Warum ich Videokonferenzen als Unterrichtsmedium so schätze

Seit vielen Jahren unterrichte ich Marketing, Social Media und Kommunikationsstrategien über „Digitale Klassenräume“. Heißt, dass ich mich mit meinen Teilnehmern zum Unterrichtsbeginn im virtuellen Klassenraum treffe und wir dort gemeinsam den Unterrichtsstoff bearbeiten. Ich kenne zwischenzeitlich viele Videokonferenz-Tools. Sie alle sind auf den gleichen Prinzipien aufgebaut, unterscheiden sich allerdings in der Usability (Nutzerfreundlichkeit) und in den Funktionen. Gearbeitet habe ich mit Skype, Skype for Business, Adobe Connect, Zoom, GoToMeeting, Google Hangouts und speziellen Programmen, die individuell für den jeweiligen Bildungsanbieter entwickelt wurden.

Ich habe es schätzen gelernt, im virtuellen Klassenraum zu unterrichten – allerdings nur dann, wenn die

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Students/ Teilnehmer sich interaktiv einbringen können mit Mikrofon, Kamera und Zugriff auf die Präsentationsoberfläche.

Da wir Trainer didaktisch darauf ausgerichtet sind, auf Augenhöhe mit unseren Teilnehmern zu arbeiten, ist eine Webinarsoftware, bei der die Teilnehmer ausschließlich per Chat in Kontakt treten können, für den Fachunterricht ungeeignet. Die lebendigen Interaktionen im Plenum und die Möglichkeit für Gruppenarbeiten in gesonderten Arbeitsräumen sind unerlässlich.

Vorteile des virtuellen Unterrichts

Für mich liegen die Vorteile (selbstverständlich bin ich auch weiterhin im Präsenzunterricht tätig) des virtuellen Klassenraums in erster Linie darin, dass die räumliche Distanz zwischen den Teilnehmern die Intimität der Kontakte befördert. Es scheint mir fast so, dass Misstrauen und Abgrenzung von anderen aus der Community überflüssig werden, wenn eine gewisse Anonymität gewährleistet ist.

Meistens nutzen nur wir Trainer (Lehrer) die Kamera, so dass die Teilnehmer einen nicht unerheblichen Schutz ihrer Persönlichkeit erfahren. Sie sprechen zwar über das Mikrofon, doch die visuelle Unsichtbarkeit ihrer Person führt oft dazu, dass die Wortbeiträge freier und unvoreingenommener erfolgen. Schließlich ist man unsichtbar!

Kollaborativ zusammen arbeiten

Die Bildung von Gruppen ist schnell und unkompliziert – kein Vergleich zum Präsenzunterricht, bei dem manchmal schon die Raumsuche für die einzelnen Gruppen wertvolle Minuten kostet. In Videokonferenzen versammeln sich die Teilnehmer selbstständig in ihren Gruppenräumen mit wenigen Klicks. Dort können gemeinsam Dokumente erstellt werden und in gemeinsamen Dateiarchiven abgelegt und verwaltet werden.

Da die Videokonferenzen selbst selten Dokumentenspeicher als Service anbieten, nutzen die Students gern Google Drive für die gemeinsame Arbeit, da sie dort Dateien gemeinsam in Echtzeit bearbeiten können und im gemeinsamen Archiv auf alle Materialien Zugriff haben – unabhängig von Ort und Rechner.

In virtuellen Klassenräumen haben alle Teilnehmer zwei Monitore zur Verfügung, so dass sie auf dem einen Monitor den Unterricht verfolgen können, während sie auf dem anderen Monitor weitere Tätigkeiten durchführen können. Recherchieren, Notizen erstellen, weitere Materialen hinzuziehen… So macht Lernen Spaß und das „Lauschen der Lehrperson“ ist besser erträglich.

Weniger Frontalunterricht

Das virtuelle Klassenzimmer hat unter Anderem den Effekt, dass die Lehrperson nicht so leicht über längere Zeit referiert. Wenn sie bei einem längeren Vortrag kein Feedback von den Students erhält, verunsichert das. So werden agile kollaborative Zusammenarbeitsformen zur Selbstverständlichkeit. Man begegnet sich auf Augenhöhe und kann mit vielen verschiedenen methodischen Variationen den Unterricht lebendig und spannend erhalten.

Manche Menschen glauben, virtueller Unterricht kann nur wenige Stunden erfolgen, da die Ermüdungserscheinungen sehr hoch sind. Das ist nicht wahr. Ich unterrichte selbst in Vollzeit (8 bis 10 Stunden täglich) und das seit vielen Jahren. Zwar sind einige Teilnehmer anfangs tatsächlich rasch ermüdet, wenn sie sich so lange sitzend konzentrieren müssen, doch mit der Zeit sind eigentlich alle begeistert von der Unterrichtsform, da sie viel flexibler und kreativer mit dem Stoff verfahren können.

Im Präsenzunterricht ist es wunderschön, sich in die Augen blicken zu können und körperliche Nähe zu den Teilnehmern zu erfahren. Doch im virtuellen Klassenzimmer ist es wunderschön, zu einem echten Team zusammenzuwachsen, in dem die Teilnehmer sich zunehmend selbst organisieren und immer virtuoser mit den Möglichkeiten des Internets verfahren.

Digitale Kompetenz

Projektmanagement-Tools wie Trello, Rechercheinstrumente wie Feedly, Ordnungssysteme wie Evernote werden „nebenbei“ gelernt. Mindmapping und andere Techniken für die gemeinsame Erstellung von Konzepten und die Zusammenfassung von Ergebnissen sind eine wertvolle Ergänzung im täglichen Berufsleben.

Ich konnte einmal in Bochum eine virtuelle private Schule besuchen und ergründen, die für schulgeschädigte bzw. unbeschulbare Kinder und Jugendliche virtuellen Unterricht durchführt. Auch die Jungens von Tokio Hotel waren an dieser Schule, da sie durch ihre Tourneen keine Möglichkeit hatten, das Abitur in lokal ansässigen Schulen zu absolvieren.

Auch für Grundschüler geeignet?

Daher weiß ich: Selbst für Grundschüler ist der virtuelle Unterricht eine durchaus begeisternde Alternative zum Präsenzunterricht! Nur die sozialen Kontakte zu anderen Kindern und Jugendlichen können hier nun wirklich nicht aufgebaut werden. Und gerade diese sozialen und emotionalen Verbindungen sind unverzichtbar wertvoll – es sei denn, dass das Kind durch traumatisierende Erfahrungen oder psychische Einschränkungen den Kontakt zu anderen Menschen nicht aushalten kann.

Mein Plädoyer geht dahin, dass durch diesen überraschend herbeigeführten Change der Pandemie Lehrer und Klassen zunehmend virtuelle Klassenräume nutzen – und das eventuell auch nach Corona beibehalten – zum Beispiel an einem Tag in der Woche… Alle Seiten würden feststellen, dass es ein Genuss ist, virtuell neue Themen und Fächer zu erkunden. Ich behaupte, dass der Lerneffekt für die Schüler größer ist als wenn sie mit Papier und Stift arbeiten.

Und hier noch ein ganz besonders schöner virtueller Klassenraum, konzipiert und verwirklicht vom Bildungsträger WBS-Training. In meinen Lehraufträgen für WBS erstellen wir alle uns einen Avatar (zurzeit unterrichte ich einen Lehrgang mit 25 Teilnehmern und es macht riesigen Spaß!) und haben ein eigenes virtuelles Firmengebäude, in dem meine Fach- und Führungskräfte aus den verschiedensten Aufgabengebieten selbstständig Projekte gemeinsam erarbeiten und umsetzen. Das ist natürlich die Luxusversion – doch auch die schlichteren Tools wie Zoom, Skype for Business und Adobe Connect haben ihre Vorteile. Aber schaut es Euch einmal an: Würden so nicht auch gern Kinder und Jugendliche lernen und gestalten?

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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