Seit Jahren wird in der Medienwissenschaft die Ansicht vertreten, dass Webnutzer in ihrer „Filterblase“ durch die Vorfilterung von Algorithmen regelrecht isoliert werden. Die Theorie geht davon aus, dass Facebook, Google, Instagram und Co dem Web- und Social Media Nutzer personalisierte Ergebnisse zeigen, die seinen/ihren Interessen entsprechen. Dadurch würde eine intellektuelle Verarmung eintreten. Nun haben Forscher der Universität Hohenheim und dem Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Köln herausgefunden, dass Nutzer von Facebook und Google sogar ein weiteres Spektrum an Informationen angezeigt bekommen als Menschen, die sich auf traditionelle Medien fokussieren.
Die Studie: 5.000 Computer und Smartphones wurden analysiert
Rund 5.000 freiwillige Probanden hatten den Forschern die Erlaubnis gegeben, ihre Computer und
Smartphones über eine Tracking-Software zu analysieren. So konnte über längere Zeiträume errechnet werden, wie häufig und wie viele Nachrichten den Nutzer erreichen – und ob diese Nachrichten auch außerhalb der gewohnten Neigungen und Interessen stammen.
Dabei wurde überraschenderweise festgestellt, dass trotz der algorithmischen Filter die Probanden an Tagen, an denen sie viel bei Google, Facebook und Twitter unterwegs waren, die Informationsbreite anstieg. Ungeplante News und Informationen konnten gefunden werden. Fremde Quellen wurden zum Beispiel über Netzwerkkontakte entdeckt. Diese Tendenz war unabhängig davon, ob ein Studienteilnehmer häufig Online-Nachrichten konsumiert oder eher selten.
Überwindet man mit Social Media und Suchmaschinen Mauern?
Nun schließen die Forscher aus den Ergebnissen, dass die Theorie der isolierenden und intellektuell verarmenden Filterblase nicht gehalten werden kann. ´Während traditionelle Medien es den Nutzern viel leichter machen, Nachrichten auszuwählen (etwa weil man in der Print-Tageszeitung gezielt Artikel auswählt) wird man im Web immer wieder von neigungsfremden News und Quellen überrascht. Durch Freunde oder auch E-Mails erweitert sich das Spektrum des bisher Vertrauten.
Prof. Dr. Michael Scharkow von der JGU folgert sogar aus den Ergebnissen, dass soziale Medien und Suchmaschinen dazu beitragen, dass gesellschaftliche Mauern überwunden werden könnten.
Quelle: heise.de vom 29. Januar 2020