Positives Denken – Das Gesetz der Anziehung und toxische Positivität

Das Gesetz der Anziehung ist in aller Munde: Unsere Gedanken schaffen unsere Realität. Der Mensch kann sich reich denken, gesund denken, erfolgreich denken und seine große Liebe herbeidenken. Und doch wird mehr und mehr davor gewarnt, negative Gedanken zu verdrängen. Unter „toxischer Positivität“ versteht man eine Art Zwangsoptimismus, der die Gehirnträger dazu zwingt, sich ständig anzutreiben. So als hätte man einen Erfolgscoach implantiert bekommen, der ständig manipuliert durch Gedanken wie „Ich schaffe das“, „Ich bin erfolgreich“, „Hinfallen, Aufstehen, Krönchen richten, weitermachen“. Ja, sind wir denn in China?

Das Gesetz der Resonanz

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Seit Jahrtausenden ist bekannt, dass Gutes Gutes anzieht und Schlechtes Schlechtes. Lebe ich im Glauben an den Frieden oder kämpfe ich gegen den Krieg? Sehe ich in meiner Umwelt das Verbindende oder empfinde ich mich als getrennt von dem, was mich umgibt? Bin ich in der Lage, für Veränderungen mit Begeisterung meine Energie einzusetzen, oder fühle ich mich dem Bestehenden machtlos ausgeliefert?
Sokrates (469 v. Chr. – 399 v. Chr.): „Das Geheimnis der Veränderung besteht darin, Deine ganze Energie darauf zu konzentrieren, Neues aufzubauen, statt Altes zu bekämpfen.“

Das alles sagt sich so leicht. Doch durch die Jahrtausende war es ein Privileg der Reichen, sich in philosophischen Erkenntnissen und der Macht des Resonanzgesetzes zu üben, während etwa neunzig Prozent der Bevölkerung damit beschäftigt waren, irgendwie zu überleben. Um mit ganzer Energie Neues aufzubauen, anstatt im Alten gefangen zu sein, braucht der Gehirnträger eine Menge Autonomie und Selbstwert. Denn gestaltende Gedanken sind Gedanken, die man selbstbestimmt denkt. Selbstbestimmt denken können nur Menschen, die sich von aufgezwungenen Glaubenssätzen emanzipiert haben – und gelernt haben, sich selbst wertzuschätzen.
GEO Die Macht der Gedanken. Wie wir unser Glück selbst steuern

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Toxische Positivität

Heute leben wir in einer auf Leistung und Erfolg ausgerichteten Welt, die auch abseits der Eliten dem Menschen abfordert, stets sein Bestes zu geben für Erfolg, Profit, Glück, Liebe… Es ist zum Mainstream geworden, sich mit dem richtigen Mindset programmieren zu sollen. „Denke Dich reich“ verkünden die Propheten der kapitalistisch geprägten Gegenwarts-Religion. „Denke stets positiv, gib negativen Gedanken keine Chance, Dich zu schwächen“.

Und so basteln sich die Verzweifelten, die an ihrem fremdbestimmten Leben leiden wie eh und je, Visionboards mit Bildern von Meer und Stränden, gut aussehenden Traumpartner/Innen, teuren Autos und Häusern. Die Visionboards hängen sie sich in ihr Schlafzimmer, um die ersehnte Zukunft zu erschaffen durch positive Bilder und Gedanken.

Menschen mit Sehnsucht nach einem besseren Leben besuchen Achtsamkeitsseminare, meditieren und versuchen, sich mit positiven Affirmationen selbst zu programmieren. Negative Gedanken werden verdrängt – ja, tabuisiert. In der Überzeugung, dass sich negative Gedanken realisieren, verbietet sich der Glückssucher, Sorgen und Ängste und quälende Gedanken auszusprechen. Wem es schlecht geht, der oder die ist zu verachten. Er oder sie haben einfach nicht das richtige Mindset.

Wow! Ich stelle mir gerade ein Volksheer vor, dass in eine vernichtende Schlacht ziehen soll für die ewigen Eliten. Da würde ich als General auch sehr gern mit braven Soldate/Innen zu tun haben, die stets positiv denken und sich bereitwillig den triumphierenden Sieg über den „Feind“ einreden lassen. Ist nicht dieses ganze „positive Denken“ ein Framing, dass Widerstand im Ansatz vernichtet? Sind negative Gedanken nicht unendlich wichtig, um die Realität zu analysieren, zu bewerten und Strategien für die Änderung zu entwickeln und durchzuführen?

Selbstbestimmt denken heißt, auch das Negative sehen

Sokrates: „Das Geheimnis der Veränderung besteht darin, Deine ganze Energie darauf zu konzentrieren, Neues aufzubauen, statt Altes zu bekämpfen.“

Altes zu bekämpfen heißt, sich mit dem Alten auf eine Stufe zu stellen. Wenn wir bei der Kriegsparabel bleiben, sehen wir zwei feindliche Parteien, die sich gegenseitig vernichten.

Neues aufzubauen, heißt im ersten Schritt, sich der Aufforderung zu widersetzen, das Bestehende zu bekämpfen. Neues aufzubauen heißt nicht, dass dem Menschen die gebratenen Hühner in den Mund fliegen, wenn er sich gebratene Hühner wünscht, weil er Hunger leidet. Das Geheimnis der Veränderung besagt, dass ich in mir die Kraft habe, Neues aufzubauen. Und diese Kraft kommt durch das Bewusstsein, dass ich etwas ganz Besonders bin, der/die Gestalter/in der Welt, in der ich lebe. Habe ich Hunger, gehe ich Hühner jagen und brate sie mir.

Ich liebe meine negativen Gedanken

Ich liebe es, im offenen Disput mit Freunden negative Gedanken auszusprechen, ihre Bestandteile zu beleuchten und Erkenntnisse in den Aufbau von Neuem umzuwandeln. Ich liebe die Energie des Mutes, selbstbestimmt zu leben. Das ist die Reise des Helden. Oder könnt Ihr Euch einen Helden vorstellen, der stets positiv denkt? Es sei denn, es ist Till Eulenspiegel, der sich schelmisch darüber lustig macht, alles positiv zu finden.

Nichts gegen die Religion der Erfolgs- und Profitorientierung. Nichts gegen Sehnsüchte nach der vollkommenen Zweierbeziehung und dem großen Lottogewinn. Aber Helden tun, was sie tun müssen. Sie sehen dem, was ist, ungeschönt ins Gesicht und machen einen Plan. So wie Sokrates, der aufgrund seiner „gefährlichen Lehren“ hingerichtet wurde. Tja, kann passieren. Aber gelohnt hat es sich doch…

Barmer Krankenkasse: Toxic Positivity – wann positives Denken schaden kann

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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