Wird Twitter/ X zur „Everything-App“, ähnlich der chinesischen WeChat-App?

WeChat ist in China wohl die wichtigste App, da sie unzählige Dienste in sich vereint. Ähnlich wie bei WhatsApp von Meta (Facebook) ist sie das Kommunikationsmedium Nummer Eins mit Telefonaten und Video-Calls; sie dient dazu, Lieferdienste zu beauftragen, Buchungen und Zahlungen durchzuführen, WeChat beinhaltet auch einen Nachrichtendienst, der ähnlich aufgebaut ist wie die Facebook-Chronik. Selbst kleinste Händler und ihre Kunden nutzen WeChat als Zahlungssystem, um per QR-Code Produkte und Dienstleistungen bargeldlos zu begleichen, bzw. zu verrechnen. Auch für die berufliche Zusammenarbeit wird WeChat genutzt.

Für die chinesische Verwaltung und Politik ist WeChat ein unverzichtbares Instrument, um die Kommunikations-, Energie- und Handelsinfrastruktur der chinesischen Bevölkerung zu überwachen und zu steuern. Auch die chinesische ID-Karte (Identifizierungsdokument, vergleichbar mit Personalausweis) kann zukünftig mit WeChat verknüpft werden.

Elon Musk, X/ Twitter und xAI

Bild von Dee auf Pixabay

Elon Musk, der im Oktober 2022 Twitter übernahm und im Juli 2023 den Namen durch ein großes X ersetzte, wird bis heute viel verhöhnt für seine Politik in dem Kurznachrichtendienst, der besonders gern von Politikern und Journalisten genutzt wird. Twitter hat seit der Übernahme viele Werbekunden und Nutzer verloren – man könnte fast sagen, verscheucht.

Doch den jüngsten Meldungen nach war das vielleicht ein wichtiger strategischer Schachzug, der für die Umformung von Twitter zu einer  „Everything-App“ Voraussetzung war. Elon Musk hat im Herbst 2023 mit der StartUp-Gründung xAI ein erstes Produkt herausgebracht, das zunächst nur zahlenden X-Nutzern in den USA zur Verfügung steht: Der KI-Chatbot Grok hat in Echtzeit Zugriff auf Informationen über X (Twitter), und soll in der Lage sein, humorvoll auf Fragen zu antworten. So kann die emotionale Bindung zu der Kommunikations-KI aufgebaut und intensiviert werden.

In dem neuen Kontext macht der enorme Wertverlust von X/ Twitter Sinn. Unternehmerisch ist es nicht selten wichtig, eine Durststrecke bewusst einzuplanen, um grundsätzliche Umstrukturierungen vornehmen zu können. Es ist von unschätzbarem Wert, dass Twitter global weit verbreitet ist und dass man diese „Everything-App“ nicht aus dem Nichts heraus aufbauen muss. Auch wenn sie ihren Unternehmenszweck komplett ändert und kaum noch etwas vom traditionellen Kurznachrichtendienst übrig bleibt, bleibt dies – auch gegenüber von Meta, das ebenfalls seit Längerem eine Everything-App etablieren will – von entscheidendem Vorteil.

Wenn nun noch Gamification hinzukommt und gerade junge Menschen durch KI-Entertainment an Produkte wie Grok gebunden werden, könnte es tatsächlich gelingen, X zu einem westlichen WeChat zu aufzubauen.

Wie das ethisch zu bewerten ist, ist eine andere Frage. Inwieweit der Einzelne in der Lage ist, sich vor einer App zu schützen, die auch zur Einschränkung/ Abschaffung von Bargeld führen kann (und zur Überwachung sämtlicher Handelsaktionen) bleibt abzuwarten. Sämtliche Digitalgiganten wollen die Everything-App für sich gewinnen – es würde mich nicht wundern, wenn Elon Musk das Rennen macht.

Onlinemarketing.de vom 01.11.23 – Xi eifert Wechat nach

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert