In meinen Coachings zur beruflichen Entwicklung, zur Neuorientierung und Gründung, erleben meine Coachees und ich, wie schwierig es sein kann, etwas zu verändern. In der Theorie klingt es immer ganz einfach: Mit dem Chef sprechen, einen neuen Job suchen, sich weiterbilden, eine Business-Strategie umsetzen… Doch in der Umsetzung lauern unzählige Gründe, die gegen die Änderung sprechen. Warum nur ist es so schwierig, selbst kleine Schritte zu tun, um sein „Leben zu ändern“?
Neujahrs-Vorsätze
Wir alle kennen sicher die guten Vorsätze zum Jahresbeginn. Gewicht reduzieren, Sport treiben, mit dem Rauchen aufhören, die Ernährung umstellen, Alkohol reduzieren. Tatsächlich beziehen sich die allermeisten guten Vorsätze mit dem, was zum Munde eingeht – und mit Gesundheit und einem langen Leben.
Berufliche Vorsätze
Berufliche Vorsätze hingegen beruhen darauf, dass ein Mensch mit seiner gesellschaftlichen Rolle unzufrieden ist. Zu wenig Geld, zu wenig Anerkennung, zu wenig Sinn, Stress und Angst durch Mobbing und/oder Druck, Überforderung und Unterforderung.
Das Feuer, das in mir brennt
Ein Coachee von mir, der sich grundlegend in seiner beruflichen und gesellschaftlichen Position verändern will, sagte zu mir „Ich brauche zunächst endlich wieder dieses Feuer, das in mir brennt“. Und genau das ist meine Erfahrung: Wenn ein Mensch – zum Beispiel durch eine innere Lähmung oder Angst – keinen Zugang zu seinem inneren Feuer hat, hat er auch nicht die Kraft, sich aus der Komfortzone zu befreien und zu unbekannten neuen Ufern aufzubrechen.
Motive finden, die das Feuer anblasen
Meine Aufgabe als Coach ist es, zunächst meinen Coachee zu verstehen und ein wenig die Welt aus seinen Augen sehen zu können. Nur wenn wir gemeinsam „schwingen“, kann ich ihm als Scout dienen mit meinem Wissen, meiner Erfahrung, meinen strategischen Talenten. Gemeinsam fahnden wir zunächst nach dem, was das Feuer anfacht, was dem Fünkchen Nahrung gibt.
Motive zum Aufbruch aus der Komfortzone
Die Komfortzone ist nicht etwa die Luxusversion des Lebens – die Komfortzone ist einfach nur das, was vertraut ist, das worin man sich auskennt. Eine vom Ehemann jahrelang misshandelte Frau lebt in ihrer Komfortzone, bis sie ihn verlässt. Ein Lehrer, der von seiner Arbeit völlig zermürbt ist, lebt so lange in seiner Komfortzone, bis er die Kraft findet, etwas Entscheidendes zu ändern. Komfort kann grausam sein, Komfort heißt nichts weiter als „Hier kenne ich mich aus“.
In meinen Coachings fahnden meine Coachees und ich nach dem, was ihnen die Kraft gibt, ihre Komfortzone zu verlassen. Getreu der Maslowschen Bedürfnispyramide untersuchen wir die verschiedenen Ebenen. Warum wollen sie etwas verändern? Was gibt den Antrieb? Ist es ein Mangel, ein Schmerz? Oder ist es eine Sehnsucht, eine Vision? Was gibt genügend Mut und Disziplin, um wirklich das Leben zu verändern? Und so untersuchen wir diese Bedürfnisebenen des Menschen – und ja, auch in unserer Gesellschaft können existenzielle Bedürfnisse die Notwendigkeit für Veränderung geben – zum Beispiel bei einer bedrohlichen körperlichen oder seelischen Erkrankung.
1. Existenzielle Bedürfnisse. Angst zu sterben, Angst um Leib und Leben, Angst vor Einsamkeit, Angst vor dem Tod
2. Liebe. Schutz der Liebsten, Fürsorge, Sehnsucht, man wird gebraucht, man kämpft um seine Liebe. Man kann aus Liebe und Fürsorge „Berge versetzen“
3. Sicherheit. Man will aus der Gefahrenzone heraus in Sicherheit kommen. Ständige Bedrohung, Schmerzen, „Bombeneinschläge des Lebens“ lassen nur noch Platz für eine Sehnsucht: Den sicheren Ort. Bei der Wahl zwischen Selbstaufgabe und Kampf wählt der Selbsterhaltungstrieb Kampf
4. Geld, Macht, Ruhm. Aus der Gewissheit heraus, etwas ganz Besonderes zu sein, findet man die Kraft, es zu beweisen. Man will Einfluss auf die Welt nehmen. Man will die Welt verändern.
5. Anerkennung. In der Familie, im gesellschaftlichen Umfeld, im Freundeskreis, in der Partnerschaft will man ein wertvolles Mitglied sein, will eine anerkannte, geachtete Position einnehmen. Die Sehnsucht nach Achtung und Respekt gibt Kraft und Nahrung
6. Freiheit. Das Gefühl, eingesperrt zu sein, gebunden, unauthentisch, schwach, ausgeliefert gibt die Kraft, auszubrechen. Sehnsucht, sich selbst zu verwirklichen, Sehnsucht nach einem selbst bestimmten Leben
7. Transzendenz. Man ist in der Lage, wirken zu können ohne Grenzen. Das Leben wird wahrgenommen als Geschenk. Egal was passiert, es wird dankbar integriert und verwandelt. Das führt zu einem sorgenfreien Leben ohne Gewalt und Mangel.
Mein eigenes Leben, meine Veränderung
Ich selbst habe in meiner Kindheit und Jugend gelernt, dass etwas Schlimmes nie von allein besser wird – es wird nur immer schlimmer. Still halten und sich unsichtbar machen, reizt die Aggressoren (zum Beispiel Lehrer) nur noch mehr – „wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“. So wurde aus dem völlig verschüchterten kleinen Mädchen gaaaanz langsam eine Frau, die getreu dem Motto lebt: „Love ist, change it or leave it“.
Zur Zeit bin ich sehr zufrieden mit meinem Leben. Mein Beruf gibt mir Erfüllung, ich spüre keinen finanziellen Mangel, ich lerne viel und fühle mich wohl in meiner Haut. Meine derzeitige Komfortzone ist angenehm und beglückend.
Noch vor wenigen Monaten war das anders. Da erlebte ich die mir wohlbekannte Sorge vor finanziellem Absturz. Diese Panik gab mir Intelligenz, Kreativität, Disziplin und Mut, neue Geschäftsfelder zu recherchieren und zu realisieren. Nach siebzehn Jahren Selbstständigkeit weiß ich, dass ich mich auf meine strategischen Potentiale, mein Wissen und meine Fähigkeiten verlassen kann.
„Es geht immer weiter“ ist ein Spruch, den wohl alle Selbstständigen und Unternehmer kennen. Auch Mittelständler mit vollen Auftragsbüchern stehen immer wieder vor dieser Herausforderung, werden zum Beispiel von Investoren unter Druck gesetzt oder von Lieferanten im Stich gelassen. Viele werden unter dem Druck müde, geben auf, verkaufen, setzen sich zur Ruhe. Verständlich.
Love it, change it or leave it
Das Wichtigste, um das eigene Feuer anzufachen, ist die Suche nach Aus-Wegen. Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu informieren, sich inspirieren zu lassen und Hilfe zu bekommen. Unser Selbsterhaltungstrieb und unsere Sehnsucht sind mächtige Kräfte, die uns dabei helfen. Es gibt immer einen Weg – versprochen.