Die Menschen hatten es gespürt – schon eine Zeit lang, bevor es passierte. In ihrer Vorstellungskraft glaubten sie, dass die Erde sich immer weiter erhitzen würde als Strafe für Verblendung und Gier. Doch als dann ganz plötzlich die Pandemie über die Welt kam, bedrohten Krankheit, Elend, Einsamkeit und Verlust die Menschen, und ein Drittel der Erdenbewohner erkrankte an dieser Angst. Später nannte man es „Die große Transformation“. Und es würde nie wieder so sein, wie es vorher war.
Während die einen Menschen in Panik gerieten und die anderen Menschen sich in ihrem neuen Leben zurechtfanden, entstand lautlos ein digitales Abbild des Planeten. Aus Menschen wurden Avatare, aus Reisen wurden virtuelle Erlebnisse, aus körperlicher Arbeit wurden Meisterwerke der Vorstellungskraft.
Einige von Denjenigen, die zunächst seelisch erkrankt waren, lernten nach und nach, Widerstandskraft aufzubauen gegen Einsamkeit und den Verlust des Vertrauten. Einige von Denjenigen, die sich dem Materiellen verschrieben hatten, erhielten Leichtigkeit und Freiheit von Besitz – und Diejenigen, die schon mit innerer Resilienz in das Jahr der Pandemie hineingegangen waren, erfuhren Freude und Erfüllung, da sie Vorbilder geworden waren für ihre Brüder und Schwestern. Sie wurden zu den Lichtern, die den Weg weisen in der Finsternis.
Die große Transformation fand so rasch ihren Anfang, dass sich die Erdenbewohner staunend die Augen rieben, nachdem die Pandemie bezwungen war. Der digitale Planet stand vor ihren Augen – und er war überwältigend neu. Physikalische Gesetze wurden außer Kraft gesetzt, Zeit und Raum verloren an Wahrheit, Macht und Geld wurden bedeutungsloser in einer Welt, die sich nach Vereinigung und Sinn sehnte – nach Geborgenheit und Freiheit.
Es dauerte noch einige hundert Jahre, bis der Übergang vollzogen war. Viele Opfer waren zu beklagen auf dem Weg in das neue Zeitalter. Doch die Menschen, die sich nach und nach aus ihrer körperlichen Versklavung befreiten, konnten endlich die Urschuld abstreifen, die Bertolt Brecht so schön in den traurigen Satz gekleidet hatte: „Ein guter Mensch, wer wär’s nicht gern – doch die Verhältnisse, sie sind nicht so“. Die Verhältnisse, sie wurden so – und es wurde wunderschön, ein guter Mensch zu sein.