Vor wenigen Monaten ist meine Tante – nein „Halbtante“ verstorben. Heißt, die Halbschwester meiner ebenfalls verstorbenen Mutter. Sie war viele Jahre glücklich verheiratet – aber sie und ihr Mann haben keine Kinder bekommen. Da sie sich vor einigen Jahren eine Eigentumswohnung gekauft haben, hinterließ sie noch neben einem eigenen Konto die Hälfte der Wohnung, die noch nicht abbezahlt ist. Nun rief mich plötzlich das Amtsgericht an und teilte mir mit, ich wäre Erbin und sollte bitte den Totenschein meiner Mutter und meine Geburtsurkunde vorbeibringen – ich war völlig perplex….
Ich teilte der Dame am Telefon mit, dass ich auf das Erbe verzichte – doch so einfach geht das nicht. Zuerst wurde mir sogar die Auskunft erteilt, dass ich nur 14 Tage nach dem Tod verzichten könne – jetzt sei es dafür sowieso zu spät. Außerdem würden – falls ich verzichten würde – meine 4 Kinder an meine Stelle treten. Würden diese ebenfalls verzichten, käme meine Enkeltochter in den Genuss…
Neben meiner Linie gibt es dann noch eine zweite Halbschwester der Verstorbenen und deren Kinder und Kindeskinder – da kommt man nicht nur auf insgesamt 6 wie bei mir – sondern auf ganze 11 Beteiligte, die alle nacheinander das Erbe ausschlagen müssen, bevor der Ehemann der Verstorbenen überhaupt einen Erbschein beantragen kann!
Tage später flatterte ein dicker formaler Brief vom Amtsgericht ins Haus mit dem Protokoll eines Anwalts, der das Erbe auf einen mittleren fünfstelligen Betrag bezifferte – und mir ein Achtel daran zuschrieb. Was tun? Mein armer „Halbtanten-Schwager“ schlug vor, wir könnten das Erbe ja annehmen und dann ihm schenken – aber was ist mit der Steuer? Was ist mit den Schulden aus der Wohnung, die womöglich nur mit Verlust verkauft werden kann? Bleibt man dann darauf sitzen? Gewiefte Enkel kamen auch auf die Idee, das Ganze positiv zu sehen „Super, ich erbe Geld – das schlag ich doch nicht aus!“ und merkten nicht, dass sie eine verschuldete Wohnung erhalten würden – jugendliche Kinder sind ja noch so naiv….
Immerhin stellte sich dann heraus (ich sprach mit einer Rechtspflegerin, die Ahnung hatte), dass wir sehr wohl noch zwei Wochen Zeit haben, das Erbe auszuschlagen. Allerdings würde die Protokollierung jeweils 20 Euro kosten. Bei sechs „Erben“ wären das immerhin 120 Euro – plus der Fahrt zum zuständigen Gericht! Ich konnte zumindest das Amtsgericht überreden, dass wir mit einem Auto kommen und die Protokollierungskosten so auf 20 Euro für alle („Aber nicht mehr als 6 Personen gleichzeitig!“) reduzieren konnten…
Dann saßen wir beim Rechtspfleger, der schon einen ganzen Stammbaum der Familie aufgemalt hatte und ihn mit meiner Hilfe ergänzen konnte. Er erklärte mir, dass mein Halbtanten- Schwager erst dann den Erbschein erhalten kann, bis alle Verwandtschaftsverhältnisse lückenlos aufgeklärt seien – alle dokumentiert mit Geburtsurkunden und Todesscheinen im Original – Kopien reichen nicht aus. Und wenn ich ihm helfen wollte, sollte ich in meinen Vergangenheitspapieren forschen nach Familienbüchern und Todesbescheinigungen von meiner Oma, meiner Mutter – und natürlich das Familienbuch von mir uns meinen Kindern vorlegen.
Ich war völlig verblüfft: „Aber das geht doch nicht. Der Mann muss doch die Wohnung verkaufen – die kostet doch Monat für Monat viel Geld – das kann sich ja noch Jahre hinziehen, und er ist völlig hilflos ausgeliefert und kommt nicht an den Erbschein?“
„Tja“ bestätigte der Rechtspfleger und hob fast verzweifelt die Arme- „Sie glauben nicht, wie oft so etwas vorkommt! Dabei wäre es so einfach gewesen: Einen Zettel nehmen, ihn betiteln mit ‚Mein letzter Wille‘, schreiben, dass man alles an den Ehepartner vererbt, beide unterschreiben – und fertig. Eine Sache von fünf Minuten, ganz einfach. Ich verstehe es selbst nicht, das müsste doch jeder wissen!“
Am selben Tag noch habe ich mich hingesetzt und geschrieben:
Mein letzter Wille
Hiermit vermache ich alles was ich habe, zu gleichen Teilen an meine vier Kinder
Eva Ihnenfeldt
Egal ob man 40 ist oder 80 und kerngesund – wer das nicht tut, kann viel viel Ärger hinterlassen, das muss doch wirklich nicht sein – und versprochen, man stirbt nicht schneller, bloß weil man ein Testament geschrieben hat 😉
[…] wir schon im Beitrag “Auf jeden Fall Testament schreiben!” gelernt haben, braucht man nichts weiter als 10 Minuten Zeit, um seinen Nachlass zu regeln. Um das […]
Man sollte sich auf alle Fälle auch den Rat von einem Berater oder Rechtsanwalt einholen. Das ist meistens die sichere Variante! Aber im Regefall ist ein handgeschriebenes Testament auch gültig, wenn man die Form wahrt.
Hauptsache es dringt überhaupt ins Bewusstsein. Auch mit 40 kann man sterben 😉 Man muss nicht mit dem Testament warten bis man im Seniorenheim ist. Es bringt kein Unglück, versprochen 😉
Gerade junge Familienväter sollten ein Testament haben damit es nach dem Tod nicht noch mehr ärger als notwenig gibt
Ich sage meinen Eltern auch immer, dass sie so schnell wie möglich ihr Testament erstellen sollten. Wie du sagst, kann es sonst zu schwierigen Situationen kommen. Es braucht nicht viel Zeit und man stirbt nicht schneller!