richtig abgerechnet mit vielen „Möchtegern-Online-Marketing-Managern“, Social-Media-Managern und Unternehmen, die Facebook Marketing betreiben. Mir sprach der lange, lehrreiche Beitrag total aus der Seele. Auch ich erlebe immer noch in den Lehrgängen zum Social-Media/ Online-Marketing-Manager Teilnehmer, die kein privates Facebook-Profil wünschen. Oder die unter einem Fake-Namen bei Facebook unterwegs sind. Oder Unternehmen, die zulassen, dass ihre Fanpages von einem Fake-Account administriert werden. Also die eindeutig gegen die Facebook-AGB verstoßen – was zur Sperrung führen kann.
Thomas Hutter kennt sie alle: Die, die nicht wollen, dass Facebook sie kennt (keine Ahnung, wie das bewerkstelligt werden soll – es sei denn, man wohnt internetfrei als Eremit im Wald) und die, die ihre privaten von ihren beruflichen Aktivitäten trennen wollen, indem sie zwei private Profile bedienen (was nicht gerade davon zeugt, dass der angebliche Profi auch nur die einfachsten Facebook-Regeln begriffen hat). Und er kennt die Unternehmen, die kein Budget für Facebook-Anzeigen investieren wollen und sich auf die so genannte „organische Reichweite“ ihrer Fanpage verlassen.
Ich möchte jetzt nicht weiter eingehen auf das, was der große Thomas Hutter viel besser ausführt und empfehle dringend, sich Zeit für seinen Beitrag vom 5. Januar 2018 zu nehmen:
Thomas Hutter: Rundumschlag in Bezug auf alle Dilettanten-Verstöße und Fehleinschätzungen im Facebook-Marketing
Stell Dir vor, Du hast eine Fanpage – und niemand geht hin
Ich möchte mich in diesem Artikel konzentrieren auf das Szenario, dass die organische Sichtbarkeit von Fanpages von Facebook immer weiter sinkt. Auch darauf geht Thomas Hutter ein in seinem Artikel – und die Schlinge zieht sich tatsächlich deutlich zu. Reaction-Baiting („Markiere jemandem im Kommentar“…, „Teile diesen Beitrag und like unsere Seite“…) wird zukünftig von Facebook abgetraft, was die Handlungsfähigkeit im Kampf um Aufmerksamkeit weiter einschränkt.
Doch es gibt noch erfolgreiche Fanpages!
Die einzigen Fanpages, die weiterhin organisch erfolgreich sind, sind die, die über eine hervorragende Community verfügen. Da, wo aus Leidenschaft und Identifikation heraus geliked, kommentiert und geteilt wird. Da, wo man sich miteinander auch abseits der Fanpage unterhält, da wo Fans mehr sind als Adressaten. Da, wo man sich persönlich kennt und wo Sender und Empfänger an gemeinsamen Werten und Zielen arbeiten. Da, wo Fans „Als Erstes anzeigen“ angeklickt haben, weil sie wirklich unbedingt aktiv dabei sein wollen. Ganz sicher wird diese Möglichkeit bleiben, davon gehe ich aus. Diese wenigen erfolgreichen Fanpages zeigen uns was wir tun müssen, um gutes Online-Marketing zu betreiben.
Welche Motive und Antriebe wecken Leidenschaft und Aktivität?
Jeder Mensch hat Sehnsüchte. (Fast) jeder Mensch empfindet auf die ein oder andere Art einen Mangel.
Anerkennung und Liebe: Häufig ist es die Anerkennung, die fehlt. Viele Menschen fühlen sich ungeliebt, unbeachtet, hässlich, unattraktiv, wertlos. Manchmal liegt auch der Mangel im Bereich der fehlenden Herausforderung. Ehrgeiz und Leistungswillen finden kein Betätigungsfeld. Langeweile und Unterforderung führen zu Stress und Krankheit.
Neugierde und Leidenschaft: Neugierde und Leidenschaft für ein bestimmtes Thema ist ebenfalls ein Antrieb, der nach Stoff giert und der dankbar ist für jeden Informationszuwachs, jede anspruchsvolle Debatte und jede Inspiration. Sich mit anderen Experten und Laien austauschen über Sport, Lifestyle, Reisen, Politik, Theater etc. – was für Möglichkeiten bieten da Facebook und Social Media!
Sinn- und Freiheits-Suche: Wieder Andere fragen sich nach dem Sinn ihres Lebens. Sie haben den Glauben an ein ideelles Ziel verloren und sind im Materialismus gefangen. Sehr viele Menschen (es werden immer mehr) sehnen sich nach Zusammenhalt, nach einer Community, einer Gemeinschaft aus Gleichgesinnten, nach Geborgenheit und gemeinsamen Aktivitäten. Nicht zu vergessen sind die vielen Menschen, die sich gefangen fühlen im „Hamsterrad“, die sich nach Ausbruch sehnen, nach Freiheit, Authentizität und Selbstbestimmung.
Sicherheit und Gerechtigkeit: Ein ganz wichtige Thema ist auch das Bedürfnis, Gerechtigkeit und Schutz zu erfahren. Viele Menschen fühlen sich ungerecht behandelt, haben Angst vor der Zukunft und empfinden sich hilflos und ausgeliefert in der Welt, die sie umgibt. Bedrohungen liegen im Gesundheitlichen, im Beruf, in der Familie und im menschlichen Miteinander. Häufig ist es auch eine verzweifelte finanzielle Situation, die nach Sicherheit und Gerechtigkeit schreit. Doch auch die, denen es eigentlich „gut“ geht, können sensibel verletzt in sein in ihrem Gerechtigkeitsempfinden und in ihrem Wertesystem.
Was können Anbieter im Online-Marketing aus den Sehnsüchten lernen?
Produkte, Inhalte, Inspirationen und Antworten, die den Mangel der Menschen in Erfüllung wandeln, sind der Schlüssel zum Erfolg im Marketing. Das wissen wir alle. Wir alle bauen „Personas“ im Marketing, um den Sehnsüchten unserer potentiellen Kunden näher zu kommen. Wir alle versuchen, eine Sprache zu finden, die die Herzen unserer Zielgruppe berührt – und die sie magisch anzieht.
Die Lust-Suchenden
Viele Produkte agieren auf einer sehr direkten Ebene, wie Genussmittel und Modeartikel. Ich nehme „mal eben“ ein Fastfood-Gericht mit oder einen Pulli oder ich lade „mal eben“ einen Song auf mein Smartphone oder gönne mir einen Ingame-Kauf. Anbieter solcher Kick-Produkte arbeiten im Marketing mit dem schnellen Reiz. Sie locken mit visuellen Reizen und mit der federleichten Verfügbarkeit. Sie appellieren an das innere Kind in uns, das nach schneller Lustbefriedigung ruft. „Mama, darf ich haben?“ Oh wie schön, dass wir als Erwachsene unsere eigene Mama sind, die uns jeden Wunsch von den Augen abliest ;). Das macht das innere Kind glücklich – zumindest für einige Minuten…
Low Involvement und High Involvement
Low-Involvement: Je geringer unsere innere Beteiligung bei Produkten ist (zum Beispiel bei Zucker, Benzin, Waschmittel…) desto schwieriger ist es, Aufmerksamkeit und Haben-Wunsch für eine bestimmte Marke auszulösen. Doch bieten nicht gerade hier Facebook, Instagram und YouTube hervorragende Möglichkeiten? Man stolpert sozusagen als Lust-Suchender über eine Anzeige bei Facebook – oder über ein Influencer-Bild bei Instagram. Man denkt an nichts Böses – und da plötzlich wirbt mein geliebter YouTube-Star für einen Marken-Zucker! Oder riecht ganz verliebt an seinem Pullover, der mit einem Marken-Waschmittel gewaschen wurde! Oder eine Marke präsentiert sich selbst als Persönlichkeit, in die man sich einfach verlieben MUSS!
High-Involvement: Ganz anders ist es bei Produkten, mit denen wir uns intensiv beschäftigen und wo wir sehr genau abwägen, welche Wahl wir treffen. Ein Haus, ein Auto, eine Schönheitsoperation, eine Altersabsicherung… Aber auch ein passendes Ballkleid oder ein Anzug für die Hochzeit hat enorme Auswirkung auf das komplette weitere Leben. Was bietet hier Social Media für Möglichkeiten für die Kaufentscheidung! Ich stolpere zufällig bei Facebook über eine Anzeige, die meine Aufmerksamkeit weckt – und erhalte im Nachhinein die Möglichkeit, mich immer besser über das Produkt zu informieren! Ich kann Fragen stellen und von den Erfahrungen anderer Kunden profitieren. Meine Sehnsucht nach Information, Austausch und Wissenszuwachs wird viel besser befriedigt als über Broschüren oder Websites.
Facebook-und Instagram-Marketing kostet Geld
Kurz und gut: Wer die unglaublichen Chancen von Online-Marketing nicht begreift, ist selbst schuld. Wer den Anspruch hat, Facebook solle gefälligst seine Plattform kostenfrei für Werbung zur Verfügung stellen, ist ein Narr. Wer langweilige Anzeigen bei Facebook postet und keine komplette Strategie darum baut, stopft Geld in den Gulli. Natürlich gibt es Alternativen zu kommerzieller Werbung – doch hier sind wir wieder bei dem Schlüssel „Begeisterte Community, die sich identifiziert mit Anbieter und Ziel“. Und wer hat schon so eine Community?
Werbung bei Facebook und Instagram funktioniert anders als TV-Werbung oder Print-Werbung. Unsere Zielgruppen wollen entweder den schnellen Kick (wie bei lustigen Katzen-Videos) und/oder sie wollen Begegnung auf Augenhöhe. Sie wissen, dass man auf Social Media Plattformen miteinander sprechen kann. Sie wollen als Mensch wahrgenommen werden – so wie sie in einem Geschäft wahrgenommen werden, wenn sie es betreten! Sie wollen vielleicht ein „virtuelles Gläschen Sekt“ als Begrüßung und sie wollen Liebe, Aufmerksamkeit, Sinn und Identifikation. Lidl macht es hervorragend vor. Edeka auch. So geht Social Media! Aber es kostet Geld.
Fazit: Versetzt Euch hinein in die Mängel und Sehnsüchte Eurer Zielgruppen. Versteht und achtet, wenn Eure Kunden auf rasche „Drogen“ oder auch ultimative „Heilsversprechen“ aus sind, weil sie sich nicht gebraucht, geliebt, gefordert, verstanden, sicher, frei fühlen – oder weil sie ganz einfach Angst vor Etwas haben. Kaufen tut nur der, der einen Mangel verspürt. Der Kunde muss daran glauben, dass er seinen Mangel über kaufbare Produkte beseitigen – oder zumindest abmildern kann. Wie man das Geschäft mit den Konsum-Süchtigen moralisch bewertet, ist eine andere Frage. Das muss wohl Jeder für sich selbst entscheiden: Sowohl, wenn er in seiner Funktion für den Anbieter steht – als auch in seiner Rolle als Konsument…