Bin ich toxisch? Ist es schlimm, toxisch zu sein?

Ist es wirklich so bedrohlich, als toxisch bezeichnet zu werden? Immerhin gibt es bei uns keine Möglichkeit, toxisch deklarierte Menschen zu foltern, zu töten, wegzusperren oder auf anderem Weg aus der Gesellschaft auszustoßen. Toxisch zu sein, bedeutet im Grunde genommen vor allem eins: Man ist nicht so, wie andere einen gern hätten.

  • Leidet ein/e als toxisch deklarierte/r Chef/in unter dieser Bezeichnung?
  • Sind Mütter oder Väter, die von ihren erwachsenen Kindern als toxisch eingestuft werden, unglücklich deswegen?
  • Fühlen sich der oder die Ex bedroht davon, wenn der oder die Ex überall erzählen, man wäre toxisch?

Menschen bezeichnen Menschen als toxisch, wenn sie diese als mächtiger, erfolgreicher, unabhängiger, gleichgültig ihnen selbst gegenüber wahrnehmen. „Meine Mama liebt mich nicht genug“  „Meinem Chef ist es egal, wie es mir geht“ „Meinem Partner/ meiner Partnerin war es gleichgültig, wenn ich leide“.

Bild von un-perfekt auf Pixabay 

Wenn ich zu den als toxisch Deklarierten gehöre, gibt es zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren:

  1. Die Anklage trifft mich hart. Nie habe ich etwas Böses gewollt. Ich bin voller Mitgefühl, dass meine Persönlichkeit und mein Verhalten bei dem Menschen, der von meiner Liebe und Fürsorge abhängig war oder ist, zu so viel Leid führt, dass er oder sie mich als Gift erlebt – als eine zerstörerische Substanz, die krank macht und schwächt. Ich werde alles tun, um nicht mehr giftig zu wirken, sondern wohltuend und stärkend. Sollte das nicht möglich sein, werde ich mich von diesem Menschen zurückziehen, um ihm nicht länger zu schaden.
  2. Das Urteil ist mir gleichgültig. Vielleicht schmeichelt es mir sogar. Toxisch ist man schließlich nur, wenn man der/die Überlegene ist. Ich kann den Menschen, der mich als toxisch bezeichnet, nicht wirklich ernst nehmen. Vielleicht sinkt er sogar in meiner Achtung, weil er so schwach ist, dass er anderen die Schuld an seinem Leid gibt. Ich sehe zu, dass ich diesem Menschen so wenig wie möglich begegne.

Toxizität ist etwas, was Menschen schon immer gegenüber Menschen empfunden haben, von denen sie sich bedroht fühlen. Die Hexenverfolgung ist ein plakativ deutliches Beispiel dafür. Die Angst vor der geheimen Macht der unabhängigen Frau kann nur ausgemerzt werden, wenn man sie vernichtet. Von der brutalen Verfolgung und Vernichtung des jüdischen Volks ganz zu schweigen. Unglaublich, was seit zweitausendfünfhundert Jahren im Namen des „gerechten“ Hasses Kindern, Alten, Frauen und Männern angetan wurde und weiterhin wird.

Kurz und gut, solange es keine Pogrome gibt, die toxisch Bezeichnete verjagen, vernichten, foltern können (so wie es mit Intellektuellen im kommunistischen China geschah), kann man in Ruhe entscheiden, ob man Mitgefühl für die Wütenden empfindet – oder sich einfach von ihnen fern hält.

Im Netz erleben sehr viele Menschen Hass. Verhöhnung, Bedrohung, Rufschädigung… dahinter stehen häufig Menschen, die sich in einer toxischen Umgebung gefangen fühlen und verzweifelt versuchen, dem Einhalt zu gebieten. Aus der Geschichte wissen wir, wie gefährlich so eine Stimmung werden kann. Wie Schiller in der Glocke treffend formulierte:

Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte Der Feuerzunder still gehäuft, Das Volk, zerreißend seine Kette, Zur Eigenhilfe schrecklich greift! Da zerret an der Glocken Strängen Der Aufruhr, daß sie heulend schallt Und, nur geweiht zu Friedensklängen, Die Losung anstimmt zur Gewalt.
Schiller, F., Aus: Das Lied von der Glocke, 1799

Falls es jemals zu einer Kulturrevolution kommen sollte, die bestimmte Gruppierungen aus der Gesellschaft ausmerzt, hilft sowieso nicht viel. Dann ist es eben so. Also lasst Euch nicht innerlich erpressen durch Bezeichnungen wie „toxisch“.

Mir tun die Menschen, die andere als „toxisch“ – also giftig und gefährlich – bezeichnen, aus ganzem Herzen leid. Kränkungen, Demütigungen und Liebesverweigerungen können tatsächlich wie ein schleichendes Gift wirken, können zu Hass führen und Vernichtungswünschen. Darum mein Appell an alle, die schon einmal als toxisch bezeichnet wurden: Seid wie der gutmütige Elefant im Witz:

Ein Elefant tritt aus Versehen in einen Ameisenhaufen. Sofort stürmen alle Ameisen auf den Elefanten hinauf, um den Elefanten anzugreifen und zu vertreiben. Der Elefant schüttelt sich kurz – alle Ameisen fallen herunter. Nur eine Ameise kann sich am Hals des Elefanten festklammern. Daraufhin rufen die Ameisen von unten:
„Hugo, würg‘ ihn, Hugo, würg ihn…“

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert