„Nudging“: Wie die Politik versucht, seine Bürger sanft zu erziehen

„Propaganda ist der Versuch der gezielten Beeinflussung des Denkens, Handelns und Fühlens von Menschen.“ – so sagt es die Bundeszentrale für politische Bildung. Der Einsatz von Propaganda ist spätestens seit dem Nationalsozialismus bei uns politisch verfemt. Propaganda nutzen undemokratische Systeme, die vor keiner Manipulationstechnik zurückschrecken, um die eigene Bevölkerung zu lenken – und gegnerische Systeme zu schwächen.

Bild von Pexels auf Pixabay 

Lügen, Fake-News, der Einsatz von „Sockenpuppen-Armeen“ in sozialen Netzwerken, jegliche Technik wird dafür genutzt, die Masse Mensch zu erziehen. In demokratischen Systemen hingegen hat sich seit 2008 der Begriff „Nudging“ verbreitet. Doch was steckt eigentlich dahinter? Gibt es Nudging auch in Deutschland?

Unterschied von Propaganda und Nudging

Der Begriff „Nudging“ stammt aus der Verhaltensökonomie. Nudging respektiert die persönliche Entscheidungsfreiheit, geht jedoch davon aus, dass wir Menschen nicht unbedingt vernünftig handeln. Anstatt autoritär und über Bestrafung unvernünftige Verhaltensweisen (ungesund essen, rauchen etc.) zu regulieren, wendet Nudging Anstupser an, um die die Bevölkerung sanft in die richtige Richtung zu lenken.

2008 wurde der Begriff durch ein Buch des Juristen Cass R. Sunstein und des Verhaltensökonomen Richard H. Thaler populär. Seitdem wird Nudging politisch in demokratischen Gesellschaften immer häufiger und gezielter angewandt. Barack Obama war wohl der erste einflussreiche Politiker, der Nudge professionalisierte.

Nudging hat es also im Unterschied zur guten, alten Propaganda mit Menschen zu tun, die demokratische Rechte haben und die nicht so leicht eingeschüchtert werden können. So wie Lehrer/Innen in der Schule heute auch pädagogisch arbeiten müssen, ohne angsterzeugende Strafen einsetzen zu können. Wie macht man das? Was verändert sich, wenn die Eltern nicht mehr auf den Tisch hauen können mit einem deutlichen „Jetzt ist aber Schluss, sonst….“

Nudging ist also die moderne Beeinflussung der „Öffentlichen Meinung“. Könnte man es einfach lassen, die Öffentliche Meinung zu beeinflussen? Das wäre eine sehr schlechte Idee, denn sobald eine Gesellschaft in unzählige Meinungen auseinanderdriftet und der Zusammenhalt fehlt, entsteht ein unsteuerbares Chaos. Könnte etwas Anderes als die Politik diese Aufgabe übernehmen? Da Politik alles umfasst, was die Regelung des Allgemeinwesens umfasst, gibt es keine Alternative. Also heißt die Frage nicht: „Soll Politik führen“ – sondern „WIE soll Politik führen?“.

Wie erzieht man Kinder und Erwachsene aus allen Schichten und Wertanschauungen einer Gesellschaft?

Es ist wahrlich sehr schwer, Politiker/In zu sein. Das Volk schimpft auf die Politik wie Schüler/Innen auf ihre Lehrer/Innen. Und das ist auch gut so. Das ist ja das Schöne an der Demokratie! Niemand kann auf den Tisch hauen und brüllen „Jetzt ist aber Schluss hier!“.

Für mich ist weiterhin Angela Merkel mein Idol für eine vorbildliche „Volks-Erzieherin“. Nicht aus der Fassung zu bringen, pragmatisch, ruhig, menschenorientiert, nicht zu beleidigen, und von den Werten her für mich absolut mit meinem Wertesystem kompatibel. Und mutig, geduldig, uneitel, konsequent. Sowohl beim Syrienkrieg als auch bei den Lockdowns war sie in der Lage, eine beeindruckende Mehrheit in Deutschland zu überzeugen – das muss man erst mal schaffen!

Nudging: Überzeugen oder werben?

Zurzeit sieht man, dass die aus drei Parteien bestehende Regierung sich bemüht, kommerzielle Werbung einzusetzen, um die Öffentliche Meinung zu beeinflussen – wie bei der Impfkampagne im Herbst 2022. Verständlich, wenn so viele unterschiedliche Parteien zusammenarbeiten müssen – doch Werbung macht uns Konsumenten rasch misstrauisch. Dann gibt es noch die vielen Medienauftritte – in Interviews und Talkshows. Doch auch das ist schwierig bei drei Parteien und einem unaufhörlichen Wettbewerb zwischen den einzelnen Akteuren…

Was ich befürchte ist, dass das murrende Volk („Wenn man Dir gibt, nimm – wenn man Dir nimm, schrei“) mehr und mehr nach einem starken Führer ruft. So wie man in einer Schulklasse schwärmt für die autoritären Lehrer, die durchgreifen und kein Problem haben mit den ungezogenen Störern 😉

Aber wenn es sein soll, dass Nudging verpufft und nur die Unzufriedenheit noch anheizt, dann ist das eben so. Man kann es nicht verhindern. Wenn wir nach und nach in eine Progrom-Stimmung und/ oder eine bürgerkriegsähnliche Lage rutschen, dann ist das halt so.

Ich drücke uns Demokratien die Daumen, dass wir es irgendwie schaffen, zusammenzurücken in unserer „Öffentlichen Meinung“ und dass wir auch in einer digital aufgeheizten, antiautoritären Zeit andere Wege finden als Hass und Krieg. Ich glaube daran.

Und hier noch ein wunderbarer langer Beitrag aus der NZZ zu den Kosten und Absichten von Nudging in Deutschland
20.11.22 – Der Bürger, das Kleinkind: wie die deutsche Regierung das Volk mit teuren Kampagnen zu erziehen versucht

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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