Wie kann ein/e Arbeitnehmer/In bei einer akuten Erkrankung eine Krankschreibung ohne Arztbesuch erhalten? Ein Beispiel: Es ist Freitagmorgen. Das Aufstehen war schon schwieriger als normalerweise – am Arbeitsplatz kommen vormittags weitere Beschwerden hinzu. Der Hausarzt schließt seine Praxis um 11 Uhr – an einen Arztbesuch ist nicht mehr zu denken, es ist zu spät. Doch es gibt für besondere Fälle eine Alternative zum Arztbesuch: die Fernsprechstunde bei zugelassenen Telemedizin-Anbietern per Video.
Ich habe soeben einen Selbstversuch bei einem der Anbieter gestartet. Die Registrierung war in wenigen Minuten erledigt. Wichtig war nur, dass die Versicherungskarte in greifbarer Nähe ist. Schließlich müssen die Konsultationen mit den GKV abgerechnet werden können.

So ist es auch mit Fieber und starken Beschwerden möglich, sich von daheim aus auf einem der GKV-geprüften Portale zu registrieren und nach Eingabe der Versicherungsdaten einen Video-Termin zu erhalten. In der Regel noch am selben Tag. Wichtig zu wissen: Nimmt man den Service zum ersten Mal in Anspruch, liegt die Höchstgrenze der Krankschreibung bei 3 Tagen – ist der Patient schon bekannt, kann eine AU bis zu 7 Tagen ausgestellt werden.
Übrigens: Wer freitags erkrankt, muss Sorge dafür tragen, dass die AU spätestens am Montag erstellt wird. Es gelten Kalendertage bei den drei Tagen Frist – nicht Werktage.
Die AU kann zwar auch telefonisch beim Hausarzt erstellt werden. Viele Arztpraxen sind jedoch überlastet und telefonisch schwer zu erreichen. Während der Coronazeit hatte diese Überlastung problematische Folgen. Darum wurden die Möglichkeiten der Telemedizin erweitert. Heute sind auch Fernbehandlungen erlaubt, in der Regel durch eine Videosprechstunde.
In der Zwischenzeit gibt es eine Reihe von zertifizierten Videodienstanbietern, die sich auf Telemedizin spezialisiert sind. Auch zertifizierte Psychotherapeuten können per Videosprechstunden Therapiesitzungen durchführen. Hier ein ausführlicher Überblick für GKV-Versicherte
Kassenärztliche Bundesvereinigung: Videosprechstunde telemedizinisch gestützte Betreuung von Patienten
Chronisch kranke Patienten (zum Beispiel Bewohner/Innen in Pflegeheimen) können über Telemedizin nun auch in Videosprechstunden von ihrem behandelnden Arzt betreut werden. Ebenfalls ist Telemedizin auf dem Land sehr hilfreich, da gerade dort die ärztliche Unterversorgung besonders hoch ist.
Das Institut Arbeit und Technik (IAT) kommt laut Ärzteblatt in einer Befragung von 228 telemedizinisch betreuten Patienten zu dem Ergebnis, dass die Videobetreuung keinen negativen Einfluss auf die Beziehung zwischen Partien und Hausarzt hat. Telemedizin ist sowohl von den Ärzteverbänden als auch von gesetzlichen Krankenkassen und der Politik erwünscht und wird sich sicher in den nächsten Jahren weiter ausbreiten.
Da die Künstliche Intelligenz gerade im Gesundheitssektor große Fortschritte macht, ist es wahrscheinlich, dass mit Unterstützung von diagnostischen Hilfsmitteln per Telemedizin professionelle Diagnosen und Therapien angeboten werden können – auch ohne die Hilfe eines menschlichen Arztes. Ob es von Vorteil ist, wenn man sich ohne die seelsorgerische Begleitung des Hausarztes/ der Hausärztin einstufen und therapieren lässt, bleibt abzuwarten. Gerade für ältere Menschen haben Arztbesuche eine bedeutende soziale Aufgabe. Ob diese stärkende Erfahrung durch Videocalls ersetzt werden kann, ist fraglich.