Sich drücken vor lästigen Arbeiten – Mit Scham, Schuld, Versagen?

Für den Einen ist der „Schreibkram“, für den Anderen das putzen. Es gibt Aufgaben die wir lieben, und Aufgaben, die wir verabscheuen. Aus der Abscheu wird dann häufig ein Vermeidungsverhalten, das uns vor Konsequenzen stellt: Ärger in der Ausbildung und im Beruf, Schuld und Scham, Versagen. Ich will einmal ganz offen und ungeschminkt von meiner eigenen Abscheu gegen bestimmte Tätigkeiten erzählen – und erzählen, welche Neubewertung dazu ich gerade vornehme…

Bild von Gerhard G. auf Pixabay 

Evas Leidenschaften: Schreiben, reden, lauschen, spazieren gehen

Ich liebe es, mit meinen Händchen auf der Tastatur herum zu tippen. Ich liebe das Gefühl, kreativ, intelligent, einfühlsam und regelrecht prophetisch auf die Welt um mich herum einzuwirken. Auch liebe ich es, gute Gespräche zu führen, spazieren zu gehen, mich zu entspannen, Worten zu lauschen, die mich füttern und inspirieren.

Evas Widerwillen: Putzen, Hausarbeit, Gehorchen

Was ich hingegen nie mochte, waren alle Arbeiten, die mit körperlicher Anstrengung, Pflege und Reinigung zu tun hatten. Ich habe mich als Kind extrem gern bewegt, habe geturnt, meine Geschwindigkeit erhöht durch Fahrrad und Rollschuhe, habe mein Zimmer verwandelt und den ganzen Tag getanzt. Allerdings immer nur freiwillig – sobald ich in einem Verein war, war der Spaß vorbei und mein Widerwillen forderte sein Recht.

Disziplin – oder „Aus Schaden wird man klug“

Schmerzhaft musste ich lernen, dass mein Widerwillen (den ich ja schon gern mag als Teil von mir) böse Konsequenzen nach sich zog. Zunächst waren es schlechte Lern- und Prüfungsergebnisse durch meine Abneigung gegen Befehle – später unzureichende Leistungen als Mutter und Hausfrau. Versagen, Schuld und Scham haben mich dazu gebracht, Disziplin zu lernen. Heute bin ich einigermaßen zufrieden mit mir. Am meisten gebracht hat mir der Satz der Schauspielerin Ingrid Bergmann, mit dem sie ihre Tochter erzog: „Verlasse nie ein Zimmer mit leeren Händen“. Sprich: Mache alles sofort und schiebe nichts auf. Das befolge ich eisern, und das bewahrt mich vor Schaden. Aber auch heute noch gibt es Tätigkeiten, die ich aufschiebe, aufschiebe, aufschiebe – und die haben immer etwas mit Putzen zu tun 🙂

Mein neuer Anspruch: Widerwillige Tätigkeiten lieben lernen!

Nun will ich noch eine neue Stufe erklimmen im Hamsterrad des Lebens: Ich will lernen, diese Arbeiten zu lieben! Meine Schwiegertochter zum Beispiel pflegt ihr Auto mit begeisterter Leidenschaft. Und es ist wahrhaftig nicht so, als hätte sie zu viel Zeit! Sie ist in Vollzeit berufstätig, hat zwei Kinder und zwei Haustiere – und doch schafft sie es, nicht nur dieses Auto, sondern auch ihren Haushalt, ihre Familie und sich selbst mit Power, Können und Liebe regelrecht zu tunen, aufzumotzen, zu pimpen… Ich bewundere sie dafür.

Wie also kann ich lernen, die Arbeiten, die ich bisher als lästig und als Verstoß gegen meine Natur bewertet habe, zu lieben? Nun, zunächst möchte ich meinen Widerwillen in mein Bewusstsein bringen: Wer bin ich?

Bild von Carmen Janosch auf Pixabay

Evas Geschichte

Mag es aus der Kindheit kommen, mag es aus einem früheren Leben kommen – ich lebe wie ein Adelsfräulein, das immer Bedienstete hatte und alles im Leben freiwillig tut. Kein Wunder, dass es mich bei Filmen aus der Zeit des Sonnenkönigs gruselt – schon mein Ex-Mann meinte, ich hätte sicher damals in Versailles gelebt…

Was also mache ich mit diesem verwöhnten, gemütlichen, ältlichen Adelsfräulein, das heute nach der französischen Revolution als normal Bürgerliche lebt und gelernt hat, durch ihre Arbeit gut zu leben und zufrieden mit sich zu sein? Ich lasse ihr ihre Macken! Es ist ok, dass sie so ist!

Eigentlich finde ich es sogar lustig, diese Geschichte um mich herum zu spinnen. Es ist wie im Märchen: Die verwöhnte Prinzessin muss Nacht für Nacht bei einem Soldaten niedere Dienste tun und ist morgens in ihrem Schlossbett immer total müde.

Auto waschen…

Ich weiß, ich bin unbeholfen und total ungeduldig beim Auto waschen. Während meine Schwiegertochter sehr genau und mit Liebe zum Detail auch kleinste Fehler ausbessert im Lack, an den Felgen und wo auch immer, wischt das Adelsfräulein einmal drüber und sagt „Fertig!“ Ich kann zwar nie nie an ihre handwerklichen Fähigkeiten herankommen, aber immerhin kann ich durch meine Bewunderung dahin kommen, zur Disziplin etwas Neues hinzuzufügen: Anerkennung.

Ich werde einfach für meine lästigen Aufgaben Pläne entwerfen. Sehr genaue Pläne, in denen ich jeden Schritt genau aufzeichne. Aufzeichnen macht mir ja Spaß. Ich werde mir beim Auto waschen die Zeit versüßen, indem ich bei der Arbeit Podcasts höre oder anderen Input, der mich interessiert. Ich werde mich immer innerlich spüren als das aus der Zeit gesprungene Adelsfräulein, dass nun mal so ist wie es ist. Verwöhnt und gemütlich, aber verdammt nett. Ich muss nicht perfekt sein. Es ist ok. Oder ich finde jemanden, der für mich mein Auto wäscht gegen Bezahlung. Das wäre das Beste. Das wäre mein Traum…

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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