Corona rettet die Welt? Auf jeden Fall wird sich so Einiges bei uns allen ändern…

Was wird aus mir, wenn ich abgeschottet bin von sozialen Kontakten? Wenn keine menschliche Begegnung und Zerstreuung mehr bleibt außer mein Zusammenleben mit meinem Partner (was habe ich doch für ein unverschämtes Glück)! Wie entwickeln sich meine Sorgen um meine Familie, meine engsten Bezugspersonen, meine Nachbarn und all die Menschen, die ich kenne und die mit mir in Verbindung sind über Facebook und Co? Sparsam und minimalistisch leben erscheint mir durchaus attraktiv – doch wird unser Nachschub an Gütern des täglichen Bedarfs weiter fließen? Wenn kaum noch jemand arbeitet, woher kommen dann Obst, Gemüse und alles Andere?

Merkwürdigerweise habe ich (noch) keine Angst vor einer Ansteckung mit Corona. Mag sein, dass es Hochmut ist, weil ich mich so jung und stark und widerstandsfähig fühle… Doch wenn ich in die panischen Augen meines fast achtzigjährigen Nachbarn schaue, ergreift mich Mitgefühl. Er ist allein – ohne Familie, ist es gewohnt, immer auf sich gestellt zu sein. Hat sein Rentner-Leben ausgefüllt mit ehrenamtlichen politischen, geselligen und sozialen Aufgaben. Nun ist alles weg. Kein 1. Mai, keine Feiern, keine sinnerfüllten Termine mehr – ich kann ihn so gut verstehen in seiner hilflosen Einsamkeit!

Wir werden alle sterben…

Ja, das Einzige, was uns Menschen unersetzbar miteinander vereint, ist der Tod. Wir werden irgendwann alle sterben. Für meinen Nachbarn ist es schrecklich sich vorzustellen, ohne Liebe und sorgende Angehörige einsam in den letzten Stunden zu sein. Es gibt so viele einsame Menschen in den Wohlstandsländern – diesen wird gerade bewusst, was das bedeutet.

Nicht nur die Alten und Widerstandsgeschwächten – auch die Jungen und Starken werden nach und nach merken, dass es keinen Grund für sie gibt, zu triumphieren. Einsamkeit kann grausam sein. Wenn sich niemand um Dich sorgt, ist das nur so lange schön, wie Du täglich beten kannst „Lieber Gott, ich danke Dir für gar nichts. Ich habe alles selbst bezahlt“.

Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis…

Solange wir uns einbilden können, alles im Griff zu haben, fühlen wir uns unverwundbar mächtig und haben kein Problem damit, Mitmenschen nach Herzenslust zu verachten. Von Nachbarn bis zu Politikern und Entertainment-Prominenten, es macht uns einfach Spaß, über Andere herzuziehen und ihnen die Pest an den Hals zu wünschen.

Doch was ist, wenn wir einsam sind, weil wir das Haus nicht mehr verlassen dürfen? Was ist, wenn sämtliche Orte der Zerstreuung geschlossen sind und uns fast nur noch Streaming bleibt, um die Langeweile und Leere zu übertönen? Lesen? Basteln? Schreiben? Musizieren?

Wie wird es den Zweierbeziehungen und Familien ergehen, die nun auf engstem Raum Tag und Nacht eingeschlossen sind? Werden wir uns zerfetzen? Oder werden wir nachsichtig und mild werden, weil wir auf Geborgenheit und Liebe angewiesen sind – weil wir plötzlich Dankbarkeit empfinden für unsere Partner und Kinder und Eltern?

Wir können telefonieren…

Werden erwachsene Kinder plötzlich Angst um ihre alten Eltern bekommen und sie häufiger anrufen als bisher? Werden wir wieder lernen, lange Telefonate zu führen, die gehaltvoller und emotionaler sind als der übliche formalisierte Ablauf von „Wie gehts?“ „Alles klar“ „Bis nächsten Sonntag!“ „Grüß schön!“

Werden wir Sehnsucht entwickeln nach echten menschlichen Begegnungen, bei denen wir mehr geben als empfangen? Wird der Kapitalist in uns („Wo liegt bei den und den Aktivitäten mein persönlicher Profit?“) aus unseren Seelen geworfen und wenden wir uns entsetzt ab von diesem Teil unseres Egos? Werden wir zu besseren Menschen, weil wir Angst und Verlust erzieherisch brauchen, um uns menschlich weiter zu entwickeln?

Die Sehnsucht nach der Apokalypse…

Ja, auch ich trage diese Sehnsucht in mir, wenn auch längst nicht mehr so stark wie in meinen jungen Jahren. Je älter man wird, desto mehr ersetzt die Aussicht auf den eigenen Tod die apokalyptischen Szenarien. Und man sieht an der jetzigen Krise ja wieder einmal, wie wunderbar die Natur (ich nennen sie „Gaya“) mit einem unerwarteten Ereignis eingreifen kann, wenn wir schon glauben, alles sei unrettbar verloren…

Wir werden weicher…

Ich bin sicher, wir werden in den nächsten Wochen erleben, dass wir weicher werden und milder. Wir werden wie der Geizige von Charles Dickens spüren, dass wir ein lebendiges pochendes Herz in uns tragen, das Gutes tun will. Wir werden aufhören, über Verängstigte zu lästern, die in ihrer Hilflosigkeit Toilettenpapier horten. Wir werden unsere alten Nachbarn versorgen und ihnen Lebensmittel und Getränke vor die Tür stellen – und Klopapier 😉

Wir werden wieder lernen, lange Gespräche am Telefon zu führen und sehr genau zuzuhören dabei. Wir werden aus unserer materiellen Sicherheit geworfen und werden Demut lernen. Auch wenn versprochen wird, dass kein Arbeitsplatz verloren geht, wissen wir, dass diese Krise (egal, wie gefährlich oder ungefährlich Corona tatsächlich ist) unsere Weltwirtschaft in eine beispiellose Umverteilung von unten nach oben führen wird.

Die Wirtschaftskrise wird uns packen…

Über zehn Jahre lang haben Politik und Interessensgemeinschaften alles getan, um den Zusammenbruch der Finanzwirtschaft aufzuhalten – aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es auch in dieser Krise so gelingen wird. Historische Ereignisse helfen vielleicht, sich auf das vorzubereiten, was da auf uns zukommt. Der Planet und die Menschheit erholen sich ja erfahrungsgemäß immer wieder erstaunlich schnell (davon bin ich auch jetzt überzeugt) aber der Change wird uns Großes abverlangen.

Auch die Deutschen werden endlich den digitalen Wandel lieben lernen…

Wohl den Unternehmen, die bereits agil sind und nicht mehr Desktop-Arbeitsplätze (bzw. rein analoge Bildungsstrukturen) ohne Cloud-Anbindung verwenden. Wir werden nun innerhalb von Wochen lernen, welch ein Segen es ist, innovative digitale Technik zu nutzen in Schule, Erwachsenenbildung, Unternehmenslandschaft).

Wir werden lernen, wie segensreich Facebook und Co sind, um miteinander weiter kommunizieren zu können. Natürlich können wir auch per E-Mail, Telefon oder Postbrief in den Dialog treten – doch was ist mit Gruppenkommunikation? Was ist mit den vielen Informationsflüssen, die nur durch Social Media möglich sind? Was ist mit der digitalen Kompetenz, Fake-News von seriösen Quellen abzugrenzen? Nur Übung macht den Meister, und die digitalen Laien sind Gerüchten viel hilfloser ausgeliefert (zum Beispiel über WhatsApp-Kettenbriefe) als die, bei denen Social Media Kommunikation zum Alltag gehören.

Wir werden alle immer transparenter werden…

Doch auch die standhaftesten Verweigerer von digitaler Kommunikation werden zu spüren bekommen was es bedeutet, transparent zu werden für Regierungen, Behörden, Privatwirtschaft. Unsere so gut gehüteten gesundheitlichen „Geheimnisse“ werden digital zusammengeführt werden. Die Überwachung unserer Bewegungsverläufe und Handels-Transaktionen werden auch die erdulden müssen, die alles versucht haben, um unsichtbar zu bleiben.

In diesen Notstandszeiten schielt alles nach China und in andere hochtechnologisierte Autokratien, die stolz ihre Zahlen präsentieren (auch wenn sie wahrscheinlich aufgehübscht sind) und die ersten sind, die wieder produzieren und handeln können. Da werden bald alle von schwärmen – wahrscheinlich sogar gerade die, die heute so auf Social Media schimpfen.

Gerade die Traditionalisten und Rückwärtsgewandten haben ein Faible für Sicherheit und Ordnung. Tja, und da wird der Beelzebub plötzlich zum Heiland. Die Pandemie wird sicher in mehreren Wellen verlaufen – doch je umfassender die Überwachungsmechanismen der Staaten funktionieren, desto leichter lassen sich Infizierte ausgrenzen und polizeiliche Maßnahmen durchführen.

Wollen wir wirklich in ein Ende unserer Demokratien rutschen? Oder wollen wir wie Estland eine digitale demokratisch organisierte Bürgergesellschaft aufbauen? Wir haben die Wahl!

Chance und Risiko, wie immer…

Kurz und gut, wir haben eben wie immer die Wahl: Entwickeln wir uns in unserer Menschlichkeit weiter, werden wir später schwärmen von dieser Zeit, in der wir ohne Krieg und Faschismus erleben durften, was es an Kraft bedeutet, wenn Einem „der A…. auf Grundeis geht“.

Entwickeln wir unsere Gier, unseren Neid und unser Profitdenken weiter, werden wir wohl ruckzuck eine echte Katastrophe erleben, in der die Mächtigen sich unfassbar bereichern – und die Massen unvorstellbares Elend erwartet. Wir haben wie immer die Wahl.

Und nun noch etwas wirklich Lustiges: „Corona rettet die Welt“ vom YouTube-Kanal Bohemian Browser Ballett – produziert von funk- ich musste so lachen! Bringt es auf den Punkt oder 😉

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

One thought on “Corona rettet die Welt? Auf jeden Fall wird sich so Einiges bei uns allen ändern…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert