Durchschnittsgehälter und Spitzenverdiener in Deutschland: Wann gelten Singles und Familien als „reich“?

Leben wird immer teurer – so viel steht fest. Neben den hohen Lebensmittelpreisen steigen die Kosten für Wohnen, Energie, Mobilität, Krankenversicherung und Genuss. Restaurantbesuche zum Beispiel sind sehr viel teurer geworden. Aber auch die Preise für Erlebnisse mit Familie und Kindern haben weiter angezogen. Und so fragen sich viele zurecht: Wo stehe ich mit meinem durchschnittlichen Nettoeinkommen – bzw. mit dem Gesamteinkommen meiner Familie? Liege ich im unteren Bereich? Bin ich Durchschnittsverdiener? Oder werde ich zu den reichsten 10 Prozent gerechnet?

Wer sind die Spitzenverdiener in Deutschland?

Bild von Charles McArthur auf Pixabay

Laut Computerwoche sind SAP-Berater und Cyber-Security-Manager mit einem fast sechsstelligen Jahresgehalt die Spitzenverdiener in der IT-Branche. Die vielen SAP-Stellenangebote, ob remote oder im Unternehmen, zeigen, wie händeringend diese Experten und Expertinnen gesucht werden.

Auch Ärzte zählen mit einem Bruttomediangehalt von 94.750 Euro jährlich weiterhin zu den Spitzenverdienern. Es folgen das Bank- und Finanzwesen mit einem Mediangehalt von 57.000 Euro, das Ingenieurwesen, Consulting und die IT-Branche im Allgemeinen. Berufseinsteiger verdienen in der Regel 10.000 Euro brutto weniger als ihre erfahrenen Kollegen/Innen mit elf bis 25 Jahren Berufserfahrung.

Welche Branchen sind die mit den geringsten Gehältern?

Am geringsten sind die Bruttojahresgehälter im Gastro- und Hotelgewerbe mit 35.000 Euro. Auch in der Land- und Forstwirtschaft und im Gartenbau liegt der Median nur knapp darüber. Freizeitbranchen, Logistik/ Transport und Handwerk zahlen ebenfalls mit einem Jahresbrutto von unter 39.000 Euro sehr wenig – kann man mit solchen Gehältern überhaupt noch eine Familie gründen, ohne vom Staat alimentiert zu werden?

Ab wann zählt man in Deutschland zu den Reichen?

Was überhaupt ist Reichtum? „Nicht reich muss man sein, sondern unabhängig“, sagte der legendäre Börsenguru André Kostolany. Schön gesagt, doch die meisten Menschen wünschen sich zuverlässige, messbare Vergleichsparameter, um eine finanzielle Einstufung vornehmen zu können. Gerade Deutschland ist ein Land mit hoher Einkommens- und Vermögensverschwiegenheit. Über Geld spricht man auch heute noch nicht so selbstverständlich wie in anderen Kulturen wie den skandinavischen Ländern.

In Deutschland zählt laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu den Einkommensreichen, wer „über mehr als das Doppelte bzw. Dreifache des Median der Nettoäquivalenzeinkommen der Gesamtbevölkerung verfügt.“ Das Medianeinkommen bezeichnet den Mittelwert aller Einkommen. Beim Medianwert liegen die Hälfte der Einkommen über und die andere Hälfte unter dem Wert. Während das Durchschnittsgehalt (bei dem auch Spitzenverdienste gleichwertig einfließen) in Deutschland im Jahr 2024 bei 50.250 Euro brutto pro Jahr liegt, liegt das Median-Einkommen bei 43.750 Euro Jahresbrutto.

Singles zählen mit einem Nettoeinkommen von 3.500 Euro zu den reichsten zehn Prozent in Deutschland, kinderlose Paare schaffen das mit einem gemeinsamen Nettoeinkommen von 5.550 Euro, und Familien mit zwei Kindern unter 14 Jahren brauchen 7.412 Euro netto im Monat, um zu den reichsten zehn Prozent zu gehören.

Neben dem Einkommensreichtum gibt es noch den Vermögensreichtum. Dieser setzt sich zusammen aus Immobilien, Geld, Investitionen, Aktien, Unternehmen, Schmuck, Kunstwerken und anderen Sachwerten. Haushalte gelten als wohlhabend, wenn ihr gemeinsames Nettovermögen 477.200 Euro übersteigt.

Deutschlands Mittelschicht

Als Mittelschicht bezeichnet man in Deutschland Arbeitnehmer/Innen, die einen gewissem Bildungsgrad erlangt haben, über eine berufliche Qualifikation verfügen und ein mittleres Einkommen erzielen. Die Mittelschicht sollte mit ihrem mittleren Einkommen den Lebensunterhalt ohne staatliche Unterstützung bestreiten können.

Im Jahr 2018 stufte die OECD die Mittelschicht in Deutschland bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von etwa 46.304 Euro ein. Somit gehörten 63 Prozent der Bevölkerung zur Mittelschicht. Beim Institut für Wirtschaft lässt sich mit einem einfach zu bedienenden Rechner prüfen, wie wohlhabend man im Jahr 2024 mit dem eigenen Haushalt im Vergleich ist.

Wer gilt in Deutschland als arm?

Alleinerziehende (42,9 Prozent) und Singles (27,6 Prozent) galten im Jahr 2022 am häufigsten als „von Armut bedroht“ oder arm. Paare ohne Kinder oder mit einem oder zwei Kindern waren demnach am seltensten von Armut bedroht. Haushalte mit drei oder mehr Kindern wurden zu einem Drittel als armutsgefährdet oder arm eingestuft.

Bei den über 65-Jährigen betrug die Quote 18,3 Prozent insgesamt, bei älteren Frauen lag sie im Jahr 2022 bei 20,2 Prozent. Insgesamt sind Alleinerziehende, Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss und Migranten am häufigsten von Armut und Armutsgefährdung betroffen. Bei den Singles gilt als armutsbedroht, wer weniger als 1.190 Euro monatlich zur Verfügung hat, bei Alleinerziehenden mit einem Kind unter 14 Jahren wird ein Monatseinkommen von maximal 1.546 Euro zugrunde gelegt, bei einem Paar mit zwei Kindern sind es 2.496 Euro.

Wenn das Einkommen nicht reicht

Neben der Möglichkeit, Bürgergeld oder Grundsicherung zu beantragen, hat sich in den letzten Jahren der Bezug von Wohngeld als weitere Alimentierungs-Quelle etabliert. Auch der Kindergeldzuschlag ist neben dem Kindergeld ein bedeutender Faktor geworden, um mit einem niedrigen Haushaltseinkommen der Armutsgefährdung zu entkommen.

Anfang 2023 wurde das Wohngeld erheblich erhöht, sodass laut Aussage der Bundesregierung nun rund zwei Millionen Haushalte mit 4,5 Millionen Menschen Anspruch auf Wohngeld haben. Im Schnitt erhöhte sich das Wohngeld um 180 Euro pro Monat auf 370 Euro pro Monat und ersetzt in vielen Fällen das Bürgergeld oder die Sozialhilfe (Grundsicherung für Rentner/Innen, Arbeitsunfähige und Pflegeheimbewohnern/Innen). Bei Bezug von Bürgergeld oder Sozialhilfe wird das Wohngeld als Einkommen berechnet und einbehalten, ebenso wie Kindergeld, Elterngeld, Unterhaltsleistungen und andere Einkommensquellen.

Fazit

Immer mehr Haushalte, die sich zur Mittelschicht zählten, sind heute auf Wohngeld und andere Alimentierungen durch den Staat angewiesen. Zwar kann man auf die „gute alte Zeit“ verweisen, in der sich Kinder noch über einen Lutscher für zehn Pfennig freuten oder alte Mütterlein sich den halben Monat über mit Kohl und Kartoffeln über Wasser hielten, aber diese Vergleiche sind kein Maßstab in einer Welt, in der Bildung, gesunde Lebensführung und die Möglichkeit gesellschaftlicher Teilhabe an finanzielle Ressourcen gebunden sind.

Wir können nicht von immer mehr Alleinlebenden und Familien erwarten, dass sie gesellschaftlich ausgeschlossen sind und einsam in ihren Wohnungen verbleiben. Gesellschaftlich ausgeschlossen zu sein, ist wahre Armut.

Wie sagte der legendäre Börsenguru André Kostolany? „Nicht reich muss man sein, sondern unabhängig“. Unabhängigkeit setzt voraus, dass man sich, seine Kinder, sein Heim und seine gesellschaftliche/ berufliche Zukunft aus eigener Kraft finanzieren kann. Inwieweit ein solcher innerer „Reichtum“ noch möglich ist im digitalen Zeitalter, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall können wir in Deutschland froh sein, dass es so reichliche Alimentierungen für Armutsgefährdete gibt. Selbstverständlich ist das wahrlich nicht auf der Welt…

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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