Bin ich ein Narzzist? Und wenn ja, was kann ich tun?

Narzissten sind Menschen, die als Kind erfahren mussten, dass sie von ihren wichtigsten Bezugspersonen nicht bedingungslos geliebt werden konnten. Narzissten haben gelernt, dass es nur einen Menschen gibt, auf den sie sich verlassen können – und das sind sie selbst. Kein Wunder, dass sie die Frage „Bist Du ein Narzisst?“ häufig bejahen. Man sagt ja sogar, dass genau diese Bejahung einen Narzissten diagnostiziert. Denn würden sie die Frage verneinen, wären sie auf der Verliererseite. Vielleicht wird das verständlicher, wenn wir uns die Frage stellen „Bist Du der/die Stärkste im ganzen Land?“. Ein Mensch, der sein Leben lang um Anerkennung und Unangreifbarkeit ringen muss, wird sich (ähnlich wie Schneewittchens Stiefmutter) täglich selbst darin bestätigen müssen, der/die Schönste, Fähigste, Stärkste zu sein. Ich gebe zu, Narzissten haben durchaus meine Sympathie – gerade weil sie so ehrgeizig und verwundbar sind.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay 

Der umgekehrte Narzisst

Ich selbst bin wohl so etwas wie ein umgekehrter Narzisst. Ich hatte eine Mutter, die mich bis zur Selbstaufgabe geliebt hat. Sie war eine zutiefst unglückliche Frau, und ich war das, was sie am Leben erhalten hat. Wie jedes Kind habe ich alles getan, um sie von ihrem Leid zu befreien – doch es ist mir nicht gelungen. Die Folge war, dass ich so etwas wurde wie ein „umgekehrter Narzzist“. Ich habe gelernt, dass ich nur Unglück bringe, wenn mich jemand liebt und braucht. Da, wo der Narzisst Macht empfindet, wenn sich ihm jemand ausliefert, empfinde ich Schuld. Der Narzisst verachtet in sich die Sehnsucht nach Liebe, und dementsprechend verachtet er Menschen, die ihn zu lieben scheinen. Der „umgekehrte Narzisst“ fürchtet Menschen, die ihn lieben und sich ihm ausliefern, denn er weiß, wie schmerzhaft es ist, Schuld zu sein am Leid eines Menschen, der sich in seiner Liebe bedingungslos ausliefert.

Bin ich ein Narzisst?

Es gibt also zwei Pole, die ähnliche Verhaltensmuster schaffen. Auf der einen Seite ist da das verhärtete Kind, das sich gezwungen hat, unberührbar zu werden für die eigene Sehnsucht nach Liebe, Vertrauen und Geborgenheit, und auf der anderen Seite ist da das übergeliebte Kind, das sich vor Hölle und Bestrafung fürchtet, weil es ein Versager ist. Es ist ein Versager darin, die geliebten Eltern zu retten, glücklich zu machen, Schutz zu bieten und Heilung.

Falls Du Dich also fragst, ob Du ein Narzisst bist, frage Dich, wie Deine Eltern zu Dir standen. Haben sie Dich mit Verachtung und Zurückweisung bestraft, wenn Du Schwächen gezeigt hast? Musstest Du über Leistung und Kampfgeist Deinen Überlebenswillen stärken? Wusstest Du schon früh, dass nur Du selbst Dich retten kannst vor Angriffen und Isolation? Oder wurdest Du so sehr geliebt als Kind, dass Du regelrecht der Fixstern warst im Leben Deiner Mutter? Hattest Du das Gefühl, ihr Glück hänge an Deinem seidenen Faden?

Fixstern sein im Leben der Mutter

Gerade heute gibt es viele Kinder, die für ihre Eltern der Mittelpunkt des Lebens sind. In einer Welt, in der traditionelle Gemeinschaften auseinandergebrochen sind, geben die eigenen Kinder häufig Halt, Lebensglück und Trost. Das ist auch ok, doch einfach ist das für die Kinder auch nicht. Bevor Ihr also einen Narzissten verurteilt, überlegt genau, ob Ihr wirklich den ersten Stein werfen wollt. Jedes Leben hat seine Schattenseite, und es ist ein langer Weg bis zu dem Moment, in dem wir uns bedingungslos selbst lieben können.

Tipp: Halte Dich von Narzissten fern

Und doch gebe ich ganz eindeutig den Tipp, sich von Narzissten fern zu halten. Hat ein menschliches Wesen tatsächlich komplett für sich gestrichen, liebeswürdig zu sein, verwandelt es sich in ein gefährliches Raubtier. Ohne Liebesfähigkeit ist der Mensch ein seelisch Amputierter. Das kann einem herzlich leid tun – doch man kann ihn nicht retten, man kann sich nur vor ihm schützen. Retten kann ein Narzisst nur sich selbst. Und das ist sehr schwer. Er braucht Einsicht, Reue, Glauben und ein Fünkchen Liebesfähigkeit – und sei es zu einer Katze.

Ist Eure/ Euer Vorgesetzte ein/e Narzisst/In, wechselt möglichst rasch die Firma. Seid ihr in einer Liebesbeziehung zu einem machtbesessenen Narzissten, macht Schluss. Habt Ihr Elternteile, das selbst als Kind seine Liebesfähigkeit verloren haben, verzeiht ihnen und gedenkt ihrer mit Nachsicht – aber haltet Distanz. Macht Euch unabhängig von ihrem Zugriff.

Für die Heilung ist Vergebung und Versöhnung der erste Schritt

Und seid Ihr selbst betroffen, füttert Euch mit Büchern, Vorträgen und anderen medialen Erzeugnissen, die Euch aufschließen können. Man kann es nicht planen, die eigene Liebesfähigkeit neu zu entdecken – doch man kann viel dafür tun. Holt alles heran, was in Euch Rührung, Demut und Mitgefühl erzeugt. Vielleicht erfahrt Ihr dann irgendwann das Wunder der Vergebung – und dann kann die Arbeit an der Heilung beginnen. Viel Glück und Segen wünsche ich dabei! Ich mag Euch gern, Ihr einsam verbissenen Abgekühlten..
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Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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