Als ich im Jahr 2004 die Gründergenossenschaft eG gegründet habe, gab es hervorragende Förderungen durch die Arbeitsagentur für alle Gründer, die sich aus der Arbeitslosigkeit selbstständig machten. Schulungen, Coachings, Förderung von Gründungsberatungen – und viele kostenfreie Veranstaltungen, die von Wirtschaftsförderungen der Kommunal- und Kreisverwaltungen finanziert wurden. Leider sind davon nur noch rudimentäre Reste übrig geblieben. Die Förderungen für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit sind so marginal, dass man fast sagen kann: Es gibt keine Förderungen für den Neustart mehr – außer AVGS-Gutscheine für Gründungsberatungen.
Gang in die Selbstständigkeit sehr schwierig geworden
Für Arbeitslose ist es fast unmöglich geworden, sich selbstständig zu machen. Man braucht 150 Tage Rest-Anspruchszeit in ALG I, um eine Bewilligung für den Gründungszuschuss bekommen zu können. Und selbst, wenn man bereit ist, die Vorarbeiten (Businessplan, Stellungnahme fachkundige Stelle, Zustimmung und Genehmigung des Gründungszuschusses durch den Arbeitsvermittlers und die BA) zu erarbeiten, bleiben mit Gründungszuschuss im besten Falle sechs Monate Arbeitslosengeld plus 300 Euro monatlich für Versicherungen (Krankenversicherung) für die erste Zeit als Unternehmer – also 180 Tage lang ein Zuschuss in Höhe des ALG I – und eventuell noch weitere neun Monate 300 Euro monatlich. Das war’s. Man erhält demnach 30 Tage länger Gründungszuschuss als der ALG I-Anspruch gewesen wäre. Die Krankenversicherung wäre ja auch weiter gezahlt worden. Die 300 Euro sind kein Zuschuss, nur Ausgleich für den Versicherungsbetrag.
Eine solche Förderung ist kein Anreiz. Finanziell nicht, und von der Bürokratie her auch nicht. Nur Menschen mit Migrationshintergrund wagen es noch, sich selbstständig zu machen. Jeder fünfte Einwohner mit Migrationshintergrund ist in Deutschland selbstständig. 21 Prozent aller Existenzgründer haben Migrationshintergrund in unserem Land. Kein Wunder, wenn man weiß, wie schwierig es ist, als Immigrant eine gut bezahlte, langfristige Anstellung zu erhalten. Da kämpft man sich lieber durch den Bürokratie-Dschungel.
Startups versus Existenzgründer
StartUps sind häufig Gründungen aus der Universität heraus. Junge Menschen werden angeregt, es doch zu probieren mit einer innovativen Geschäftsidee, die vielleicht innerhalb kürzester Zeit Investoren anlockt. Existenzgründungen (was für ein Wort!) sind Gründungen, um nicht in eine perspektivlose Arbeitslosigkeit zu geraten. Diese Gründer wollen sich und ihre Familien ernähren können, ohne vom Staat alimentiert zu werden.
Viele Gründer bleiben Soloselbstständige. Sie arbeiten häufig als Freelancer für Auftraggeber und sind in vielen Bereichen der Bildung, der Kultur, der IT, der Logistik, des Marketings und redaktioneller Bereiche tätig. StartUps wollen reich werden, Gründer wollen ohne staatliche Unterstützung leben.
Lohnt es sich heute, sich aus der Arbeitslosigkeit selbstständig zu machen?
Liest man die Zahlen, sprechen diese für sich. Es gibt kaum noch Gründungen – außer bei Migranten. Siehe Verband Gründer und Selbstständige Deutschland
Vielleicht sollten wir einfach warten, bis es sich herumgesprochen hat, dass zwar eklatanter Fachkräftemangel in vielen Branchen herrscht – doch dass es genauso den Trend gibt, dass Arbeitsplätze von Computern übernommen werden.
Eins ist klar: Ein Leben unter staatlicher Alimentierung macht krank. Langzeitarbeitslose sterben im Durchschnitt zehn Jahre früher als ihre Mitbürger, die nicht alimentiert werden.
Es sind miserable Zeiten für Gründer aus der Arbeitslosigkeit, doch die Hoffnung auf „Bedingungsloses Grundeinkommen“ ist trügerisch. Ohne Arbeit ist der Mensch unglücklich. Wir brauchen alle eine Aufgabe: Von der unbezahlten Mutter und Hausfrau bis zum geplagten Fahrer von Getränkelieferdiensten. Alles ist besser als arbeitslos zu sein.