Gekaufte Facebook-Fans und YouTube-Views – im Social Web wird viel betrogen

Seit der US-Wahl 2016 wird viel über Fake-News, Facebook Manipulationen und Social Bots gesprochen, die vielleicht das Wahlergebnis beeinflusst haben. Ob der Vorwurf, dass russische Hacker im Auftrag der Regierung Trump zum Sieg verholfen haben, stimmt, kann wohl nie aufgeklärt werden, doch Tatsache ist, dass tatsächlich viel im Social Web betrogen wird, besonders gern mit gekauften Fans, Followern, YouTube-Views, Kommentaren, Bewertungen und Likes. Eine 45-Minuten Reportage, die im TV bei ZDF-info ausgestrahlt wurde und die bei YouTube vorliegt (hier eingebettet), zeigt, wie riesig das Geschäft mit der Scheinwelt ist: Vor Allem Politiker und Akteure im Show-Business pushen ihre Popularität gern durch gekaufte Fans und Views.

Bei meinen Recherchen zur Dokumentation „Die Scheinwelt von Facebook & Co. – Das Geschäft mit gekauften Likes“ fand ich sehr schnell einen Anbieter, der ein reichhaltiges Angebot vorhält. Angeboten werden Google-Bewertungen, Facebook-Fans, YouTube Likes, Abonnenten und Views, Facebook-Bewertungen, Follower für Twitter, Instagram – und Soundcloud-Plays. Die Kosten sind überschaubar: Für 10.000 YouTube Views zahlt der Kunde knapp 50 Euro, 10 „deutsche Facebook-Bewertungen von echten Menschen“ kosten knapp 70 Euro. Die meisten Agenturen für betrügerische Fans, Views und Follower sitzen laut Dokumentation in Ländern wie der Ukraine, in Indien, Pakistan und Bangladesch.

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Alles ok bei den SteadyNews. Der Facebook-Like Check von Stern-TV zeigt, dass fast alle Fans aus Deutschland kommen

Natürlich versuchen Facebook, Google, YouTube, Twitter und Co, die betrügerischen Aktionen zu entdecken und sperren hin und wieder Accounts, die mit gekauften Klicks arbeiten. Doch da auch viele Prominente aus dem Show-Business und der Politik ihrem Erfolg ein wenig nachhelfen über solche Käufe, müssen die Plattformen wohl diplomatisch vorgehen. Schließlich sind die Täter häufig auch Werbekunden, mit denen man es sich nicht gleich verderben will. Stern-TV hat vor einigen Jahren ein Tool entwickelt, mit dem man bei Facebook-Fanpages ermitteln kann, aus welchen Ländern die Fans kommen – wollte Facebook die auffälligen Accounts alle sperren, wäre das sicher für den Konzern geschäftsschädigend.
Zum Facebook-Like-Check von Stern-TV

Auch Blogger und YouTube-Stars sind nicht unbedingt immun gegen die verführerischen Angebote gekaufter Likes. Da Influencer-Marketing ein gutes Geschäft geworden ist im Online-Marketing, müssen Unternehmen genau prüfen, ob ein Blogger tatsächlich so viele Fans, Follower, Abonnenten und Views hat wie die Zahlen glauben machen. Das Beste ist, nicht der Reichweite zu vertrauen (die reine Anzahl der Fans und Views) sondern die Engagement-Rate zu ermitteln. So ist es bei Instagram ein Richtwert, dass mindestens drei Prozent der Follower die einzelnen Bilder liken und häufig auch kommentieren. Wenn extrem viele Likes für ein Bild in den ersten Stunden und Tagen eingehen – und danach so gut wie nichts mehr passiert, ist auch das ein Zeichen für gekaufte Likes.

Bei YouTube ist es am schwierigsten, Betrug zu erkennen, da die Statistiken nicht so aussagekräftig sind wie bei den Netzwerken, die sehr starkes Engagement aufweisen. Doch wenn die YouTube-Statistik für ein Video freigeschaltet ist – und dort die Views in sehr kurzer Zeit stark angestiegen sind, um dann wieder schnell abzuflachen, ist das auch ein deutliches Indiz. Auch die Anzahl der Likes im Verhältnis zu den Views kann ein Hinweis sein – doch Likes kann man für YouTube ja leider auch kaufen.
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In der Dokumentation von ZDF-info werden auch Beispiele gezeigt, bei denen Politiker bei Twitter merkwürdige Steigerungen ihrer Follower-Zahlen vorweisen. Gerade bei Twitter gibt es einen sehr hohen Anteil an Bots bei Accounts, Tweets, Retweets , Likes und Replays. Das liegt wohl unter Anderem daran, dass es sehr leicht ist, über Software-Programme neue Twitter-Accounts zu erstellen und bei Bedarf wieder verschwinden zu lassen. Gezeigt wird in dem Film ein französischer Politiker, der innerhalb weniger Tage über 10.000 neue Follower bei Twitter gewann – von denen viele anscheinend nicht einmal französisch sprachen.

Gegen Fake-Bewertungen gehen Amazon, Hotel-Bewertungsplattformen und Google immer strenger vor. Sogar rechtliche Schritte werden von den Plattformen unternommen gegen unredliche Händler, Gastronomen und Veranstalter. Doch die gekauften Fans, Follower und Views werden uns sicher noch eine Zeitlang begleiten. Für seriöse Unternehmen können gekaufte Fans und Follower ein großes Unglück sein, da sie die Engagement-Rate erheblich senken und dadurch der Sichtbarkeit für „echte Fans“ schaden, doch diese Vernunftargumente werden nicht ausreichen, um dem Betrug wirkungsvoll entgegenzuwirken.

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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