Neuromarketing-Speaker Uli Funke in Dortmund: 11 Millionen Bits gegen 40 Bits – haben wir überhaupt eine Chance?

Die Dortmunder Kreativ- und Digitalagentur ORÖ hatte am 30. Oktober 2019 ihr neues jährliches Veranstaltungsformat „ORÖ Touchpoint Meeting“ mit dem Neuromarketing-Keynote-Speaker Uli Funke eröffnet. Als Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media war ich sehr beeindruckt von den Inhalten und didaktischen Fähigkeiten des Vortragenden. Unbedingte Empfehlung und ein großes Dankeschön an ORÖ! Nun aber zu dem, was mich seither umtreibt: Ist wirklich Meditation das Mittel der Wahl, um den unzähligen Werbe-Botschaften – die ja vordringlich auf unser Unbewusstes abzielen – etwas Wirkungsvolles entgegenzusetzen, also um Bewusstheit und Achtsamkeit zu trainieren?

11 Millionen Bits gegen 40…

Pro Sekunde verarbeiten wir 11 Millionen Bits (heißt einzelne Informationen) mit den unbewussten Teilen unseres Gehirns. Nur 40 Bits pro Sekunde werden bewusst verarbeitet. Dank der Transparenz des Individuums, die durch die digitalen Errungenschaften real geworden ist, prasseln nicht nur unzählige manipulierende Werbebotschaften auf jeden von uns ein – sondern diese sind auch immer feiner auf uns und unsere Persönlichkeit abgestimmt!

Es ist nur eine Frage der Zeit und der Perfektionierung der Algorithmen, wie sehr sich diese Ansprache unserer Emotionen und Wertesysteme weiter nach oben schraubt. Ich erwarte eine Art „Overkill“ dabei. Brechen wir durchanalysierten Konsumenten und Wähler unter der Last der Schmeicheleien, Warnungen und Umwerbungen irgendwann zusammen?

Der Manipulation entkommen?

Die Lösung kann wohl nur sein, dass sich das Individuum (gleichgültig ob im Beruf oder Privatleben) darauf trainiert, immer mehr unbewusste somatische Reaktionen zu identifizieren und mit Bewusstheit anzureichern. Wir müssen wohl lernen, unsere Emotionen und Motivationen als das zu erkennen, was sie sind: Primitive Überlebensstrategien des Amphibiengehirns und limbischen Systems: Flucht, Angriff, Fressen, Fortpflanzung, Bindung, Sicherheit, Neugierde… Nix Sprache, nix Vernunft, nix rational zugänglich, da der Sprache nicht mächtig.

Sind Schwangere Täter?

Uli Funke erklärte, dass schon der Fötus im Mutterleib ab dem 4. Monat seine emotionalen Bewertungsmuster füllt: Mutter findet dies da lusterfüllend, das da bedrohlich, dieses angenehm, jenes stressig, dieses wird mit Belohnungserwartung (Dopamin) angegangen – jenes mit Flucht oder Angriff (Adrenalin/ Noradrenalin) beantwortet. Der ausgelieferte Fötus entwickelt demnach seine Persönlichkeit bis zur Geburt dadurch, wie seine Mutter Sekunde für Sekunde drauf ist.

Was für ein Alptraum für Mutter wie Kind! Bei diesen Worten dachte ich gleich an „Report der Magd“ und an die Sklaverei der Mütter, deren Hauptaufgabe darin besteht, brave Zuchtstuten zu sein. Aber das ist ein eigenes Thema – für mich als Mutter von vier erwachsenen Kindern nur eben ein absolut emotionaler Trigger. Muss man jetzt auch schon in der Schwangerschaft perfekt sein, um das perfekte Kind zu gebären????

Raus aus dem Hamsterrad der konditionierten Ratten

OK, wir müssen wohl alle damit leben – Täter wie Opfer. Doch was nun können wir dagegen tun, dass wir wie konditionierte Ratten auf bestimmte emotionale Knöpfe anhand unserer fremdgesteuerten Wertesysteme reagieren? Freiheit: Haben wollen! Eigenes Heim: Cool, bringt Sicherheit! Luxus: Yeah, Rolle im sozialen System wird bedeutender…. Sex: Naja, Sex eben 😉 Leistung: Belohnung für erwünschtes Verhalten von Mächtigen…

Ausweg Meditation

Uli Funke empfiehlt ganz eindeutig Meditation, um Stück für Stück dem primitiven emotionalen Wertesystem etwas Wirkungsvolles entgegenzusetzen. In der Meditation trainiert sich der Mensch darin, die Gedanken und bewertenden Emotionen als das zu identifizieren, was sie sind: Blabla und fremdgesteuerte Trugwahrnehmungen. Die 40 BIT’s Bewusstsein werden verstärkt und gefördert  die 11 Millionen BIT’s werden nicht mehr so ernst genommen. Der Mensch verliert zunehmend seine Affinität zu seiner Dummheit.

Ich will aber nicht meditieren!

Ich habe es ernsthaft versucht, doch ich finde Meditation langweilig. Als Sanguiniker passt es nicht zu mir. Yoga, Tai Chi und all diese asiatischen Achtsamkeits-Techniken machen mich nervös – ich will was tun! Als Melancholiker brauche ich die lustvolle Oxytocin-Hormonausschüttung, die mir immer wieder durch Beziehungen mit Menschen beweist: „Alles ist gut, sinnvoll, der Vision von Mitgefühl und Respekt geweiht. Wir können es schaffen, einen intelligenten Planeten aus menschlichem Geist zu schaffen! Die Dummheit wird aussterben und wir werden ALLE bewusst!“

Ich will Beziehungen!

Mein Weg ist der Weg der Synchronizitäten. Ich weiß, dass auch die Antennen für diese Alltagswunder durch Meditation geschärft werden können, doch ich bevorzuge ein „Mehr“ an Beziehungen und Begegnungen mit Menschen, um mich zu trainieren in meiner Fähigkeit zu Inspiration, Imagination, Intuition. Vielleicht fang ich an zu meditieren, wenn ich alt bin und nicht mehr arbeite – mal sehen.

Fitnessstudio des Bewusstseins

Mein Appell an alle ist: Seid Euch darüber bewusst, wie fremdgesteuert und primitiv Ihr somatisch (körperlich) reagiert, wenn Ihr von Botschaften heimgesucht werdet. Egal ob Euer/Eure Partner/In Euch manipulieren will, Eure Kinder, Eure Eltern… Ob Euer Betrieb das Letzte aus Euch herausholen will durch belohnungserwartende Dopaminanreize oder ob Parteien oder Marken Euch genau da kitzeln, wo Ihr wie konditionierte Ratten empfänglich sein: Setzt auf Euer Bewusstsein und hinterfragt alles.

Lernt digitale Kompetenz und glaubt gar nichts, was Ihr nicht mit Eurem Bewusstsein geprüft habt. Seid kühl und bleibt kühl und lasst Euch nicht verführen von Euren heißen emotionalen Auswürfen! Schreibt, lest, geht in den Disput mit guten Menschen, macht Yoga und meditiert. Ich freu mich schon auf den Tag, an dem ich die Dümmste unter der Sonne bin, weil ich zu faul war zu meditieren. Dann habt Mitleid mit mir und gebt mir mein Gnadenbrot. Von Bewussten und somit Freundlichen nehme ich es gern an. Danke <3

Und hier könnt Ihr bei diesem fantastischen Werbespot Eure eigenen primitiven Wertesysteme analysieren. Mercedes hat es meisterlich umgesetzt (Danke an Uli Funke für das tolle Beispiel – So geht Neuromarketing in der Werbung!). Na? Wo seid Ihr berührbar bei diesen wilden widersprechenden Botschaften für alle, die Geld haben, einen Mercedes zu kaufen?

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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