Wir stellen uns vor: Die heimische Reinigungsbranche ohne Personal, das in den letzten 20, 30 Jahren nach Deutschland eingewandert sind – unmöglich. Bauwirtschaft nur mit Bio-Deutschen? Nicht denkbar. Kliniken, Pflegedienste, niedergelassene Ärzte – ohne Personal aus dem Ausland wäre der Gesundheitssektor verloren. Das Gaststättengewerbe schrumpft, da es kaum noch möglich ist, Mitarbeiter zu finden. Ein Drittel sind Migranten – und diese haben in der Zeit des Lockdowns meistens umdisponiert – man muss ja leben! Selbst im Versicherungswesen und bei anderen Finanzdienstleistern wächst die Zahl der eingewanderten Fachkräfte beständig.
In Deutschland häufig im Niedriglohnbereich – Fachkräfte gehen lieber in andere Länder
Deutschland hat für Migranten/Innen einen großen Vorteil: Die soziale Absicherung, falls man nicht in der Lage ist, selbstständig für den Lebensunterhalt zu sorgen, ist ziemlich gesichert. Doch für diejenigen, die als Arbeitsmigranten den Weg nach Deutschland finden, sieht es schlecht aus. Niedrige Löhne, hohe Steuern, schlechte Arbeitsbedingungen, Stress aufgrund von Personalmangel und Überlastung, miese Stimmung in den Betrieben.
Hinzu kommen Einsamkeit und Ausgrenzung. Vor allem seit Corona haben sich Deutsche noch weiter aus dem Öffentlichen Raum zurückgezogen. Die Möglichkeiten, private Bekanntschaften zu schließen, werden für Migranten immer geringer.
Kurz und gut: Viele Arbeitsmigranten verlassen Deutschland sehr schnell wieder. Gerade im Gesundheitsbereich wird sichtbar, wie wenige Fach
Existenzielle Bedrohung
Tatsächlich können vor allem Menschen, die weniger als 15 Euro in der Stunde verdienen, kaum noch von ihrem Gehalt leben. Eine Familie ausreichend zu versorgen mit Bildung, sozialen Begegnungen, Sport, Freizeiterlebnissen und anderen interessengeleiteten Förderungen, ist nicht finanzierbar. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist Deutschland für einwandernde Fach- und Hilfskräfte extrem unattraktiv.
In welchen Branchen wir Migranten brauchen
Bei Reinigungskräften sind es 41 Prozent, die selbst nach Deutschland immigriert sind. In der Lebensmittelherstellung sind 38 Prozent Migranten, im Hoch- und Tiefbau 33 Prozent, im Tourismus, Hotel- und Gaststättengewerbe 32 Prozent. Hinzu kommen viele Branchen, die auf hochqualifizierte Fachkräfte angewiesen sind – da ist in erster Linie die IT zu nennen. Viele große Unternehmen haben ihre angestellten Softwareentwickler über den ganzen Planeten verstreut. Sie arbeiten von ihrem Heimatland aus – und wären ganz gewiss nicht bereit, nach Deutschland umzuziehen. Ein Wohlfühl-Traumland sind wir wahrlich nicht.
Bürokratie
Abgesehen von der gesellschaftlichen Frostigkeit, den unzureichenden Arbeitsbedingungen und dem schlechten Wetter kommt für Expats noch die Bürokratie hinzu, die das Leben in Deutschland gefährdet. In Ausländerbehörden gibt es Termin-Wartezeiten bis zu sechs Monaten! So können schlimmstenfalls Aufenthaltsgenehmigungen und befristete Arbeitsgenehmigungen nicht rechtzeitig verlängert werden. wdr1 Deutscher Fachkräftemangel und unglückliche Arbeitsmigranten
Bürgergeld
Seit 2016 hat sich der Anteil von Migranten im Bürgergeld (vorher Hartz IV) verdoppelt. Zunächst wegen der viele syrischen Geflüchteten – nun wegen der viele Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine. Tatsache ist, dass das deutsche Hartz IV-„Fördern und Fordern“ Prinzip sich nicht bewährt hat. Zwar ist eine riesige Industrie rund um Fördermaßnahmen der Jobcenter entstanden, doch die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt ist deprimierend gering. Bezieht ein Mensch mehrere Jahre lang ALG II, sinken seine Chancen auf einen nachhaltigen Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt: Nur rund zehn Prozent der Alimentierten schaffen diesen Sprung in ein gesellschaftlich anerkanntes Leben. Währenddessen sinken die Zahlen der jungen Menschen, die in Deutschland zumindest den Hauptschulabschluss schaffen.
Es ist wohl an der Zeit, dass sich die verschiedenen Systeme in der EU bei der Sozialhilfe angleichen. In den Niederlanden gibt es Sozialhilfe, die sich am Netto-Mindestlohn orientiert – doch jeder Alimentierte muss sich seinen Fähigkeiten entsprechend gesellschaftlich einbringen durch Arbeit – oder mit dem täglichen Besuch einer Einrichtung für Menschen mit besonderem Schutzbedürfnis. In Dänemark müssen Sozialhilfeempfänger mindestens 225 Stunden pro Jahr arbeiten, sonst werden die Leistungen gekürzt.
Deutschlands Willkommenkultur?
In erster Linie wünsche ich uns, dass wir wieder lernen, Freude an Menschen und Begegnungen haben. Ich wünsche mir, dass das Misstrauen gegenüber Menschen sinkt und die Freude an gemeinsamen Vorhaben wächst. Arbeit (die zurzeit oft genug überfordert und unglücklich macht) und Medienkonsum sind nicht alles. Genauso wichtig wie Essen, Trinken, Wohnung und Heizung sind menschliche Kontakte. Ein Grundbedürfnis, deren Erfüllung gerade seit Corona immer weiter geschrumpft ist.
Wo die deutsche Wirtschaft von Ausländern abhängt – web.de vom 17.11.23