Migranten spüren die Folgen der Wirtschaftskrise und den Wegfall der Industrie-Arbeitsplätze in Deutschland besonders deutlich. Es wird immer schwieriger, eine existenzsichernde Anstellung zu finden. Darum wagen immer mehr Ausländer den Sprung in die Selbständigkeit.Wie das Magazin Focus berichtet, haben sich allein im Jahr 2005 rund zwölf Prozent aller in Deutschland lebender Ausländer selbständig gemacht -fast doppelt so viel wie zu Beginn der 90er Jahre.
2007 waren 135.000 Gewerbeanmeldungen -jede fünfte deutschlandweit(!)- von Einwohnern ohne deutschen Pass. Das teilte das Leibniz-Institut für Länderkunde in einem am Dienstag veröffentlichten Vergleich der Gewerbeanzeigenstatistiken mit. Das Institut geht davon aus, dass dieser Trend bis heute anhält.
Seit 2004 sind auch für Nicht-EU-Staatsbürger die Einschränkungen zur Gewerbeanmeldung deutlich gesunken. Mit dem neuen Zuwanderungsgesetz wurden ihnen mehr Möglichkeiten zur beruflichen Entfaltung zugesprochen. Die Geografin Elena Sommer von der Universität Bremen kommentiert die Ergebnisse gegenüber dem Focus: „Viele Migranten waren gezwungen, selbstständig zu werden, um überhaupt arbeiten zu können.“
Bei den selbständigen Ausländern liegt der Frauenanteil bei beeindruckenden 29 Prozent. Dabei gründen Frauen anders: weibliche Existenzgründer wählen meist den Dienstleistungssektor und Einzelhandel. Männer bevorzugen das Baugewerbe und den Autohandel. Unterschiede bei den Nationalitäten sind auch deutlich: Vietnamesen und Türken gründen auffallend häufig in der Gastronomie, Osteuropäer im Baugewerbe.
Migranten, die schon länger in Deutschland leben, nutzen die Möglichkeit, auch anspruchsvolle Unternehmen auf den Weg zu bringen. Forscherin Felicitas Hillmann von der Universität Bremen: „Bemerkenswert ist die wachsende Zahl von Personen mit Migrationshintergrund, die sich in den verschiedensten Berufen, unter anderem im Großhandel, im Versicherungswesen, auch im Kulturbereich, als Selbstständige etabliert haben.“
Am höchsten ist die Quote an Unternehmensgründungen mit Migrationshintergrund in westdeutschen Großstädten. In Frankfurt am Main bilden ausländische Gewerbegründungen sogar schon die Mehrheit. Dass die Anzahl so exorbitant in die Höhe geschnellt ist, ist vor allem gründenden Osteuropäern zu verdanken. Im Osten Deutschlands hingegen liegt der Anteil von Gründungen von Migranten bei unter drei Prozent – weit unter den westdeutschen Bundesländern. Nur im Grenzgebiet zu Polen ist es anders. Allein in Görlitz entfielen 2007 mehr als die Hälfte aller Gewerbeanmeldungen an ausländische Existenzgründer.