Rückschau zum #BarCampZukunft in Hamburg am 15. Februar 2020

Wenn einhundert Menschen im Alter zwischen 25 und 75 in Hamburg zusammenkommen, um sich einen Tag lang über die konstruktive Gestaltung unserer Zukunft auszutauschen – und wenn diese einhundert Menschen sich in Einem einig sind: „Jedem fühlenden Wesen möge es nachhaltig gut gehen“, zeigt sich dann, ob ein BarCamp mehr ist als ein Veranstaltungsformat für Digital-Nerds? Ja, das tut es. Ein BarCamp ist ein Kongress, der sich in Echtzeit frei entwickelt, und gerade diese ethisch engagierten Persönlichkeiten haben es voll drauf – auch wenn vielen von ihnen digitale Kommunikationswege fremd sind. Auf die Geisteshaltung kommt es an!

Morgens waren die meisten Teilnehmer schon lange vor dem offiziellen Start vor Ort und hatten reichlich Zeit, sich kennen zu lernen und Ideen für Sessions auszutauschen

Buddhisten, Anthroposophen, Freidenker, Klimaaktivisten, Pädagogen, Künstler, Demokratie-Engagierte, Heiler und Naturgestalter… Nicht nur ich, sondern auch die 25-jährige Klimaaktivistin Melina war am Ende des Tages total geflasht von dem, was so selbstverständlich entstand und sich ausbilden konnte.

Melina endete in ihrem Rückblicks-Dank damit, dass sie jeden einzelnen Teilnehmer herzlich dazu einlud, sich mit einzubringen in die „Fridays for Future Bewegung“. Einfach, weil es solchen Spaß macht, sich mit den Versammelten auszutauschen. Einfach weil es glücklich macht zu erleben, wie zugewandter Dialog und praktizierte Menschenliebe die Grenzen zwischen Alt und Jung, zwischen reich und arm, zwischen akademisch und lebenserfahren überwindet.

Einfach weil Hoffnung entsteht, wenn man als junger oder älterer Mensch unglücklich und verzweifelt ist ob der Konsequenzen, die unsere Ausbeutung des Planeten mit sich bringt. Und da erlebt man auf einem BarCamp, es gibt ja unzählige Initiativen von spirituell lebenden Menschen, die sich ausgesprochen konkret engagieren für eine demokratische Gesellschaft, heilungsorientierte Medizin, Überwindung des Kapitalismus und die Gestaltung eines lebendigen, gesunden Planeten. Und es gibt die stillen Wegbereiter, die durch Meditation und Kontemplation den fruchtbaren Boden bereiten für eine Welt, in der sich alle fühlenden Wesen ihrer Natur nach entfalten können. Wow!

Was ist das Besondere an einem BarCamp?

Das Besondere an einem BarCamp ist, dass sich die Gruppensitzungen (Sessions) zu Anfang des Tages frei entwickeln. Darum nennt man BarCamps auch „Unkonferenzen“. Alles was passiert, ist ok und wird angenommen. Regeln gibt es kaum.

Jeder Teilnehmer ist Mitgestalter und kann sich einbringen – soll sich sogar einbringen! In Hamburg hatten wir fünf Räume und fünf Stunden Zeit – es konnten also insgesamt 25 Sessions angeboten werden – ob das wohl gelingen würde? Vielleicht wird sich ja kaum jemand trauen, sich als Sessiongeber hervorzutun! Wie spannend!

Die Aufgabe der BarCamp-Organisatoren

Aufgabe der Organisatoren ist es, den Rahmen zu bilden. Entscheidend ist dafür der Standort: genügend Räume für Sessions und ausreichende digitale Technik sind Voraussetzung für dieses Veranstaltungsformat. Die Inhalte der Tagung kommen von den Teilnehmenden.

Organisatoren laden ein, sorgen für das Catering und die moderaten Preise (niemand soll von einem BarCamp aus finanziellen Gründen ausgeschlossen bleiben), sorgen für den harmonischen Ablauf und dafür, dass die Kommunikation insgesamt funktioniert.

Eine der Hauptaufgaben der Organisatoren ist es, Sponsoren zu finden, die so eine „Unkonferenz“ ermöglichen. Auch das ist ein wichtiger Teil von BarCamps: Überzeugen diese mit einem echten Mehrwert, finden sich auch Menschen, Organisationen und/ oder Unternehmen, die das Ganze finanziell unterstützen.

Journalistin Birgit Stratmann, Mitgründerin des Netzwerks Ethik heute, und Dr. Sylvia Kolk, Gründerin des Buddhistischen Stadtzentrums Hamburg, hier bei der Abschiedsrunde

Die gemeinsamen Ziele und Interessen sind entscheidend – und die Kunst der Organisatoren ist es, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt wahrzunehmen und umzusetzen.

Veranstaltet wurde das Barcamp „Zukunft heute“ gemeinsam vom Online-Magazin und Netzwerk ethik-heute.org. und dem Buddhistischen Stadt-Zentrum Hamburg Liebe-Kraft-Weisheit. 

Das BarCamp „Zukunft heute“ – der Rückblick

Und so starteten wir am 15. Februar im eindrucksvollen Rudolf-Steiner-Haus (ich behaupte ja, dieses 1962 eröffnete Veranstaltungsgebäude lebt irgendwie) und schon lange vor dem Start um 10.00 Uhr waren fast alle Teilnehmer vor Ort. So konnten sich bereits Gespräche und inspirierende Ideen entwickeln, bevor Jemand wusste, worauf er/sie sich eigentlich eingelassen hat. Die Registrierten bekamen auf Wunsch direkt am Empfang einen Zettel in die Hand gedrückt, auf dem sie eine Session-Idee eintragen konnten. Und diese Zettel reichten kaum aus, so groß war das Interesse daran!

Die Keynote von Dr. Sylvia Kolk

Die wundervolle Keynote der buddhistischen Lehrerin und Feministin Dr. phil. Sylvia Kolk war so aufgebaut, dass wir Teilnehmenden unsere Gefäße leeren konnten, bevor wir mit der Sessionplanung starteten. Die Einigung auf ein gemeinsames Werteversprechen und die geführte Meditation taten Jedem gut, wir waren angekommen.

Sessionplanung

Bei der Sessionplanung entstand dann das, was ich gern das „Wunder der BarCamp-Kultur“ nenne. Wie durch Zauberhand passten Sessiongeber und Sessionplätze genau zusammen. Niemand war zu spät, von den 25 möglichen Zeitfenstern (je 50 Minuten) wurden 23 gefüllt. Christina und ich, die gemeinsam die Planung in Echtzeit übernommen hatten, hatten zunächst Sorge, es wären zu viele – doch es passte! Und wie viel Lust die Teilnehmer hatten! Bei der Vorabfrage „Wer hat Interesse an dieser Session“ meldeten sich meistens fast alle. Was für ein fulminanter Start!

Der Sessionplan mit 23 Sessions im Überblick:

  • Solidarische Landwirtschaft
  • Dialog nach D. Bohm
  • Verteilungsgerechtigkeit
  • Auch die Zukunft Klima beginnt jetzt
  • Wir wollen auf einer blühenden Erde glücklich leben
  • Das innere Gefäß leeren
  • Spannungsfeld geschehen lassen und machen
  • Neues Krankenhaus in HH/ Integrative Medizin
  • Klimakrisen: Bewältigungsstrategien „Wildblumenwiese“
  • Meditation als Aktivismus
  • Nachbarschafts-Weltprojekt
  • Der Kapitalismus in mir
  • Wie Kinder zu friedvollen Menschen werden
  • Meditation im Dialog
  • Bildungswandel: Schule von morgen heute gestalten
  • Wie wollen wir zukünftig in HH wohnen
  • Kapitalismus: ethische Geldanlagen
  • Liebevolle, würdige Trauerfeiern
  • Achtsamkeit, Verbundenheit, Engagement
  • Twitter für AnfängerInnen
  • Navigieren Nichtwissen
  • Sinn – was treibt mich innerlich an
  • Technik sinnvoll nutzen im Postkapitalismus

Das leibliche Wohl und Zeit für Pausen

Von 13 bis 15 Uhr gab es ein „Kaltes Buffet“, so dass Jede/r selbst entscheiden konnte, wann eine Pause eingelegt wird im dichten Austausch von Wissen und Entwicklung. Um 17.00 Uhr endete dann der Tag mit einer halbstündigen Abschlussrunde, und fast alle waren zu diesem späten Zeitpunkt noch da und machten mit. Als schade wurde empfunden, dass wir keine gemeinsame Mittagspause hatten. Falls es ein zweites BarCamp Zukunft geben sollte, könnte man sich Alternativen zur jetzigen Praxis überlegen – Hauptsache, das lästige Schlange stehen am Buffet entfällt.

Ein „analoges“ BarCamp?

Für mich als BarCamp-Moderatorin war es das erste Mal, dass BarCamp-Teilnehmer so analog waren – ja, viele noch nicht einmal WhatsApp auf ihrem Smartphone installiert hatten. Ein junger Teilnehmer äußerte dann auch in der Feedbackrunde den Wunsch, zukünftig komplett auf elektromagnetische Strahlen zu verzichten und ausschließlich den Sessiongebern Lan-Verbindungen anzubieten. Und natürlich war den ganzen Tag über immer wieder Thema, ob man sich der digitalen Vernetzung und Überwachung nicht so weit wie möglich entziehen sollte.

Und so habe ich gelernt: BarCamp geht auch ohne Twitter! Zwar würde ich mir sehr wünschen, dass spirituell Werteorientierte und demokratisch gesinnte Aktivisten sich die sozialen Medien zunutze machen würden, um ihre Ideen zu verbreiten und sich global in Echtzeit zu vernetzen, doch ich respektiere, wenn das viele nicht wollen. Manchmal braucht man einfach Gelassenheit und Geduld. Es kommt wie es kommen soll. Immerhin haben wir nun diesen kleinen Rückblick im Netz.

Ich sehne mich nach einer Welt, in der sich Menschen frei machen von kapitalistischer Profitgier. Ich sehne mich nach einer Welt, in der wir jeden einzelnen Menschen als Wunder erleben – und nicht länger zum „Schädling“ erklären. Falls es eine Fortsetzung gibt in Hamburg – ich bin dabei, in welcher Rolle auch immer. Vielen Dank an Euch alle. Ihr habt mir gezeigt, dass es eine lebenswerte Welt geben kann, wenn nur die Kultur des Zuhörens, Staunens, der Demut und Herzenswärme praktiziert wird. Menschenrechte für alle. Wesensrechte für alle. Danke.

Sie möchten auch ein BarCamp organisieren und realisieren? Gerne helfe ich Ihnen dabei!

Eva Ihnenfeldt
Mobil: 017680528749
E-Mail: [email protected]
LinkedIn-Profil: Eva Ihnenfeldt 

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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