Als Kind war ich extrem schüchtern. Heute würde man es womöglich als frühkindliche Angststörung bezeichnen. Da ich nicht vor anderen Menschen weinen wollte, blieb mir als Panikreaktion nur, mich „tot zu stellen“. Kindergarten, Schule – es war ein einziger Albtraum – doch irgendwie überlebte ich da draußen. Als dann in der Pubertät mein Intellekt erwachte und meine Seele zu beschützen begann, entwickelte ich Strategien, um mich zu behaupten. Diese Strategien möchte ich Euch nun vorstellen:
Strategien gegen Ohnmacht und Unterlegenheit
Durchdenke Deine Lage analytisch – schreib!
Schreibe Tagebuch. Versuche, die Ursachen, Symptome und Abläufe zu ergründen, als handle es sich um eine Naturwissenschaft. Unglückliche Liebe, schulisches Versagen, Angst, Schlaflosigkeit, andere Verzweiflungen: Hebe sie aus dem Unterbewusstsein ins Bewusstsein, vertraue Dich Deinem Verstand an wie einem Therapeuten.Sucht gemeinsam nach Lösungen aus der Misere. Schreib!!!!
Akzeptiere, dass das Leben „kein Ponyhof“ ist
Das Leben ist Kampf. Du kannst Dich ergeben und Dich tot stellen, Du kannst Dich dem Aggressor kämpfend entgegenstellen und/oder Du kannst fliehen. Oder Du unterwirft Dich und passt Dich den Regeln derjenigen an, die über Dein Wohl und Wehe entscheiden: Lehrer, Vorgesetzte, Nachbarschaft, Familie…
Entscheide Dich:
Du kannst in der Gruppe/ im System Deinen Platz einnehmen und Deine Rolle bestmöglich zur Zufriedenheit der Gruppe ausfüllen – oder als Ausgestoßener leben – oder als Wanderer zwischen den Welten.
Alles hat seine Vorteile, alles hat seinen Preis
Um herauszubekommen, wie Du am Liebsten leben willst, probiere es tagtäglich aus. Trainiere Mut, trainiere Herausforderungen, gehe in das hinein, was Dir Angst macht. Lerne, Deine Kraft einzuschätzen und lerne, Deine Schwächen genau so zu lieben wie Deine Stärken. All das bist Du, und Du bist großartig, genauso wie Du bist.
Bist Du Riese oder Zwerg?
Wenn Du den Kampf wagst, musst Du stärker sein als die Kraft, die Dich unterwerfen will. Sei realistisch bei der Einschätzung. Überschätze Dich nicht – doch sei auch nicht feige. Wie ein kluger General im Krieg sieh die Lage realistisch. In vielen Konflikten ist Rückzug das Beste. Suche Dir geistige Vorbilder und überlege Dir, was sie tun würden an Deiner Stelle. (Bei mir war es meist Jesus. Unzählige Male habe ich mich bei meinen schriftlichen „Eigentherapien“ gefragt, was Jesus in der Situation tun würde. Aber es kann auch Winnetou sein oder Adenauer oder Steve Jobs, finde DEIN geistiges Vorbild).
Der Mensch macht einen Plan – das Leben passiert
Hänge nicht an Deinen klugen Plänen, Strategien, Lösungen… Der Mensch plant, das Leben passiert. Bleib dehnbar wie eine junge Birke. Starrsinn ist etwas Wunderbares im lang dauernden Kampf – doch in unserer schnelllebigen Welt sind Schnelligkeit und Biegsamkeit meist überlegen.
Warum sich wehren gegen das Wetter? Das Wetter passiert, das Leben passiert, die Welt „da draußen“ passiert. Verkrieche Dich nicht in sentimentalen Rückschauen. Die führen nur zu Lähmung und dem Gefühl der Sinnlosigkeit. Schau HEUTE aus dem Fenster und nimm das Leben wie das Wetter. Verabschiede Dich ein für alle Mal von der Illusion, etwas wäre gerecht oder ungerecht. Oder Du hättest Verdienste durch gute Taten oder Gehorsam erlangt. Soldaten werden eingesetzt und bei Unbrauchbarkeit entlassen. Erwarte nichts vom Wetter. Erwarte nichts an Dank oder Lohn.
Warum ich stets so gern so pessimistisch bin
Ich nehme also das Leben wie das Wetter… Innerlich fühle ich mich wie ein humpelnder, alter Soldat, der schmunzelnd sein Pfeifchen stopft. Das Leben ist gemütlicher geworden, das gefällt mir gut. Ich arbeite zwar gerne und viel – aber nur, weil Freizeit mich langweilt. Ich habe keine Hobbys.
Ich schaue aus dem Fenster und erwarte kein gutes Wetter. Ich nehme es stets so, wie es ist. Ich lebe und arbeite weiterhin so, wie ich es immer tat.
„Denk nicht, Du seist irgendwas Besseres als irgendjemand Anderes auf dieser Welt. Jeder Mensch ist Dein Bruder, jeder Mensch ist Deine Schwester, Ihr seid alle Tröpfchen in einem riesigen Ozean. Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst. Sei gerüstet für das schlimmste Wetter, dass Du Dir ausdenken kannst: Armut, Einsamkeit, Siechtum, Krieg. Verschaffe Dir Sicherheiten, so gut Du es vermagst. Und dann, mit diesem gesunden Pessimismus, freue Dich jeden Tag darüber, wie schön doch der Moment ist, den Du gerade lebst. Mach das Beste daraus aus Dankbarkeit. Dankbarkeit und Liebe seien das ganze Gesetz. Und Fleiß“