Ohne Lampenfieber ein guter Redner werden? Ist das unmöglich?

Ich möchte gern erfolgreich sein auf Bühnen. Möchte Menschen zum Lachen bringen und Weinen. Möchte Applaus und am liebsten stehende Ovationen. Mein Problem ist, dass ich so gut wie kein Lampenfieber habe. Wie soll ich ohne diese Hormonausschüttung, die vor einem Auftritt die Konzentration und Wachsamkeit erhöht, so richtig gut werden? Im Vergleich: Wie soll man beim Pokern oder im Sport gut werden, wenn es einem egal ist, ob man gewinnt oder verliert?

Auf keinen Fall ist mein Mangel an Lampenfieber darauf zurückzuführen, dass ich immer so überragend gut war. Eher im Gegenteil: Zu versagen ist mir seit dem Eintritt in die Welt „da draußen“ dermaßen vertraut, dass ich gelernt habe, damit zu leben. Lampenfieber erfordert den Wunsch nach Lob und Anerkennung – und die Angst davor, verachtet zu werden als Versager…

Leben als Versager

In der Schule war ich in vielen Fächern schlecht. Genau genommen, in allen Fächern, in denen ich auswendig lernen musste. Englisch, Latein, Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Erdkunde, Geschichte… Gut war ich nur in Deutsch, Philosophie, Erziehungswissenschaft, Politik – und später in Geschichte und Biologie, als es um Analysen, Erkenntnisse, die eigene Interpretation fern von Zahlen, Fakten, Daten ging. Ja, reden konnte ich gut, aber ist das überhaupt ein Talent? Oder nur Ausdruck meines übersteigerten Selbstwertgefühls?

Ich bin es gewohnt, zwei Eva’s in mir zu tragen: Die eine Eva, die leistungsfähig, kreativ und überschäumend selbstbewusst ist – und die andere Eva, die kognitiv minderbemittelt ist und laut einer meiner Englischlehrer zur Frage führt „Wie kommt so ein dummes Stück Scheiße nur aufs Gymnasium“ (wörtlich zitiert).

Nach dem Abitur: Hausfrau werden!

Statt mich langfristig in meiner Hausfrau- und Mutterrolle zu verkriechen, wollte die Eva 1 mehr sein als eine unterhaltsame, finanziell abhängige Hausfrau.

Eva 1 sorgte dafür, dass ein Ausbruch aus dem sicheren Eigenheim-Käfig gewagt wurde. Eva 1 gab fortan den Ton an mit der Losung „Wir taugen nichts und können nichts? OK! Besser, die Beste unter den Schlechtesten zu sein als die Schlechteste unter den Besten“.

Ist der Ruf erst ruiniert…

Seit mehr als dreißig Jahren lebe ich unter dieser Maxime. Mit dem Verlust meiner Versagensangst stand ich als Unternehmerin und Selbstständige häufig auf Bühnen, hielt Vorträge, moderierte, war albern, klug, bewegt, begeisterte, vermittelte Wissen. Manchmal war ich gut (wenn es darum ging, Emotionen zu erzeugen und Menschen zu begeistern) manchmal war ich eine Enttäuschung (wenn ich auf einer Bühne durch reine Fakten überzeugen wollte).

Als Dozentin vermittelte ich zwar viel Wissen, doch da ich im Unterricht immer meine Präsentationen als „Spickzettel“ dabei hatte, war das kein Problem. Ich war sogar extrem beliebt bei meiner akademischen Klientel, weil ich so lebendig und anschaulich erklären konnte – und weil ich stets ausstrahlte „Also wenn ich das kann, dann könnt Ihr das auch“. Mein Ziel war es, dass meine Studenten am Ende unserer gemeinsamen Zeit selbstbewusst in die Berufswelt zogen. Selbstverständlich unterrichtete ich ausschließlich Themen, die mit Analyse, Zielsetzung, Strategie und Disziplin zu tun haben: Sprich, ich verschrieb mich der Geisteswissenschaft „Marketing“ und der digitalen Kommunikation.

Reden halten als sportliche Disziplin- die Toastmasters

Nun bin ich bei den Toastmasters (internationale Redner-Vereinigung), und ich will richtig gut werden auf der Bühne. Doch als erfahrene Versagerin fehlt mir eines der wichtigen Treibstoffe, um hervorragende Leistungen zu bringen: Das Lampenfieber! Mit fehlt diese Stress-Hormonausschüttung, die dazu beiträgt, wie im Krieg mit höchster Konzentration und geschärften Sinnen alles zu tun, um bloß nicht zu versagen. Es ist mir egal, ob ich versage – Ehrgeiz war und ist mir fremd. Was also tun?

Bühne ohne Lampenfieber?

Wie kann man ein guter Redner, Schauspieler, Moderator werden, ohne Lampenfieber zu haben? Folgende Schlüssel können mir helfen:
1. Ich liebe Menschen über alles – So wie viele Menschen Tiere über alles lieben, oder Reisen, so liebe ich Menschen. Ich bin bereit, Opfer zu bringen für diese Liebe, und meine Leidenschaft für Menschen macht mich tüchtig. Ob es viele Jahre als Mutter war, oder später in Business und Beruf – ich war immer mit all meiner Leidenschaft bemüht, gut zu sein für meine Leute. Ich möchte, dass sie an sich glauben und stolz auf sich sind.
2. Ich habe Talent. Ich kann mich kreativ ausdrücken durch das Wort, durch die Stimme, durch meinen Körper. Ich liebe es, mit den Instrumenten meines menschlichen Daseins zu jonglieren. Andere malen – ich suche in meinen Worten und Sätzen nach dem idealen Bild. Beim Schreiben fällt es mir relativ leicht – beim Reden halten ist das Ergebnis noch eher zufällig und für mich nicht kalkulierbar. Ich kann nicht beurteilen, ob ich zufrieden mit meiner Rede bin.
3. Ein Hoch auf das Internet! Ich lebe in einer Welt, in der die Kontrolle meiner Ausdrucksfähigkeit kein Problem ist. Ich kann mich auf Video aufnehmen und analysieren, ob ich gut bin oder nicht. Zwar habe ich schon so einige Interviews bei YouTube geführt; zwar habe ich schon seit fast zwei Jahren meinen wöchentlichen Podcast, doch da ist noch einiges an ungenutztem Potenzial. Da will ich mich weiter verbessern. Wie herrlich, dass die digitale Technik so mühelos verfügbar ist. Ich werde mich aufnehmen und mein eigener Punktrichter sein.
4. Ich habe ein Ziel: Ich möchte mich bis zu meinem Lebensende selbst finanzieren können – und zwar durch eigene Arbeit. Da ich als hauptberufliche Mutter von vier Kindern nie Rentenansprüche erworben habe (und als prekäre Selbstständige auch nicht), muss ich darauf Rücksicht nehmen, dass eine alte Frau nicht mehr dieselben Möglichkeiten hat wie eine kognitiv und körperlich leistungsfähige Erwerbstätige.

Dauerhaft finanziell unabhängig

Falls es mir gelingt, durch Reden zu inspirieren, zu begeistern, anzuziehen und gute Gefühle zu vermitteln, kann ich dieses Vorhaben der lebenslangen Arbeit vielleicht verwirklichen – vielleicht sogar noch dann, wenn ich dement geworden bin und/oder so klapperig, dass ich das Haus nicht mehr verlassen kann.

Menschen, Menschen, Menschen

Mein Wunsch ist es, bis zum letzten Tag Kontakt mit Menschen zu haben, zu denen ich keine familiäre oder andersartige sippenhafte Bindung habe. Ich habe am liebsten Kontakt zu Menschen, mit denen keine dauerhaften Verpflichtungen bestehen. Wir sind Menschen, die sich begegnen, eine Zeit lang gemeinsam „Abenteuer erleben“, und dann wieder ohne Schulden und Guthaben auseinandergehen. Begegnungen, die frei sind und frei bleiben.

Toastmasters Dortmund – die Kunst der schönen Rede…

Ich werde also meine Leidenschaft, bei den Toastmasters eine gute Rednerin zu werden, dadurch unterstützen, dass ich bei YouTube Reden halte. Ich werde nicht länger versuchen, eine Rede auswendig zu lernen, sondern ich werde mich darin schulen, aussagekräftige, inspirierende Reden zu halten, die zwar sehr gut vorbereitet sind – jedoch letztendlich spontan.

Ob sich aus dieser Disziplin auch eine tragfähige Einkommensquelle erschließen lässt, wird man sehen. Aber für meine geliebten Toastmasters reden üben im öffentlichen Video-Raum? Das ist genau mein Ding, schließlich schreibe ich ja auch schon seit 2008 öffentlich Tagebuch. Sehr schön. Also erweitere ich meinen Podcast zu einem Video-Podcast bei YouTube. Und ich lade Euch alle herzlich ein, zu den Toastmasters in Dortmund zu kommen. Einfach mal als Gast erleben, was wir da so machen an jedem zweiten Donnerstag.
Toastmasters Dortmund „Kommunikationsprofis mit Herz“

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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