Was sind eigentlich „Clickworker“? Woher kommen sie, seit wann existieren sie, wer nutzt sie und was sind ihre Bedürfnisse und Eigenschaften? Spiegel-Online untersucht den Begriff, der um die Jahrtausenwende entstand. Ohne Clickworker gäbe es keine Sozialen Netzwerke, kein Wikipedia, keine Bewertungsplattformen. Und seit Neustem werden wir alle schon allein durch unser Click-und Kaufverhalten auch unfreiwillig zu Clickworkern: Von Google bis zu iTunes: die Masse guckt, klickt, kauft – die Software protokolliert und nutzt die „Schwarmintelligenz“ für sich weiter…
Im November 2009 hatte die Nasa eine Idee: statt die Kapazität der teuren Nasa-Wissenschaftler über lange Zeit mit Routinetätigkeiten zu binden, probierte die Weltraum-Behörde, Freiwillige über das Internet dafür zu gewinnen – die erste „Clickworker-Plattform“ war geschaffen. Aufgabe der Helfer war es, Aufnahmen der Marsoberfläche zu bearbeiten. Sie sollten Meteoritenkrater finden und klassifizieren. Schon im ersten Monat hatten die Klick-Arbeiter 271.211 Krater entdeckt und 76.003 klassifiziert – alles freiwillig und unentgeltlich.
Seitdem haben viele Organisationen und Unternehmen das Prinzip weiterentwickelt. Grundlage jeder Clickworker-Plattform ist es, eine unbestimmte Zahl von Menschen dafür zu nutzen, um Daten, Inhalte, Fotos oder Videos zu sammeln. Aufgabe der Plattform ist es, diese Daten zu zentralisieren, zu ordnen und so auszuwerten, dass ein Mehrwert entsteht.
Die bisher ehrgeizigste und spektakulärste Clickworker-Plattform ist wohl Wikipedia. Seit 2001 wächst eine Online-Enzyklopädie, die ausschließlich von unbezahlten, freiwilligen Autoren gefüttert wird. Artikel können eingestellt und laufend von weiteren Autoren korrigiert, kommentiert, ergänzt werden. Jeder kann sich als Autor unproblematisch bei Wikipedia eintragen. Die Aufgabe der Betreiber ist es, die Qualität der Beiträge zu erfassen, zu ordnen und unzulässige Inhalte oder Kommentare zu löschen.
Gestartet war Wikipedia als Nebenprodukt eines anderen Web-Nachschlagewerks: Nupedia. Doch Wikipedia wurde im Gegensatz zu Nupedia ein voller Erfolg, da das Portal perfekt auf die Bedürfnisse der Clickworker und Leser zugeschnitten war: das Mitmach-Lexikon ist einfach zu bedienen, das Projekt ist gemeinnützig, Sinn und Ziel dem Gemeinwohl verpflichtet. Auf diese Weise konnten viele Experten gewonnen werden, unentgeltlich ihr Wissen einer großen Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Wikipedia ist anderen Enzyklopädien einfach schon deshalb überlegen, weil die Einträge laufend optimiert werden. Falsche oder ungenaue Angaben werden von Lesern schnell korrigiert, so dass in einem Vergleichstest zu anderen Lexika das Portal erstaunlich gut abschneidet – wenn es auch immer wieder in Verdacht steht, wissenschaftlichen Kriterien nicht Stand zu halten.
Zwischenzeitlich hat Wikipedia das Problem, dass es kaum noch neue Beiträge geben kann. Fast zu jedem Begriff ist schon geschrieben worden -und es häufen sich irrelevante Artikel, die zu Auseinandersetzungen in der Redaktion führen: zulassen oder löschen…
Zu jedem Thema existiert bei Wikipedia grundsätzlich nur ein einziger Artikel. Auch wenn viele Autoren daran mitschreiben und den Inhalt weiter verbessern können, führt diese Dichte zu Motivationsproblemen. Denn die eigene Handschrift ist nun mal nur bei selbst eingestellten neuen Beiträgen erkennbar.
Es gibt auch kommerzielle Anbieter, die Clickworker erfolgreich nutzen, Amazon ist hier wohl Spitzenreiter. Käufer von Produkten bewerten diese auf Amazon, und auf www.mturk.com setzt Amazon viele Mikrojobber ein, die für einige Pennies Arbeiten erledigen, die ein Computer nicht ausführen kann: die Zuordnung von Suche und passendem Angebot…
Erfolgsbausteine der Clickworker-Plattformen sind grundsätzlich:
- die Clickworker müssen einen klaren Vorteil für sich entdecken
- die Clickworker wollen sich respektiert und als Partner fühlen
- der Wunsch, dem Gemeinwohl zu dienen, muss befriedigt werden
- die eigenen Beiträge müssen schnell publiziert werden können