Tausend – Geschichte von Eva Ihnenfeldt

Eva Ihnenfeldt, am 08.11.23: War es schon immer so gewesen? Waren die Menschen schon immer ihrer eigenen Spezies so gnadenlos gegenüber? Oder ist es erst in den Coronajahren passiert, dass der Mensch dem Menschen zum Feinde wurde?

Roma will etwas tun. Sie hat beruflich mit so vielen Menschen zu tun, mit alten und jungen, mit Armen und Wohlhabenden, mit Hochgebildeten – und mit Menschen aus dem Prekariat. Immer ist es das Gleiche: Kommt man auf den Menschen zu sprechen, verhärten sich die Züge des Gegenübers. Eine Klientin von Roma sagte direkt im ersten Kennenlerngespräch mit großer Entschlossenheit  „Ich bin Misanthrop“, so als wolle sie ihren Schutzwall vor Roma beschützen.

Ihre sanfte, katholisch gläubige Chorschwester schwärmt von Tschernobyl, wo ein Paradies im verseuchten Gebiet entstanden ist, seit es keine Menschen mehr gibt. Ernsthaft sagt sie: „Alles wäre gut, wenn es keine Menschen mehr gäbe. Dann könnte sich die Natur von uns Menschen erholen“.

Roma denkt: Aber dann guckt doch keiner mehr zu! Ob Tiere überhaupt zu schätzen wissen, dass sie einen Planeten bewohnen, der nie wieder von Menschen bewohnt wird? Gejagt und gefressen werden sie wie eh und je. Und Wind und Wetter sind sie ebenfalls ausgesetzt wie eh und je.

Ob die Bäume, wenn das große Verdrängen sich ausbreitet zwischen den Pflanzen, genießen, dass es keine Städte, keine Flugzeuge und keine menschlichen Kriege mehr gibt? Fragt der Fels nach der Ethik? Fragt die Eiche nach ‚Gut und Böse‘?

Lebt dann nicht einfach nur noch alles vor sich hin, von Moment zu Moment, von Hunger über Sattheit zu Hunger, von gejagt werden und sterben zu jagen und töten – von Aufzucht über Vertreibung, im immer gleichen stoischen Gehorchen?

Roma überlegt: Was nur ist es, was die Menschen so selbstzerstörerisch sein lässt? Woher die Sehnsucht nach Auslöschung der Menschheit – vielleicht nach einem nuklearen Holocaust? Vielleicht nach einer Dezimierung der acht Milliarden auf die Hälfte? Weil wir dann wieder freier atmen könnten? Weil wir dann nicht mehr so viele Hungernde ernähren müssten? Weil wir bei weniger Menschen mehr Raum hätten? Sind wir ein Volk ohne Raum?

Und wer sind die, die zu viel sind? Die Afrikaner, die Moslems, die Chinesen, die Armen, die Faulen, die Dummen, die Depressiven, die Alten und andere unnütze Fresser?

Ist es der Kapitalismus mit seiner kaufmännischen Rechnung, der uns alles nur noch durch die Brille des Profits sehen lässt? Ist es die Angst vor der eigenen Verarmung, die zu der Sehnsucht führt, Rentner würden früher sterben und Flüchtlinge zurück ins Meer gestoßen?

Nein, denkt Roma, es ist die Zeitqualität, und das Märchen, das Narrativ um diese Zeitqualität ist nebensächlich. Es geht um die Vernichtung der Menschheit, um die Müdigkeit der Seelen, die anscheinend nicht mehr hier inkarnieren mögen. Vielleicht geht es um Langeweile, weil das Leben so bequem geworden ist. Ob die Menschen in ärmsten Ländern und Kulturen auch so depressiv und vernichtungswillig sind?

Roma akzeptiert die Sinnlosigkeit, die große Depression, die Lähmung und Todessehnsucht. Vielleicht muss es einfach sein, dass unsere Seelen erkennen, wie sehr sich die Geschichten auf der Erde wiederholen. Vielleicht ist ihnen tatsächlich langweilig geworden auf diesem wunderschönen Planeten. Roma lächelt bei dem Gedanken an einen sich selbst überlassenen Planeten Erde. Sie lächelt bei dem Gedanken daran, dass sich die Menschen, die Fahrzeuge der Seelen, die Klippen hinunterstürzen wie Lemminge. Alles ist gut.

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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