An alle die mal Schüler/Innen waren: Was bedeutet Euch #lernlust ?

Wenn ich an meine ersten Schuljahre zurückdenke, wurde ich rasch von einer „Lernlustigen“, die sich wie verrückt auf die Schule gefreut hat, zu einer „Lerntraumatisierten“, die ständig Angst vor verachtender Kritik hatte. Nicht nur meine alte, hässliche, spuckende, schlagende Grundschullehrerin, auch die allermeisten Gymnasiums-Lehrer/Innen waren für mich allwissende, gottgleiche Überfiguren mit dem Recht zu strafen. Nur die ganz wenigen Ausnahmen von Lehrern, die sich als fehlbar und bescheiden präsentierten, waren in der Lage, mich aus meinem Schneckenhaus zu holen und die alte Lernlust wieder zum Blühen zu bringen.

Staunen, verstehen, in Besitz nehmen - Lernlust ist existenziell wichtig

Staunen, verstehen, in Besitz nehmen – Lernlust ist wichtig, um zu überleben

Später (in der Oberstufe) habe ich dann gemerkt, dass die „Unfehlbarkeit“ der 99 Prozent nur eine Showbühne war, um sich zu schützen. Zwei Lehrer hatte ich in meiner Schulzeit, die mir Vertrauen in meine Lernfähigkeit vermittelt haben. Beide waren extrem klug und extrem emotional verbunden mit dem, was sie lehrten. Sie waren bescheiden und kommunizierten mit Schülern wie mit gleichwertigen Experten.

Auch später traf ich einige Lehrer, die meine Lernlust anschürten: Der Heilpraktiker, bei dem ich meine Heilpraktikerausbildung absolvierte und einige anthroposophische Lehrbeauftragte, bei denen ich Pädagogik  studierte.

Lernlust als Autodidakt

Doch im Großen und Ganzen bin ich schon als kleines Kind Autodidakt, und das hat sich bis heute nicht geändert. Ich habe meinen ganz speziellen Rhythmus beim Lernen, und es ist so selten wie „Sich verlieben“, dass ein Frontalunterricht-Lehrer genau diesen Rhythmus trifft. Ich brauche Harmonie und ungestörte Denk-Dynamik, um nachhaltig lernen zu können.

Lehrer sind für mich Motivatoren, keine Wissensvermittler. Damit ich mir etwas langfristig merken kann, muss ich es mir immer selbst erarbeiten. Auch fällt es mir schwer, auswendig zu lernen. Wahrscheinlich hätte es meinem Englisch sehr gut getan, wenn wir in der Schule US-Serien wie „Bezaubernde Jeanny“ und „Bonanza“ im Original gesehen hätten – mit englischen Untertiteln. Ohne Benotungen, ohne Druck, ohne Leistungszwang. Und in Mathematik wäre es wohl hilfreich gewesen wenn ich mich über Zahlenmystik und Philosophie dem Reich der Logik angenähert hätte.

Am liebsten war Schule mir immer, wenn ich mit einem/ einer Gleichgesinnten Referate ausarbeiten konnte. Da wurde mir nichts zuviel, das machte Spaß und war leidenschaftlich.

Ich habe einmal einige Zeit bei einer Grundschullehrerin hospitieren können, die klassenübergreifend genau so unterrichtete – bzw. moderierte. Ihre Hauptarbeit bestand in der Vorbereitung der individuellen Arbeitsmaterialien für die Kinder.

In der Klasse war es total ruhig. Der Boden war mit einem gemütlichen Teppichboden ausgelegt, viele Kinder saßen oder lagen auf dem Boden bei ihrem Studium. Meist arbeiteten zwei Kinder gemeinsam an einem Projekt, manche aber auch allein oder in Gruppen. Manchmal waren die Altersunterschiede groß – doch nie hatte ich das Gefühl, dass ein Kind wegen Herkunft, Bildungsstand oder Lernschnelligkeit auf ein anderes herabsah.

Ob Rechnen, Schreiben, Englisch, Naturkunde oder andere Herausforderungen: Die Kinder lernten nach ihren Neigungen und ihren individuellen Geschwindigkeiten. Niemand verglich sich – alle waren ok, auch die Kinder mit verschiedenen Behinderungen, die im Klassenverband integriert waren. Die Ergebnisse wurden bei längeren Projekten im Plenum vorgestellt. Die Lehrerin (an einer ganz normalen staatlichen Schule) bewertete nicht, lobte nicht, sondern unterstützte nur, wenn sie darum gebeten wurde oder merkte, dass etwas in die falsche Richtung lief.

Lernlust und das Internet

Ich liebe das Internet und die „Große Lehrerin Google“, da wir heute nicht mehr auswendig lernen müssen, um Wissen zu nutzen. Wir können bei einer Fragestellung anfangen (z.B. wie plant man eigentlich einen Hausbau?) und uns durch die unzähligen Seiten durcharbeiten. Lernkompetenz besteht darin zu erkennen, welche Inhalte vertrauenswürdig sind, wie man sich durch mehrere Quellen absichert, wie man Gelerntes abspeichert und wiederfindet, wie man eigene Schlüsse daraus zieht und diese festhält.

Wir können unsere Ergebnisse selbst wieder ins Netz stellen und so anderen Lernenden Unterstützung geben. Wir können lernen, unsere Ergebnisse über weiterführende Links und Quellenangaben wissenschaftlich abzusichern – auch im zarten Grundschulalter! Wir können lehren, sobald wir auch nur in der Lage sind, uns zu vermitteln mit Videos, Audios – und dann natürlich über Buchstaben und Zahlen.

Ich wünsche mir einen Kindergarten, in dem schon die Kleinsten über Tablets Wissen suchen, verarbeiten und weitergeben. Mag es Musik sein, die gefällt, mag es ein Spiel sein oder eine kreative Tätigkeit wie Fotografieren oder Malen.

Ich glaube nicht, dass Kriminelle und sexuell Kranke bei Tausenden von Kindervideos und Selfies besser agieren können – wenn die Identität der User rasch und unkompliziert festgestellt werden kann – nicht nur von Geheimdiensten, sondern von der Polizei! Lasst die Kinder – behutsam begleitet von medienkompetenten Pädagogen – agieren im Netz, der Nutzen ist weit höher als die Gefahr.

Jeder ist anders bei seiner Lernlust

Lernlust bedeutete schon für mich als Fünfjährige (die sich selbst Schreiben beigebracht hat, weil sie Current Eventswissen wollte, warum die Mutter beim Frühstück immer so vertieft ewiglange in die Tageszeitung starrte) dass ich neugierig, verträumt und sehnsüchtig verstehen wollte, was Leben bedeutete und was mein Platz dort war.

Ich weiß, dass viele Menschen ganz anders sind. Meine vier Kinder sind jeder für sich ganz speziell, gerade mein jüngster Sohn zum Beispiel liebt es, über „Drill Instructor-Methoden“ gefordert zu werden, und ich kann das gut verstehen. Was für den Einen die Hölle ist, ist für den Anderen das Paradies, logisch. Darum mein Appell: Lasst jedem Menschen seine Community und seine Leidenschaft, dann werden wir alle klug und behalten lebenslang unsere Lernlust.

Dies ist ein Beitrag zur Blogparade: „Es war einmal die Lernlust“ von Bob Blume. Man kann sich nicht nur mit einem eigenen Blogbeitrag beteiligen, sondern auch bei Twitter mit einem Tweet. Alles Weitere zur Blogparade, die noch bis zum 25. Februar 2015 läuft, hier bei bobblume.de: Es war einmal die Lernlust…“

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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