Erinnern wir uns noch an die Zeiten, in denen es ausschließlich „analoge Medien“ – sprich darstellbare Zeichen auf nicht digitalen Informationsträgern gab? Vor der Einführung des Internets gab es gedruckte Medien, den Rundfunk mit Radio und Fernsehen, und viele Nebenprodukte an Informationsträgern wie Plakate, Schilder, Fotografien, Filme, Zeichnungen, Gemälde und andere Schrift- und Bild-Medien. Mit der Digitalisierung explodierten Medieninhalte immer weiter.
Heute leben wir in einer Zeit, in der durch die massenweise Produktion, Verbreitung und Auswertung von Medieninhalten die Beurteilung von Wahrhaftigkeit und Authentizität kaum noch möglich ist. Häufig weiß man nicht einmal mehr, ob es Menschen sind, die hinter den Werken stehen – oder ob es Maschinen sind, die den Content produziert haben und die Wirkung dessen gezielt auswerten und nutzen. Doch was ist nun Content in Abgrenzung zu analogen Informationen?
Content
Der Begriff Content (wörtlich Gehalt, Inhalt) entstand im deutschsprachigen Raum Mitte der Neunziger Jahre. Digitale Informationen sind demnach Text-, Bild-, Audio- und Videodateien, die im Internet publiziert werden und die im Unterschied zu analogen Informationen Metadateien beinhalten, die eine Verwaltung des Publizierten ermöglichen.
In erster Linie wurden diese Metadaten genutzt, um den kommerziellen Erfolg des Contents zu messen und zu optimieren. Suchmaschinenoptimierung war das Schlagwort, um Produkte besser an die Zielgruppe zu verkaufen und um Geld über intelligent gestaltete und platzierte Anzeigen zu verdienen. Was im Kleinen begann, ist heute so komplex und allumfassend, dass kaum noch ein Mensch eine Vorstellung davon hat, was im Hintergrund passiert, wenn er oder sie Content konsumiert.
E-Learning
Hinzu kommt im Bildungsbereich die Möglichkeit, E-Learning-Content zu nutzen, um in unserer rasant fortschreitenden Welt Mitarbeiter, Schüler und Studierende zu schulen. E Content kann individuell und zeitunabhängig konsumiert und bearbeitet werden. E-Learning-Content kann permanent weiterentwickelt werden, je nachdem, wie sich die Anforderungen ändern. Im E-Learning gibt es häufig spielerische Elemente, die den Spaß am Lernerfolg fördern.
Durch Interaktionen und die Vernetzung von Studierenden werden Erfahrungen aus der Gaming-Szene genutzt, die pädagogisch und psychologisch ähnliche Effekte erzeugen können. Aber es steigt auch der Druck auf die Lernenden, weil ein „Wegducken“ wie im analogen Bildungssektor nicht möglich ist – das Verhalten des Lernenden wird über Metadaten gemessen und analysiert.
Metadaten
Heute werden Metadaten aus Text-, Bild-, Audio- und Videoinhalten nicht nur genutzt, um kommerzielle Erfolge zu erhöhen, sondern auch, um Menschen in die Irre zu führen durch Fake-Content und gezielte Aktivitäten in sozialen Netzwerken. Manipulationen durch gefälschte Publikationen werden immer schwerer zu entlarven. Menschen werden Worte in den Mund gelegt in Videos, Bilder werden so hervorragend manipuliert, dass selbst Experten nur mit viel Aufwand in der Lage sind, die Fälschungen zu entlarven. Selbst wenn es gelingt: Welcher Medienkonsument erfährt es? Digitaler Content kann jederzeit verändert werden. Selbst in traditionellen Medien ist es zwischenzeitlich gang und gäbe, bereits publizierten Content zu verändern, ohne dies als Aktualisierung anzuzeigen.
Analoge Publikationen
Selbstverständlich haben analoge Publikationen viele Nachteile. Eine gedruckte Zeitung zu abonnieren, bedeutet eine finanzielle Investition, und somit die Festlegung auf einen bestimmten Informationsträger des Vertrauens. Ist das heute noch realistisch? Ziehen wir nicht alle immer wieder alternative Online-Publikationen ergänzend hinzu, um die Berichterstattung auf Vollständigkeit und meinungsbildende Sichtweise zu überprüfen? „Who Wants Yesterday’s Papers“ sangen in den Sechzigern die Rolling Stones. Wie alt ist heute eine Zeitung von gestern, wo sich doch die Ereignisse ständig überschlagen! Wie es in dem Witz so schön heißt:
Sitzen sich im Zug ein älterer Herr und ein Jugendlicher gegenüber. Der ältere Herr liest aufmerksam Zeitung. Als er diese kurz herunternimmt, fragt der Jugendliche grinsend: „Und, was ist gestern so passiert?“
Analoge Publikationen können archiviert und wieder hervorgeholt werden – es steht weiterhin dasselbe da wie bei Veröffentlichung. Geschichte hat einen Namen, einen gedruckten Beweis. Digitaler Content ist flüchtig, biegsam, geht mit der Zeit.
Und doch gibt es einen Vorteil des digitalen Contents, der meiner Auffassung nach nicht zu unterschätzen ist: Man kann darüber reden, kann sich vernetzen, kann gemeinsam etwas schaffen durch Communitys, die in Kombination mit sozialen Netzwerken entstehen.
Selbst wenn wir den analogen Zeiten hinterhertrauern sollten – es nützt nichts. Das Internet geht nicht mehr weg, und Künstliche Intelligenz geht auch nicht mehr weg. Wir werden lernen, mit den digitalen Errungenschaften souverän umzugehen, es dauert nur, bis wir die richtigen Wege gefunden haben. Die digitale Revolution steckt in den Anfängen, und wir sind die noch etwas hilflosen Pioniere der neuen Zeit.