Zahlen, Daten, Fakten zur Deutschen StartUp-Szene: Hype oder neuer Mittelstand?

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem „Existenzgründer“ und einem „StartUp“? Handelt es sich beim StartUp nur um eine Modeerscheinung, bei der junge weiße männliche Akademiker dem Traum nachjagen, eine internetbasierte Idee zur Goldgrube zu machen? Sind StartUp-Gründer nichts weiter als Vasallen von internationalen Konzernen, die sich gemütlich nach einigen Jahren die StartUps einverleiben, wenn sie sich denn bewährt haben sollten? Der „Deutsche StartUp Monitor 2015“ zeichnet ein anderes Bild. Junge Gründerteams, die mit innovativen Ideen schnelles Wachstum anstreben, bilden in Deutschland wahrscheinlich den Mittelstand der nahen Zukunft. Etablierte Mittelständler, die meinen, sich naserümpfend von skalierbaren Geschäftsmodellen abwenden zu können, werden das wahrscheinlich früher bereuen, als sie denken…

Was ist Der Deutsche StartUp Monitor?

Der Bundesverband Deutscher StartUps e.V., der im September 2012 von Berliner StartUps gegründet wurde,

vertritt die Interessen der StartUp-Szene in Deutschland. Insgesamt sind zurzeit mehr als 500 Gründerinnen und Gründer im Verband organisiert. Der Verband definiert für sich drei StartUps-der-neue-MittelstandAufgabenfelder: Politische Interessenvertretung, Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung. Seit 2013 erscheint der StartUp-Monitor, der gemeinsam mit den Partnern KPMG sowie der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin herausgegeben wird.
Zum StartUp Monitor 2015 – 76 Seiten als pdf

Was ist denn nun ein StartUp?

Ein StartUp ist ein neu gegründetes Wirtschafts-Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee, das auf schnelles Wachstum ausgerichtet ist. StartUps entstehen meist in Bereichen der Spitzentechnologie und/ oder des Internets. Man kann die innovativen Geschäftsideen, die den Konsumenten bei seinen Wünschen und Bedürfnissen abholen, unterscheiden von den Geschäftsideen, bei denen im B2B-Segment technologische Entwicklungen auf den Markt gebracht werden.

Bekannt werden meistens die Unternehmen, die den Privatkunden bedienen, da diese eine große Masse brauchen, um erfolgreich zu sein. „Skalierbarkeit“ ist bei allen Produkten für Konsumenten ein entscheidendes Stichwort, um sich vor dem Wettbewerb zu schützen und schnell genug in die Gewinnzone zu kommen. Doch trotz des äußeren Scheins liegen viele der erfolgreichen StartUp-Gründungen im B2B-Bereich, vor Allem Software-orientierte Tech-Gründungen sind gefragt. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist die Automobilindustrie, und insgesamt ist das „Internet der Dinge“, bei dem Produkte selbstständig über die Cloud Daten austauschen, verwerten, nutzen, ein wichtiger aufsteigender Erfolgsbereich für StartUps.

StartUps sind jünger als 10 Jahre, sind mit ihrer Technologie und/ oder ihrem Geschäftsmodell (hoch) innovativ und sind einem signifikanten Wachstum verpflichtet.

StartUp Monitor 2015: Die wichtigsten Ergebnisse

Für die Studie wurden rund 1.000 StartUp-Gründer anonym befragt. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren wird deutlich, dass sich die StartUp-Szene in Deutschland immer weiter ausbreitet und immer vielschichtiger wird.

Die wichtigsten Regionen in Deutschland für innovative, auf rasches Wachstum ausgerichteten, und kapitalintensiven Gründungen sind Berlin, München, die Metropole Rhein/ Ruhr, Hamburg  – und neuerdings auch Stuttgart-Karlsruhe. Berlin hat den Vorteil, nah an der Politik zu sein und durch günstige Lebenshaltungskosten attraktiv für Gründer – außerdem ist sie wie ein „Großer Bunter Spielplatz“, überall gibt es Angebote für Gründer, die Szene verzeiht Fehler und lässt Raum für Exzentriker und alle Arten von Kreativen.

Immer noch sind StartUps eher Männersache. Nur 10,7 Prozent der StartUp-Gründer sind weiblich. Das mag zum Einen an der Techniklastigkeit der Ideen liegen, aber sicher auch daran, dass Frauen häufig nicht so risikofreudig sind wie Männer. Die meisten StartUp-Gründungen sind kapitalintensiv und die Jungunternehmen stellen rasch und zunehmend Mitarbeiter ein. Im allgemeinen Gründungsgeschehen sind allerdings schon 43,3% Frauen die Gründer – man kann also hoffen, dass sich hier Einiges tut in den kommenden Jahren.

Im Schnitt sind StartUp-Gründer 34,9 Jahre alt. Bei der ersten Gründung sind sie sogar im Durchschnitt 29,1 Jahre alt, denn die meisten starten im Laufe ihrer Selbstständigkeit mehrere Ideen und Unternehmen. Diese Altersgruppen sind mehr oder weniger bereits mit dem Internet aufgewachsen und zeigen keine Berührungsängste bei der Vermarktung und der Prozessoptimierung über das Web.

Man unterscheidet bei den StartUps fünf Phasen:

  1. Seed-Stage: Konzeptentwicklung – noch keine Umsätze. In dieser Phase befinden sich 17,5 Prozent der Studienteilnehmer
  2. StartUp-Stage: Es werden erste Umsätze am Markt erzielt. In dieser Phase befinden sich 46,7 Prozent der Studienteilnehmer
  3. Growth-Stage: Das Unternehmen wächst mit starken Umsatz- und/oder Nutzerwachstum. In dieser Phase befinden sich immerhin 27,5 Prozent der Studienteilnehmer
  4. Later-Stage: Das Unternehmen ist ein etablierter Marktteilnehmer geworden und plant den Trade-Sale/Börsengang. In dieser Phase befinden sich immerhin 2,1 Prozent der Studienteilnehmer
  5. Steady-Stage: Das Unternehmen stagniert und weist kein signifikantes Wachstum (mehr) auf. In dieser Phase befinden sich 4,0 Prozent der Studienteilnehmer – gewollt oder ungewollt.

StartUps sind in folgenden Branchen vertreten

Branchen: SaaS (Software es a Service) ist am meisten vertreten, es folgen E-Commerce, IT/Softwareentwicklung, Online-Marktplätze, die Medien- und Kreativwirtschaft, Consumer Mobile, Industrielle Technologien, Beratungsunternehmen, Online-Service-Portale, Grüne Technologien, Offline-Dienstleistungen, Bio-, Nano- und Medizintechnologie, Finanztechnologie (FinTech), Nahrungsmittel, Games, Bildung, Stationärer Groß- und Einzelhandel, Online-Dienstleistungen, Digital Health, Company Builder, Internet of Things.

Man sieht an dieser Aufzählung, dass es keine einzige Branche gibt, die nicht durch den neuen Geist der StartUp-Szene betroffen ist. „Innovation und schnelles Wachstum“ sind Grundzüge, die unsere Wirtschaft allgemein erfasst haben. Wer sich als etabliertes Unternehmen vom Internet fernhalten will, wird bestenfalls stagnieren – aber wahrscheinlich von den jungen Verfolgern abgehängt werden.

Was machen StartUps? B2B oder B2C?

Interessant ist, dass bei 37 Prozent der StartUps Kunde und Nutzer nicht die selben Personen sind. Das bedeutet, die Kunden sind Business-Kunden – es handelt sich um B2B-StartUps. 63,2 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Kunden auch die Nutzer des Produkts sind.

Fast die Hälfte aller StartUp-Gründer sind Seriengründer, haben also bereits zuvor mindestens ein Unternehmen gegründet. Dabei gibt es jedoch sehr wenige Insolvenzen: Nur 3,4 Prozent der Befragten gab an, dass der Geschäftsbetrieb früherer Gründungen wegen Insolvenz eingestellt wurde, 30 Prozent gaben den Geschäftsbetrieb freiwillig auf. Die übrigen Gründungen (mehr als 60 Prozent) bestehen weiter, wurden entweder verkauft – oder werden nun von anderen Aktiven weitergeführt.

Über 80 Prozent der Gründer sagen, dass sie auf jeden Fall weiter selbstständig bleiben werden. Dabei sind 77,9 Prozent Teamgründer, nur 22,1 Prozent haben allein gegründet. Bei den Frauen ist der Anteil der Solo-Gründer mit 34,8 Prozent höher als bei den Männern. Im Schnitt besteht ein StartUp-Gründerteam aus 2,4 Personen.

87,2 Prozent der Gründer wollen dauerhaft in ihrem StartUp arbeiten, trotzdem können sich 67 Prozent vorstellen, das Unternehmen innerhalb der ersten 10 Jahre nach Gründung zumindest teilweise zu verkaufen. 21,9 Prozent halten einen Börsengang für wahrscheinlich. Die bevorzugte politische Partei der StartUp-Gründer ist übrigens die FDP mit 29,2 Prozent, es folgen die CDU/CSU mit 28,3 Prozent, die Grünen mit 18,9 Prozent und die SPD mit 13,3 Prozent.

Entstehen Arbeitsplätze durch StartUps?

Was ebenfalls die etablierten Unternehmen unruhig machen sollte: StartUps sind Jobmotoren! Im Schnitt beschäftigen diese Jungunternehmen 15,2 Mitarbeiter. Nach 2,8 Jahren ergibt sich ein Bruttobeschäftigungseffekt von durchschnittlich 17,6 Arbeitsplätzen. Dabei sind 22,0 Prozent der Mitarbeiter international beheimatet. In Berlin beträgt der Anteil ausländischer Mitarbeiter sogar 33,7 Prozent. So gut wie alle StartUps wollen in den nächsten 12 Monaten weitere Mitarbeiter einstellen.

Zum Umsatz: 44,3 Prozent der StartUps, die vor Ende 2013 gegründet haben, erzielten im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von mehr als 250 Tausend Euro, 21,4 Prozent sogar mehr als 1 Millionen Euro. Finanzierungen werden meistens über eigene Ersparnisse realisiert (79,9 Prozent), über Familie und Freunde (32,0 Prozent), es folgen Business Angel mit 29,7 Prozent und Staatliche Förderungen mit  29,4 Prozent. Venture Capital ist mit 20 Prozent vertreten, Bankdarlehen belegen mit 11,0 Prozent nur den siebten Platz. Hinzu kommt neuerdings Crowdfunding/ Crowdinvesting mit immerhin 4,4 Prozent. 18,7 Prozent der Befragten geben an, ihr Unternehmen ausschließlich über eigene Ersparnisse finanziert zu haben.

Eine Chance für etablierte Unternehmen kann darin liegen, dass StartUps großes Interesse an einer Zusammenarbeit  zeigen. Hier gibt es gerade in der Metropole Rhein/ Ruhr noch viel zu tun, Corporate-Startup-Initiativen und Inkubatoren sind wichtig, um eine solche Zusammenarbeit zu fördern. Und selbstverständlich müssen Mittelständler Eigeninitiative zeigen, um StartUps kennen zu lernen und eventuell zu kooperieren. Leider schneidet die IHK bei der Befragung schlecht ab, was die Wahrnehmung, Förderung und Vernetzung bei StartUps angeht. Im Durchschnitt bewerten die Befragten die Interessenvertretung durch ihre IHK lediglich mit der Note „ausreichend“ – 3,9. In der Metropole Rhein/ Ruhr ist es sogar nur eine 4,2.

Marketing: Aufgabe Nr. 1 aller Unternehmen im digitalen Zeitalter

Die größten Herausforderungen für StartUps liegen beim Marketing (63 Prozent), bei der Finanzierung (55,3 Prozent), bei der Personalentwicklung (35,2 Prozent). Doch auch die Bürokratie wird mit 19,8 Prozent als eine der größten Herausforderungen benannt.

Schön zu sehen ist, dass Marketing und Vertrieb als erfolgsentscheidend wahrgenommen und angefasst werden. Vertrieb, Marketing, Kundengewinnung, Branding, Kommunikation, Kundenbindung und Werbung sind die Kategorien, aus denen sich Umsatz und Wettbewerbsvorteil zusammensetzt. Schade, dass das viele etablierte Unternehmen nicht begreifen und diese Aktivitäten weiterhin vernachlässigen. Junge Menschen wissen, dass das Internet viele kreative und kostengünstige Möglichkeiten bietet, um Reichweite, Interesse, Beziehung und Abschluss zu realisieren. Allerdings muss Zeit investiert werden – und Herzblut. Der echte Wille zur Kommunikation, die Prioritätensetzung von Marketing als ureigene unternehmerische Aufgabe, die technische Beherrschung von webbasierten Plattformen und Tools sind Voraussetzungen, um sich weiterhin am Markt erfolgreich zu positionieren.
Test: Verfügen Sie als Entscheider über genügend „Digitale Komptetenz“?

Darum wollen wir von KMU-digital (ein Netzwerk von Unternehmen zum digitalen Wandel) die Kommunikation zwischen etablierten Unternehmen und StartUps fördern, damit beide Seiten voneinander profitieren können. Außerdem wollen wir eine Weiterbildungsreihe starten speziell für Unternehmensberater, damit diese als externe Berater Unternehmen fachkundig und gut vernetzt ins digitale Zeitalter führen können.

Schloss Bladenhorst Eva_Ihnenfeldt_Dennis_ArntjenDennis Arntjen und Eva Ihnenfeldt
KMU-digital GbR
Dortmund, Rheinlanddamm 201 und Mallinckrodtstr. 320
Tel.: 0231 13011450
E-Mail:
[email protected]
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Bildquelle: pixabay_StartUpStockphotos

 

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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One thought on “Zahlen, Daten, Fakten zur Deutschen StartUp-Szene: Hype oder neuer Mittelstand?

  • Reply Warum Frauen in StartUps 25 Prozent weniger verdienen als Männer - Steadynews | 14. Mai 2016 at 14:47

    […] StartUps sind junge Unternehmen, die auf extremes Wachstum ausgelegt sind. Hier geht es fast immer um digitale Produkte und Prozesse, denn gerade im Internet bildet sich ein kompletter Planet immer weiter aus, der laufend neue Unternehmen und Weiterentwicklungen braucht: Für Endverbraucher, in der Logistik, in der Prozessoptimierung – und natürlich in der Möglichkeit, Technik und Intelligenz zum Wohle der Menschheit einzusetzen – zum Beispiel in der Medizin und/ oder der Ökologie. Was sind eigentlich StartUp’s? […]

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