Männergrippe: Die Angst vor Kontrollverlust?

Ist doch merkwürdig: Frauen sind viel häufiger krankgeschrieben als Männer, auch wird bei Frauen etwa doppelt so häufig die Diagnose eines seelischen Leidens gestellt als bei Männern. Suizide werden jedoch zu 75 Prozent von Männern begangen. Außerdem sterben Männer im Schnitt fünf Jahre eher als Frauen. Ist also das Urteil, dass Männer weniger aushalten können als die gebärfähigen Frauen, ein Vorurteil? Ist das verächtlich hingeworfene „Männergrippe“ ungerecht? Oder passen gerade diese offensichtlichen Widersprüche sehr gut zusammen?

Kontrollverlust

In Deutschland existieren das Sterberegister bzw. die Sterbetafel schon seit 1871/1881. Damals betrug die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt für Männer 35,6 Jahre und für Frauen 38,5 Jahre. Selbst damals, als so viele Frauen bei Geburten und im Wochenbett starben, hatten sie eine längere Lebenserwartung als Männer. Da die Lebenserwartung geschätzt wurde, ist es unwahrscheinlich, dass der Soldatentod in einem Krieg mit in die Berechnung eingeflossen ist.

Bild von Alexandra_Koch auf Pixabay 

Es kann gut sein, dass Frauen zäher sind und Männer leichter aufgeben. Das kann ich nicht beurteilen. Ich frage mich nur, ob es sein kann, dass die Angst vor Krankheit, Schwäche und Siechtum bei Männern stärker ausgeprägt ist, gerade weil sie immer stark sein müssen. Historisch gesehen ist wohl unbestritten, dass Männer in Familie und Gesellschaft über sehr lange Zeit mehr Macht, Vermögen und Einfluss hatten als Frauen. Ist Macht auch eine Bürde?

Auf die Idee kam ich gemeinsam mit einer spannenden Gesprächspartnerin, die viel Erfahrungen hat mit mächtigen Männern aus Wirtschaft und anderen Eliten. Das, was diese Männer nicht zulassen können, ist Kontrollverlust. Da ist es wie im Wolfsrudel. Sobald man Schwäche zeigt, das Leistungsvermögen nachlässt und die Kampfkraft ermüdet, gerät man in existenziell bedrohliche Situationen. Kein Wunder, dass ältere Honoratioren so gern öffentlich ihren Frauen danken dafür, dass sie ihnen stets „den Rücken freigehalten haben“. Wenn die Kraft nachlässt, wird diese Unterstützung immer wichtiger. Ist man allein, schwindet die Achtung der Jüngeren vor dem betagten Leitwolf

Männergrippe

Ja, es stimmt, dass Männer erstaunlich leiden, wenn sie krank sind. Viele hartgesottene Führungspersönlichkeiten verwandeln sich in hilflose Kinder, wenn sie etwa vor einer Operation stehen. So mancher ist schon aus dem Krankenhaus geflohen, aus Angst vor der OP. Kontrollverlust bedeutet, nicht mehr handlungsfähig zu sein. Die Rolle der „hingebungsvollen Frau“ erlaubt es viel eher, Schwäche, Krankheit und Unterlegenheit zuzulassen. Darum fällt es Frauen vielleicht leichter, sich krankschreiben zu lassen und sich aktiv und selbstbewusst mit ihrem Leiden auseinanderzusetzen.

Ich habe den Eindruck, dass in unserer technisierten Welt immer mehr junge Männer gar keine Lust mehr haben auf die Rolle des autoritären Anführers. Das kann ich sehr gut verstehen und ich gönne ihnen diesen Rollenbild-Wechsel von Herzen.

Zum Glück gibt es auch immer mehr Frauen, die keine Lust haben, von einem Mann finanziell abhängig zu sein und ihm zu gehorchen. Der Körper und das handwerkliche Können eines Wikingers? Sehr gern! Die Lebenshaltung eines Machos (heute sagt man wohl „Narzissten“), der auf Frauen herabschaut? Auf keinen Fall.

Vielleicht steigt dann endlich auch die Lebenserwartung von Männern. Krank sein dürfen, schwach sein dürfen, seelische Not zugeben dürfen, Kontrolle aufgeben – das könnte ein Schlüssel sein zu einem langen Leben in Hingabe und Liebe. Es sei den Männern von Herzen gegönnt: „Habt Mut zum Kontrollverlust!“

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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