Der Deutsche Marketingverband zeichnete 2013 den Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli mit dem Deutschen Marketingpreis aus. Natürlich ist für Mitglieder der Marketing-Cubs äußerst interessant zu erfahren, mit welchen Methoden Lindt & Sprüngli ihre neue Erfolgsgeschichte seit 1998 bewerkstelligt hat. Gleich fünf Marketing Clubs in der Region Westfalen/ Ruhr luden also ihre Mitglieder ein – und viele Marketing-Experten folgten der Einladung in das BMW-Autohaus Procar in Hagen. Dort stellte Stephanie Lecolle, Group Product Manager der Chocoladenfabriken Lindt & Sprüngli GmbH, das Marketingkonzept vor. Die attraktive Managerin wurde natürlich auch gefragt, ob sie selbst Lindt-Schokolade esse – bei ihrer Traumfigur – und sie antwortete überzeugend: „Aber natürlich! Mindestens eine Tafel pro Tag!“.
Stephanie Lecolles Vortrag war ausgesprochen interessant. Zu Beginn erzählte sie, dass Lindt & Sprüngli zurzeit ca 2.000 Mitarbeiter beschäftigt. Nachdem 1997 ein „Krisenjahr“ für den Schokoladenhersteller war, hat sich das Unternehmen mit einem völlig neuem Marketingkonzept in eine neue Ära begeben – und diese neue Strategie ist außerordentlich gut gelungen.
Die Marketingstrategie von Lindt & Sprüngli basiert auf vier Bausteinen:
- Qualität
- Werbung
- Vermarktung
- Innovation
1. Qualität: Es ist sehr kompliziert, die „perfekte“ Schokolade herzustellen. Cremig, mild, aromatisch… die Entwickler von Schokolade bei Lindt & Sprüngli sind der Kern der Firma. Schon immer war Lindt bekannt für diese hochwertigen Rezepturen, und die komplette Produktpalette wurde 1997 auf den Prüfstand gestellt. Rezepte wurden weiter verbessert, 5.000 Verbraucher testen seitdem alle Produkte im Testpanel (Es werden übrigens immer wieder neue Tester gesucht!). Neben der Rezeptur wurden auch die Verpackungen auf den Prüfstand gestellt. Der Schokoladenweihnachtsmann wurde freundlicher – und erhielt ein kleines Glöckchen, das heute auch auf anderen Produkten angebracht ist. Bei den Mini Pralines wurde eine moderne Verpackung mit modernen Farben gewählt – speziell für die Zielgruppe Frauen. Insgesamt wurde das ganze Sortiment überarbeitet.
2. Werbeoffensive: Ein großer Schritt war 1998 die Dachmarkenkampagne, die seitdem läuft. Nicht mehr die einzelnen Produkte werden beworben – sondern Lindt als Premium-Hersteller. Der Maîtres Chocolatiers von Lindt & Sprüngli wurde durch die Werbung so berühmt, dass er heute auf allen Veranstaltungen Autogramme geben muss. es ist übrigens immer noch der selbe Maîtres, und tatsächlich ist es auch seine eigene Stimme, die uns allen so vertraut ist.
In der Fernsehwerbung wurde immer mehr vom „Reason Why“ zum „Benefit“ hingeleitet. Emotionen und genussvolles Erleben bestimmen die ganze Markenkommunikation. Auch gibt es seit einigen Jahren eine eigene Zeitschrift, bei der es sich inhaltlich viel um Warenkunde dreht: Interessierte Händler, Partner und Kunden erfahren Hintergründe der anspruchsvollen Schokoladenherstellung.
3. Vermarktungsoffensive: Es wurde beschlossen, eine konsequente Premium-Preisstrategie durchzuführen. Auf jede Verpackung kommt eine unverbindliche Preisempfehlung. 120 Außendienstler betreuen die Händler intensiv. Lindt platziert in den Einzelhandelsgeschäften seine Produkte stets mit einer Blockplatzierung. Die Distribution ist selektiv: 30% des Lebensmittelhandels vertreibt Lindt-Schokolade. Und – sehr wichtig: Es gibt keine Handelsmarke, hinter der sich Lindt-Produkte verbergen!
Neben der populären Werbefigur wurde auch eine inhaltliche Neuausrichtung vorgenommen: Standen früher der Konsument, der Verzehr und die Submarken im Vordergrund, sind es seit 1998 der Hersteller, die Kreation und die Dachmarke. Viele weitere Aktionen und „Premium-Kampagnen“ wurden gestartet, die „Premium-Strategie“ wurde von der Rezeptur in die Werbekommunikation übertragen. Aufwändige Schaufenstergestaltungen am KDW in Berlin über ein Gesamtfläche von 69 Metern, künstlerische Ausstellungen von Lindt-Produkten in luxuriöser Umgebung, eigene Schokoladen-Boutiquen und eine großzügige Präsentation im Lebensmitteleinzelhandel sind nur einige wenige der Werbeoffensiven, die Lindt erfolgreich umsetzt.
4. Innovations-Offensive: Lindt & Sprüngli bringt jedes Jahr 100 Neuprodukte auf den Markt. So gab es 1996 die erste 79%ige Bitterschokolade. Im Flachtafelformat gab es 2005 die erste Bitterschokolade mit Füllung. Das war eine besondere technische Herausforderung. Die Kreation „Bitterschokolade mit Chili“ war zunächst ein Flop – heute ist sie die stärkste Bitterschokoladensorte. Besonders stolz ist Lindt auf die milde 70%-Bitterschokolade.
Die Erfolge der Marketingstrategie sind beeindruckend. Lindt & Sprüngli konnte die konsequente Premiumpreis-Strategie halten. Der Kiloauswurf konnte seit 1998 vervierfacht werden. Heute liegt Lindt auf Augenhöhe mit den zwei Global Players unter den Schokoladenherstellern. Der letzte große Wurf ist die Kreation der neuen Marke „Hello“, die sich vor Allem an junge, anspruchsvolle Zielgruppen wendet. Bei „Hello“ steht die Submarke im Vordergrund, die Dachmarke „Lindt“ steht etwas zurück. Die Ansprache ist englisch, mit lockeren fröhlichen Sprüchen. Die gesamte Kampagne ist asgerichtet auf ein „unkompliziertes Lebensgefühl“ und auf der Lust am Teilen. Die Strategie ist erfolgreich: Jeder zweite HELLO-Käufer ist Lindt-Neukunde – es findet also eine geringe Kannibalisierung mit anderen Produkten statt. 61 Prozent der HELLO-Käufer sind jünger als 50.
Man sieht an diesem hervorragenden Beispiel, wie wichtig im Marketing die Produktinnovation ist. Stimmen im Marketing-Mix die Produkte nicht, kann auch die beste Kommunikation nichts bewegen. Doch genau so wichtig wie die Produkte sind die eindeutige Preisstrategie, die Distribution (der Weg in den Handel bzw. der Weg zum Kunden) und die Kommunikation – und natürlich ein Werbebudget, das Raum lässt für Kreativität und eindrucksvolle Kampagnen. Danke an Stephanie Lecolle für den aufschlussreichen Vortrag!
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Hi Eva!
Das war wirklich ein gelungener Input. Allerdings empfand ich die sehr testosteronlastige Alphamännchen-Moderation derart überzogen, dass sie wirklich unangenehm war.
Danke für Deine Zusammenfassung,
Maik
Hi lieber Maik!! Das hast Du aber schön gesagt 😉 Danke!