Kleider machen Leute – oder: Die ganze Welt ist eine Bühne

Vor vielen Jahren hatte ich einen Traum vom Dalai Lama. Er war in meiner Heimatstadt für einen Vortrag, und in der Pause fragte ich ihn „Dalai Lama, ich habe ein so schlechtes Gewissen gegenüber den Armen in der Welt, da ich mir häufig neue Kleidung kaufe“ Er lachte und antwortete: „Die ganze Welt ist eine Bühne. Es ist völlig in Ordnung, sich je nach Rolle und Szene neu zu verkleiden. Nur tu mir einen Gefallen: Probiere die Kleider vorher an“. Das ist nun über dreißig Jahre her, aber noch heute bestelle ich keine Kleidung mehr online – ich probiere sie stets vorher an.

Die ganze Welt ist eine Bühne

„Die ganze Welt ist eine Bühne“ bedeutet nicht, dass wir uns aus unserer Wahrhaftigkeit herausbewegen müssen. Der Dalai Lama meinte ganz sicher nicht, ich solle mich verstellen und mir und anderen etwas vormachen. Er meinte ganz einfach, dass das ganze Leben ein Spiel ist. Kinder wissen das, aber Erwachsenen fällt es meistens schwer, vertrauensvoll zu spielen. Schade!

Der Dalai Lama in meinem Traum meinte, dass die riesige Bühne „Leben“ ein Spielfeld ist, auf dem wir Menschen uns erstaunlich frei bewegen können. Wir können Entscheidungen treffen, können wählen, können wünschen und können uns ausprobieren und ständig dazulernen. Unsere Rollen haben viele Facetten – aber Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit sind die Grundbedingungen für ein erfülltes Leben auf der Bühne „Leben“.

Kleidung im Homeoffice

Ich arbeite von zu Hause aus – Homeoffice. Niemand kann mich sehen. Ich trage meine bequemste Hose, achte auf einen warmen Hals und warme Füße, bin ungeschminkt. Wenn ich schriftlich arbeite, bin ich in der Rolle einer Forscherin, die frei ist von allen Eitelkeiten. Wenn ich Telefoncoaching-Termine habe, konzentriere ich mich so sehr auf meine Klient/Innen, dass ich sowieso ganz weit weg von mir selbst bin. Muss ich in Video-Konferenzen, beuge ich mich seufzend in mein Los, schminke mich für den „Außenauftritt“ und versuche, mich selbst nicht zu sehen bei der Konferenz. Es ist nicht leicht, in einen Spiegel zu blicken, während ich meine Rolle bestmöglich spiele – bzw. meine Aufgabe bestmöglich erfülle.

Kleidung im Beruf

Ich frage mich, was ich mir von meinem Bühnenauftritt im Beruf jetzt gerade wünsche. Wünsche ich mir, dass meine Kollegen und Kunden gute Laune bekommen, wenn sie mich sehen? Will ich „Sonne in ihr Herz“ bringen? Oder will ich Autorität ausstrahlen, damit sie meiner Kompetenz vertrauen? Oder will ich als „tüchtiger Arbeiter“ wahrgenommen werden, der frei von Eitelkeit tut, was zu tun ist und sich funktional gekleidet hat? Will ich Status und Prestige verkörpern, da meine Gegenüber Wert darauf legen? Will ich mich schützen, indem ich Obrigkeiten einschüchtere? Will ich jung wirken, um nicht als altmodisch abgestempelt zu werden? Oder will ich als ältere Frau punkten, um das „Mütterliche“ oder auch „Großmütterliche“ auszustrahlen?

Kleidung im Privatleben

Meine Bühnenauftritte im Privatleben unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von meinen Auftritten im Beruflichen. Aber das ist natürlich bei den meisten Menschen anders. Im Grunde genommen kann man dieselben Maßstäbe anlegen. Was noch hinzukommt, ist die Frage der sexuellen Attraktivität und Anziehungskraft. Die ist im Beruf selten nützlich – doch auch da möchte ich keine Bewertung vornehmen. Sicher kann es von Vorteil sein, über sexuelle Signale Kund/Innen, Kolleg/Innen oder Chef/Innen zu verführen. Ich selbst bin ganz einfach aus diesem Alter raus.

Kleider machen Leute

Unzählige psychologische Experimente und Studien haben gezeigt, wie sehr diese Behauptung stimmt. „Wie Du kommst gegangen, so Du wirst empfangen“, „Es gibt nur eine Chance für den ersten Eindruck“, „Des Kaisers neue Kleider“… Und doch sehen wir immer wieder, dass herausragende Persönlichkeiten sich erfolgreich allen Kleiderregeln widersetzt haben bzw. widersetzen. Die Ausstrahlung macht’s! Sich so zu verkleiden, dass es den Träger verunsichert in seiner Selbstüberzeugung, ist ganz sicher keine Lösung. Das spüren die Mitspieler auf der Bühne „Leben“, so wie Tiere im Rudel spüren, wer mental in sich sicher ist – und wer angreifbar ist.

Fazit

Egal, ob wir es wollen oder nicht, Kleidung und Auftreten, Eindruck und Wirkung sind eng miteinander verbunden. Ich empfehle jedem Menschen, sich dazu Gedanken zu machen, wie er oder sie in den verschiedenen Rollen wirken will. Kleidung ist so wichtig wie ein Vorname, den man seinem Baby gibt. Nur dass wir mit Kleidung und Auftreten uns selbst einen Namen geben! Wenn Lehrer/Innen urteilen „Kevin ist ein Name – Kevin ist eine Diagnose“, lasst uns damit spielen, wenn wir Kevin heißen, Jerome – Chantal oder Jaqueline. Lasst uns übermütig durch unsere Kleidung und unser Auftreten damit spielen, welche Erwartungen uns entgegenschlagen. Kevin Kühnert von der SPD hat es schließlich auch geschafft – nur Mut!

Die ganze Welt ist eine Bühne… Genieße Dein Leben und Deine Freiheit, Dich zu zeigen, so wie Du willst. Heute abend gehe ich zu einer Veranstaltung. Wie will ich dort wahrgenommen werden? Auf jeden Fall bescheiden, anspruchslos, staunend und ansprechbar. Ich werde eine Jeans anziehen, ein schwarzes Statement-T-Shirt mit dem Wort „Einzelstück“ und eine Bomberjacke (um etwas jugendlich zu wirken). Und was hast Du heute noch für Bühnen auf Deinem Weg?

Bild der Wissenschaft – Die Wirkung von Kleidern. Psychologie in der Mode

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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