German Angst: Kontrollverlust im digitalen Zeitalter

Viel wird spekuliert, warum wohl die Deutschen weltweit beim Thema Social Media so weit abgeschlagen sind. Doch wenn man sich die jüngsten Ergebnisse der Studie „Die Ängste der Deutschen 2016“ anschaut, wird Einiges klar: Nichts fürchtet der Deutsche so sehr wie Kontrollverlust. So ist die Erwartungshaltung, die in Deutschland an die Politik gestellt werden, nahezu absurd: Der Staat soll uns Bürger vor allem unvorhersehbaren Gefahren schützen. Wir verlangen Recht und Ordnung, Führung, Sicherheit und Schutz vor Fremdem. Also das sind Erwartungen, die MIR Angst machen. Sind wir wirklich auf dem Weg zu einem digitalen Entwicklungsland – aus Angst vor Kontrollverlust?

Angst vor Terrorismus, Angst vor Extremismus, Angst vor Ausländern, Angst vor Flüchtlingen, Angst vor schwachen German AngstEU-Partnern, Angst vor schlechten Politikern – erst an siebter und achter Stelle folgen in dieser Studie persönliche Ängste. Ich möchte an dieser Stelle nicht einmal thematisieren, dass der Wirrwarr an Medien und Input anscheinend dazu führt, dass sich jeder Deutsche abseits aller objektiven Tatsachen sein kleines Wahrheits-Imperium schafft. Ich möchte auch nicht darüber richten, dass diese Ängste nicht gerade auf einen ehrenhaften „Volks-Charakter“ schließen lassen, ich möchte mich einfach nur auf die Auswirkungen auf Wirtschaft und Innovationskraft konzentrieren.
Weltonline: Die Angst der Deutschen 2016

Der Deutsche will Kontrolle – die digitale Welt beruht auf STAUNEN und TUN

Kontrolle hat den Nachteil, dass sie auf Recht und Ordnung beruht. Etwas Neues wird wahrgenommen, misstrauisch beäugt, analysiert, in seinen möglichen Risiken eingeschränkt, mit Gesetzen und Strafandrohungen zur Räson gebracht und erst dann akzeptiert, – wenn sich das Neue integriert hat in das altbewährte Weltbild. Fremdes wird nicht als Chance wahrgenommen, nicht mit Neugier und Staunen aufgenommen und untersucht. Nein, Fremdes soll sich anpassen an unser Weltbild – ansonsten, so wissen wir, drohen Anarchie und Machtübernahme durch Fremde.

Wir liegen gemeinsam mit Pakistan an letzter Stelle weltweit in der Nutzung von Facebook – und ich bin sicher, viele der Leser dieses Beitrags werden jetzt sofort denken „Das zeugt von der Überlegenheit unserer Kultur“. Und genau diese Leser sind auch diejenigen, die selbst kein Facebook nutzen, also eigentlich denken müssten: „Ach das ist ja erstaunlich. Ich habe ja selbst keine Erfahrung mit Facebook, kann also selbst nichts darüber sagen“.

Die ganze Welt schreitet mit wachem Blick und Experimentierfreude voran bei der Eroberung des digitalen Planeten. Während wir uns zu Tode diskutieren über die Gefahren und Risiken des digitalen Wandels, entwickeln kluge Ingenieure und pfiffige Erfinder auf der ganzen Welt Unglaubliches – ganze digitale Welten entstehen, überlappen sich, schaffen neue Werte, neue Lebensformen, neue Kommunikationsformen und neue Arbeitswelten. Das Staunen über technische Innovationen und über die Kraft des menschlichen Geistes wird bei uns behandelt wie eine „Flüchtlingswelle“, die sich erst mal anpassen soll an unser System. Politiker, schützt uns vor allem Fremden! Oder Ihr bekommt eine 5 für mangelnde Sicherheit! Wir sind so großartig in unserer deutschen Mentalität und Intelligenz, wir sind doch sowieso die Zahlmeister der ganzen Welt mit unseren deutschen Ingenieuren!

Wenn es nicht so dramatisch wäre, wäre es eigentlich lustig. Was bleibt, ist wohl die Hoffnung, dass uns die (wenigen) jungen Menschen retten, die abseits von Rassismus und Terror-Hysterie gemeinsam tolle Projekte entwickeln, gemeinsam in digitalen Welten kommunizieren, gemeinsam Unternehmen gründen und mit ihren Fähigkeiten und mit ihrer Begeisterung Neues zur weltweiten digitalen Kommunikation hinzufügen. Facebook ist nichts weiter als ein Kanal, um sich international und auf ganz individuellem Niveau mit Anderen zu vernetzen. Kann man tun, kann man auch lassen. Transparent wird unsere Welt mit und ohne Facebook. Aber wer sich dem „Fremdem“ verschließt und Recht und Ordnung fordert, wird vielleicht bald abgeschlagen und einsam in einer Ecke der haptischen Welt kauern. Dann können wir nur hoffen, dass die „Anderen“ großmütiger zu uns sind, als wir zu ihnen waren – und uns freundlich die Hand reichen im neuen digitalen Weltgeschehen.

 

 

 

 

 

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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