Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht – doch wenn ich merke, dass jemand mich angelogen hat, passiert etwas ganz Grundlegendes: Mein Kopf sagt sich sofort „Ok, verstanden. Nicht vertrauenswürdig. Aussagen sind Worte – haben aber ansonsten keine verlässliche Bedeutung“. Im Internet ist das Urteil noch viel schneller getroffen. Decke ich dort eine „Fake-News“ auf, ist die Quelle für mich erledigt. Schließlich habe ich keine Zeit, jedes Mal erneut zu überprüfen, ob eine Aussage dieser Quelle stimmt oder nicht. Ich rase durch meinen Newsstream, meine Feeds, meine Timeline – was mich einmal enttäuscht hat, wird erbarmungslos entfernt, entfolgt, entliked.
Fake-News auf „unsichtbar“ stellen
Gleichzeitig bemühe ich mich, Fake-News dadurch aktiv zu bekämpfen, dass ich diese auf „unsichtbar“ schalte. Statt einem Gerücht zu widersprechen oder über Dinge zu schimpfen, die ich ethisch ablehne, ignoriere ich das Ganze. Auch das praktiziere ich im Netz konsequenter und unbefangener als im Offline-Leben. Wenn mir etwas ethisch widerstrebt, schalte ich um auf „nicht existent“. Schließlich weiß ich aus zahlreichen wissenschaftlichen Studien, dass ein Gerücht auch dann stärker wird, wenn man es verneint. „Es stimmt NICHT, dass Frauen Führung brauchen“ hat fast die gleiche Wirkung wie „Es stimmt, dass Frauen Führung brauchen“. Also einfach ignorieren und sich nicht auf solche Diskussionen einlassen.
Der schlimmste Feind der Wahrheit ist der Gewöhnungseffekt
Passend dazu lese ich in der ZEIT, dass selbst die absurdesten Gerüchte und Fake-News durch ständige Wiederholung immer stärker werden und erfolgreicher werden. Der Gewöhnungseffekt führt dazu, dass die Menschen die Behauptung in sich integrieren und schließlich als Wahrheit akzeptieren. So war es ja auch im Dritten Reich: Klang es anfangs noch absurd zu hören, Juden wären skrupellose Kriminelle, führten die ständigen Wiederholungen und Story-Varianten dazu, dass das Volk die Behauptung schließlich integrierte und keinen Widerstand empfand, wenn das alte Schneiderehepaar aus der Nachbarschaft im Lastwagen abgeholt wurde, zusammengepfercht mit anderen Gestalten, die ebenfalls gelbe Sterne trugen.
Zeitonline vom 27.9.17: Wie stoppt man Fake-News?
Ich wünsche mir, dass wir alle Profis werden in Medienkompetenz. Ich wünsche mir, dass wir unbarmherzig sind mit berechnenden Lügnern, und dass wir gelassen bleiben bei Hetzern und Aufrührern. Ich wünsche mir, dass uns Quellenprüfung so leicht fällt wie das Befolgen von Straßenverkehrsregeln – und dass wir kein Öl ins Feuer gießen, wenn politische Agitation betrieben wird. Und vor Allem wünsche ich mir, dass in Schulen und Hochschulen Medienkompetenz vermittelt wird: Glaubt keiner Quelle, die Ihr nicht auf Herz und Nieren geprüft habt.
Und lasst uns alle darin Meister werden, unsere Gefühle, Gedanken, Worte und Taten in Übereinstimmung zu halten. Denn wie heißt es so schön: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht – und wenn er auch die Wahrheit spricht“. Es steht viel auf dem Spiel in dieser digitalen Welt der unendlich vielen Botschaften – also lieber schön ehrlich bleiben…
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