Die Deutschen ab 35 misstrauen weiter Social Media Informationen: Lieber TV, Zeitungen und Radio

Während überall auf der Welt Informationen viel über Social Media publiziert, konsumiert, kommentiert und weiterverbreitet werden, bleiben die Deutschen misstrauisch. Wie horizont.net im September 2017 berichtet, liegen soziale Netzwerke wie Facebook in Deutschland auf Rang 6, wenn es um Fakten, Tipps und Unterhaltung geht. Deutsche vertrauen den klassischen Medien, weiterhin ist der Fernseher die Nummer 1 – und auch Print-Zeitungen stehen hoch im Kurs. Nur junge Menschen bis 35 schätzen die digitale interaktive Kommunikation und den Wert von Communities, das alles finde ich sehr schade – sogar ärgerlich.

Ich weiß, wir Deutschen sind das Volk der Beamten. Legendär ist der Roman „Der Untertan“ von Heinrich Mann, in dem Diederich Heßling als typisch deutscher Staatsbürger, konformistisch und obrigkeitshörig, in aller Bitterkeit skizziert wird. Alles was nicht in das Ordnungsgefüge der deutschen Mentalität passt, wird abgelehnt und so lange wie möglich abgeurteilt. Social Media wird bei „erwachsenen“ Deutschen immer noch als das Medium der Ungebildeten, der schlecht Erzogenen und der sozial Unterbemittelten bezeichnet. Es wird völlig ignoriert, dass sich über soziale Netzwerke Bewegungen organisieren, Intellektuelle neue Erkenntnisse in die Welt bringen, politische Diskurse die Intelligenz und kreative Tatkraft mobilisieren, dass zu den wichtigsten Herausforderungen unseres Planeten international vernetzt Change passiert.

Dass wir weiterhin weltweit die größten Verweigerer der digitalen Kommunikation sind, macht mich nur noch ärgerlich. Ich würde ja noch verstehen, wenn Deutsche ab 60 lieber den gewohnten TV-Nachrichten vertrauen als dass sie sich selbst in digitaler Kompetenz zu weiterbilden – doch schon mit 35????? Ist es denn wirklich so schwierig, sich ein Netz aus anspruchsvollen Quellen zusammenzustellen, aus dem man auch zu Nischenthemen Wissenswertes über unsere Welt erfährt?

Ist es denn wirklich zu viel verlangt, sich an Diskussionen zu beteiligen und sich aktiv und persönlich einzubringen in die Rettung und Gestaltung unseres Planeten und unserer Zukunft? Ist es denn wirklich so bequem, sich obrigkeitshörig den TV-Nachrichten hinzugeben und sich einzubilden, mit dieser täglichen Routine wäre man ausreichend qualifiziert fürs „Bildungsbürgertum? Und reicht es wirklich aus, Kriminalromane zu lesen, um sich einzubilden, man wäre intellektuell anspruchsvoll, nur weil diese Krimis auf Papier gedruckt sind?

Ich hoffe inständig, dass die jungen Menschen unter 35 – auch wenn es davon reichlich wenige in Deutschland gibt – an Einfluss gewinnen und trotz der schlimmen Überalterung unserer Gesellschaft dafür sorgen, dass der gesellschaftliche Diskurs auch in Deutschland an Einfluss gewinnt. Und ich hoffe inständig, dass auch die Frauen beginnen, sich für Politik und Gesellschaft zu interessieren, anstatt sich nur zuständig zu fühlen für Design, Promi-Klatsch und Kochen.

Es gibt viel zu tun. Wir leben in einer digitalen Revolution, die jeden Menschen und überhaupt jedes fühlende Wesen betrifft. Wenn wir nicht aktiv mitgestalten, werden wir von Anderen gestaltet, das ist wohl klar. Ich bin wirklich traurig und schäme mich dafür, dass meine Generation, die sich in ihrer Jugend so engagiert eingemischt hat, damit wir Deutschland freundlich und sozial ganz neu erfinden, nun meckert über etwas, was sie nicht einmal nutzt. Ist das intelligent? Etwas aburteilen, was man selbst nicht aktiv nutzt und durchdringt, ist ein Zeichen für Bildung? Abends Heute-Journal und Tagesthemen gucken, ist politisch ausreichend?

Facebook, Twitter und andere soziale Netzwerke sind eine großartige Weiterentwicklung der menschlichen Handlungsfähigkeit, da man sich in Echtzeit weltweit mit den Menschen vernetzen kann, die ethisch ähnlich fühlen, denken, reden und handeln. Wir können so viele Videos und Texte konsumieren von großen Denkern und Aktivisten, können virtuell Hochschulvorlesungen besuchen und Ratssitzungen live verfolgen. Wir können uns in unseren regionalen Umgebungen mit unseren Mitmenschen verbinden und ohne viel Mühe daran mitarbeiten, dass unsere Gemeinden lebenswert bleiben und werden für Kinder, Erwachsene, Alte.

Meine Geduld ist langsam erschöpft. Ich fordere alle Menschen ab 35 auf, sich endlich Accounts anzulegen – zumindest bei Facebook – sich die richtigen Kontakte zu suchen und mitzumachen. Ignoranz ist kein Mittel mehr, die Zeit verlangt Mitgestaltung. Es kann nicht sein, dass Digitalverweigerer weiterhin unsere Kinder an Schulen unterrichten dürfen – und damit Zukunft boykottieren! Es kann nicht sein, dass Intellektuelle, kulturell und wissenschaftlich Gebildete weiterhin allein in ihrem Wissen versauern, ohne es zu teilen und gemeinsam weiterzuentwickeln. Ich helfe Euch ja auch gerne! Auch kostenlos! Aber der Wille muss da sein. Kommt auf mich zu – dieses Land braucht auch die Leute 35 plus 😉

Horizont.net: Social Media rangiert bei den Deutschen abgeschlagen auf Rang 6

 

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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One thought on “Die Deutschen ab 35 misstrauen weiter Social Media Informationen: Lieber TV, Zeitungen und Radio

  • Reply Birgit Schultz 26. September 2017 at 18:26

    Hallo Eva,

    ich kann die Aussagen von horizont.net einfach nicht nachvollziehen. Wie Du weißt, bin ich 51 Jahre alt und seit mittlerweile 21 Jahren Internet-Nutzer und Internet-Mitgestalter – ein wenig fühle ich mich schon wie ein „Urgestein“. Ich habe aber festgestellt, dass unsere Generation (so weit sind wir ja nicht auseinander, sprich: die Baby-Boomer) mehr in den sozialen Netzwerken (insbesondere Facebook aber auch auf klassischen Foren) vertreten ist, als immer wieder propagiert wird.

    Klar, mit den flüchtigen Social Media wie Snapchat sind wir vielleicht nicht so aktiv, aber sonst? Auch das Label „Unterschichten-Medium“ entzieht sich völlig meiner Erfahrungswelt. Mein „offline“ Freundeskreis ist zu gut 95 Prozent in den sozialen Medien aktiv, hat größtenteils studiert oder eine ordentliche Ausbildung und ist in „Lohn und Brot“.

    Ich habe mir als Zielgruppe für Marketing-Zauber ja Solopreneurinnen zwischen 35 und ca. 60 Jahren ausgeguckt – und die erreiche ich zu über 90 Prozent über Facebook! Ich kann Dir gern mal eine Grafik aus meiner Facebook-Statistik zur Verfügung stellen, die das sehr schön veranschaulicht.

    Ich frage einfach mal so ganz provokativ: Ist das jetzt meine Filterblase oder stecken die Journalisten des Magazins in ihrer … ?

    Zauberhafte Grüße
    Birgit

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