Laut der neuen „Expat Insider“-Studie ist Deutschland bei Menschen, die fern ihrer Heimat arbeiten, extrem unbeliebt. Deutschland belegt in der internationalen Befragung Rang 49 von 53. Österreich liegt immerhin auf Rang 42. Trotz der sehr guten Noten in den Bereichen Öffentliche Sicherheit, Gesundheit und Arbeitsplatzsicherheit wollen gut ausgebildete Fachkräfte ungern nach Deutschland. Uns fehlt es an „Willkommenskultur“.
Liest man die Ergebnisse der Studie aufmerksam, wird deutlich, was reisewillige Experten bei uns vermissen. Expats sind in der Regel hoch qualifiziert in Branchen wie IT, Produktion, Ingenieurwesen oder im Finanzsektor. In Deutschland ist es auch für gut bezahlte Akademiker schwer, einen deutschen Freundeskreis aufzubauen – schon, weil Deutsche oft nicht fließend Englisch sprechen.
Capital vom 12.07.23 – „Rassistisch und provinziell: Expats geben Deutschland vernichtendes Zeugnis“
Für ausländische StudentInnen an der Universität ist es wohl noch leichter, Freunde zu finden. Doch wenn man direkt ins Arbeitsleben startet, bleiben Bekanntschaften meist oberflächlich und auf die berufliche Umgebung reduziert. Echte soziale Beziehungen zu finden, die sich vertiefen und zu stabilen Freundschaften führen, ist nicht selbstverständlich. Während sich weltweit nur jeder fünfte Expat im Gastland fremd fühlt, ist es in Deutschland jeder Dritte.
Nicht nur im Zwischenmenschlichen, auch im praktischen Alltag schneidet Deutschland sehr schlecht ab. Allein die Wohnungssuche ist häufig sehr schwer. Auch die deutsche Bürokratie ist bedrohlich, sodass Deutschland das schlechteste Ranking der Welt erhält bei der digitalen Infrastruktur, der Verwaltung, dem Wohnen und der Sprachbarriere. Dass man hier Schwierigkeiten mit schnellem Internet und mit digitaler Bezahlung hat, ist für viele Expats kaum zu glauben.
Nur vier Länder schneiden schlechter ab als Deutschland
Noch unbeliebter als Deutschland sind Südkorea, die Türkei, Norwegen und Kuwait – das unbeliebteste Land der Welt. Besonders beliebt bei Expats ist Mexiko, bei der Befragung Rang Nr. 1. Es folgen Spanien, Panama, Malaysia, Taiwan. Thailand, Costa Rica, Philippinen, Bahrain und Portugal.
Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass wir Deutsche aus taktischen Gründen unsere Mentalität von „Recht und Ordnung“ aufgeben könnten – bzw. durch vertrauensvolle Freundlichkeit und gesellschaftliche Willkommenskultur ergänzen, doch ich kann mir schon vorstellen, dass die vielen Einwanderer auf Dauer einen positiven Einfluss auf unser „altmodisches Misstrauen“ haben werden. Schließlich fahren Deutsche ja besonders gern und oft in den Urlaub und schwärmen von den Menschen dort. Zumindest würde ich es mir wünschen, dass wir uns nicht zu sehr durch unsere Herzenskühle isolieren – weder als Gesellschaft noch im persönlichen, zwischenmenschlichen Bereich. Der Mensch ist ein soziales Wesen, und Misstrauen gegen Fremde ist weniger selbstverständlich, als wir vielleicht denken.