Die Limbic Map im Marketing: Emotionen steuern alle unsere Entscheidungen

Früher wurden Entscheidungsprozesse im Marketing vor Allem aufgrund von demografischen Fakten getroffen: Alter, Geschlecht, Status, Einkommen, Familienstand. Nach und nach kamen immer mehr „Soft Skills“ hinzu wie die politische und moralische Ausrichtung und das Verhalten. Im Zeitalter der Digitalisierung, in der Jeder Mensch sich ganz leicht sein persönliches Wunschprogramm zusammenstellen kann, reicht auch das nicht mehr aus. Anbieter werden immer mehr zu werbenden Beziehungssuchenden, die über viele Wege versuchen, das Herz ihrer Kunden zu erreichen. Doch wie schafft man das?

Definition der Limbic Map

Die Limbic Map misst Emotionen und Werte des einzelnen Menschen und erstellt daraus in Zusammenhang mit den drei Motiven Stimulanz, Dominanz und Balance eine „Landkarte der Emotionen“. Dieses Modell von Hans-Georg Häusel geht davon aus, dass alle unsere Entscheidungsprozesse von unseren Emotionen geleitet sind. Gerade die rein rationalen Entscheidungen sind hoch emotional, da sie Risiken und Chancen durch Ordnungssysteme prüfen lassen, um Sicherheit und Wachstum zu generieren. Der Manager, der aufgrund Gewinn- und Risikobewertungen Investitionsentscheidungen trifft, handelt hoch emotional.

Grundaufgabe der Emotionen, die durch das limbische System im Gehirn laufen, ist es, Überleben und Fortpflanzung zu sichern. Dabei stehen ihnen sechs Antriebe zur Verfügung: 1. grundsätzlich Ziele und Motive zu setzen für unser Überleben und unsere Fortpflanzung 2. in kritischen Situationen schnell und sicher handeln 3. Wahrnehmen, wie die Umwelt uns bewertet und welche Bedeutung sie uns zu misst 4. Steuern und Nachjustieren des von uns anvisierten Ziels als Regulativ 5. Die physiologischen Prozesse kontrollieren und bei Bedarf verändern 6. die eigenen Ziel mit den Absichten der Anderen in der Gemeinschaft synchronisieren.

Emotionen sind nicht Dasselbe wie Gefühle. Und auch Stimmungen sind nicht Dasselbe. Emotionen sind die Grundlage von Allem. Gefühle können Merkmale von Emotionen sein, können aber auch fehlen. Stimmungen sind ebenfalls Begleiter der Emotionen, dabei unterscheiden wir situative Stimmungen und Stimmungen, die grundlegend zur Persönlichkeit gehören.

Die Limbic Map im Marketing

Da wir in einem Käufermarkt leben, wo der Einzelne aufgrund von einem überschwänglichen Angebot ständig die freie Wahl hat, sind die Emotionen der hauptsächliche Erfolgsfaktor im Marketing. Ein freudiger Mensch macht sich auf, ist Neuem gegenüber aufgeschlossen und geht auch einmal ein Risiko ein – ein trauriger Mensch macht sich zu, riegelt sich ab, ist misstrauisch und scheut das Risiko.

Drei Grundmotive unserer emotionalen Verarbeitung: Stimulanz, Dominanz, Balance

Wir leben im Spannungsfeld von drei Grundmotiven, um unser Überleben und unsere Fortpflanzung zu sichern: Stimulanz, Dominanz und Balance sind je nach Persönlichkeit und Situation unterschiedlich wichtig für unsere Entscheidungen und unser Verhalten.

Der Mensch braucht Schutz und Geborgenheit in der Gruppe – hier finden sich Menschen, die stark im Balance-Bereiche motiviert sind.

Und alles durchzieht Sexualität, Appetit und Ekel

Dominanz und Stimulanz drängen sehr auf „Tun“, während Balance der Gegenspieler zu Risiko und Abenteuer ist. Alle drei Bereiche sind durchzogen von Sexualität und dem Belohnungs- und Bestrafungssystem, das auch bei jedem Menschen sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Belohnung und Bestrafung sind eng verknüpft mit der Nahnungsaufnahme: Appetit und Ekel.

Da unsere emotionalen System die Ziele bestimmen, die wir mit einem Produkt, einer Situation oder einem Mitmenschen verbinden, sollten Marketingmaßnahmen darauf ausgerichtet sein, die verschiedenen Persönlichkeiten anhand ihrer Lustorientierung, ihrer Werte und ihrer Belohnungserwartungen zu erreichen. Zwar sind Alter und Geschlecht von der Demographie her tatsächlich sehr einflussreich, doch die 7 Limbic-Typen ziehen sich durch die verschiedenen Generationen und Geschlechter.

  1. Der Harmonisierer legt Wert auf Schutz und Gemeinschaft
  2. Der Offene ist aufgeschlossen gegenüber neuen Erfahrungen
  3. Der Hedonist ist extrem lustbetont
  4. Der Abenteurer sucht neue Herausforderungen
  5. Der Performer orientiert sich an Status und Leistung
  6. Der Disziplinierte strebt nach Ordnung und Regeln
  7. Der Traditionalist will Sicherheit und Geborgenheit

Spotify als Analysetool?

Diese verschiedenen Typen kann man aufgrund ihres Musikgeschmacks gut unterscheiden. Stimulante Typen suchen „Aufregende Musik mit Kick“, Vorsichtige Limbic Typen bevorzugen harmonisierende Musik, Balanceorientierte neigen zu Volksmusik.

Es könnte also sein, dass gerade Musikdienste wie spotify den Consumer-Marken wertvollen Aufschluss darüber geben könnten, welche ihrer Kunden die verschiedenen Limbic Typen darstellen – und in welcher Stimmung sie sich gerade befinden, wenn sie Musik hören. Auch anderes Verhalten im Web: Was suche ich bei Google, wie schnell bewege ich mich im Netz, bin ich gerade kommunikativ, aufgeschlossen und neugierig… könnten Hinweise darüber geben, ob ein Consumer gerade in Kauflaune ist – und welche Impulse er als Limbic Typ braucht, um eine gewünschte Aktion auszuführen.

Big Data ist also für Marketing-Entscheider, die als hochemotionale Manager Gewinn- und Risiokoabwägungen brauchen, um anhand von Zahlen Entscheidungen zu treffen, das A und O in der neuen Welt. Ob das dann gelingt, bleibt abzuwarten. Auch der Consumer lernt mit und wird immer klüger. Er erkennt, wenn er als Pawlowscher Hund konditioniert werden soll und kann womöglich selbst in freudigster Stimmung unberührbar bleiben für Werbebotschaften. Wir werden sehen. 🙂

Dr. Hans-Georg Häusel: Die wissenschaftliche Fundierung des Limbic Ansatzes (72 seitiges pdf)

 

 

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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4 thoughts on “Die Limbic Map im Marketing: Emotionen steuern alle unsere Entscheidungen

  • Reply Erich Gerulat 20. Juni 2017 at 11:03

    Ein Beispiel für eine „Landkarte der Emotionen“ wäre schön.

  • Reply Spotify verkauft Musik-Profile der Nutzer an Werbekunden 10. November 2017 at 18:23

    […] Doch Musikprofile haben für die emotionale Verfassung des Menschen einen ganz besonderen Aussagewert. Im Marketing misst die Limbic Map das emotionale Verhalten eines Menschen und kreiert daraus Entscheidungsprofile. Die drei Grundmotive unserer emotionalen Landkarte lauten Stimulanz, Dominanz und Balance. Doch wie kann man besser so eine „Landkarte der Emotionen“ anfertigen als über das Musik-Konsum-Verhalten eines Menschen? Die Limbic Map und ihr Einsatz im Marketing […]

  • Reply Neuromarketing: Wo sitzt der „Kaufknopf“ im Gehirn? 15. November 2017 at 11:36

    […] Falls es stimmt, dass die meisten Arbeitsplätze in den nächsten Jahren und Jahrzehnten an Computer, Roboter und selbst lernende Systeme weitergegeben werden, bleibt uns Menschen immerhin noch das Privileg, Konsument zu sein und als Konsument den Wirtschaftskreislauf aufrecht zu erhalten. Wie lange sich eine solch herabwürdigende Rolle des Menschen aufrecht erhalten lässt, sei dahingestellt. Auf jeden Fall steigt die Bedeutung des Neuromarketings in den letzten Jahren immer weiter, weil die Droge Konsum gepusht werden muss. Ob Erlebnisse, Produkte oder Bedrohungs-Vermeider, wir brauchen Geld, um zu konsumieren. Limbic Map: Emotionen steuern unsere Entscheidungen […]

  • Reply Limbic Types- was hat es mit ihnen auf sich? - Marketing und Marken Blog 16. Dezember 2020 at 11:08

    […] aufgrund von Emotionen getroffen werden. Dieses Modell von Hans-Georg Häusel besagt, dass Stimulation, Dominanz und Balance die Grundsteine unserer Emotionen sind. Diese sind von Mensch zu Mensch verschieden. Dadurch sind […]

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