Facebook hat eine Milliarde Mitglieder – Kann man das wirklich weiter als Unternehmen ignorieren? (mit Video)

Eva Ihnenfeldt: OK, viele der Accounts bei Facebook sind Fake-Accounts – aber selbst wenn man von der 1 Milliarde Nutzer (!) ein Drittel abzieht, bleiben noch 750 Millionen übrig und Facebook bleibt das drittgrößte Land der Welt. Vor wenigen Tagen wurde ich von einer großen privaten Hochschule gebeten, in meinem Führungskräfte-Vortrag zum Thema „Krisen-PR im Social Web“ nicht so sehr Facebook zu thematisieren, da Facebook doch sehr umstritten sei. Das hat mich nachdenklich gemacht. Ich verstehe, dass viele Führungskräfte Probleme damit haben, sich im undurchschaubaren Web zurechtzufinden – aber kann man es sich wirklich so leicht machen zu sagen: „Bleiben Sie mir weg mit Facebook“?

Was wäre wenn wir heute Verantwortlichen aus Unternehmen begegnen würden die meinen: „Bleiben Sie mir weg mit Google!“ Wir würden wahrscheinlich schmunzeln und der entsprechenden Firma keine langen Überlebenschancen mehr einräumen – Internet ist Google – und ohne Internet kann man nicht mehr marktgerecht arbeiten (noch nicht mal als „kleines Hanwerkerle“).

Aber das sagt ja auch Keiner. Google ist zwar die „Datenkrake“, aber trotzdem irgendwie viel vertrauenswürdiger als Zuckerbergs Imperium, das so ignorant und hochmütig die Daten seiner Mitglieder verkauft – ohne sich die Mühe zu machen, seine Geschäftspraxis entsprechend zu kommunizieren und zu erklären. Google hat noch immer den Charme des Spruchs „Don’t be evil“ – Facebook verbindet man eher mit Sprüchen wie „Privatsphäre ist tot!“ und das lässt wohl kaum jemanden kalt, das macht Angst.

Also: faktisch machen beide Giganten das Gleiche, sie sammeln Daten und verkaufen diese. Und wenn Behörden Nutzerinformationen haben wollen, wird sich Google diesem Wunsch ebenso wenig entgegensetzen wie Facebook, auch da gibt es kaum mehr Schutz der Privatsphäre. Der Unterschied liegt in der Kommunikationspolitik und der Art der Produktentwicklung. Während Google die Strategie verfolgt, uns Consumer kommunikativ als Partner zu betrachten, ist bei Facebook klar: „Ihr wollt kostenlos netzwerken? – Dann seid dankbar und beschwert Euch nicht“. Facebook will seine Ruhe wie ein Arzt der sagt: „Medizin wäre so schön wenn nur die lästigen Patienten nicht wären“.

Aber können sich Unternehmen wirklich von solchen emotionalen Argumenten leiten lassen? Ist es nicht ausgesprochen töricht, sich aus diesen Gründen einem Tool zu verweigern, das eine Milliarde Menschen weltweit erreicht? Ein Netzwerk, das tatsächlich abseits von kommerzieller Facebook-Werbung viele kreative Möglichkeiten bietet, kostenlos effektive PR zu betreiben? Und das gilt bei Weitem nicht nur für Unternehmen mit Privatkunden! International ist es sowieso undenkbar, kein Profil auf Facebook zu haben (statt Visitenkarten tauscht man Facebook-Freundschaften aus) und auch auf nationaler Ebene ist Facebook geeignet, um Influencer, Stakeholder, Lieferanten und Absatzmittler zu erreichen – wir verkaufen alle durch Sympathie und Vertrauen – oder verkaufen Sie nur über den „billigsten Preis“?

Mit welcher Strategie man sich bei Facebook bewegt, ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden, und wie aktiv man auf seinem privaten Profil ist ebenfalls. Aber zu sagen „Ich geh nicht zu Facebook – bleiben Sie mir weg mit diesem Netzwerk der Primitiven und Schwätzer“ ist dumm. Oder kann man erfolgreich Geschäfte machen, wenn man eine Milliarde Menschen für primitiv und verachtenswert hält?

 

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

4 thoughts on “Facebook hat eine Milliarde Mitglieder – Kann man das wirklich weiter als Unternehmen ignorieren? (mit Video)

  • Reply Detlef Schumann 16. Oktober 2012 at 09:18

    Wer kann mir den Sinn von Facebook erklären?
    Die Daten, welche zur Anmeldung benötigt werden, sind schon sehr persönlich.
    Welche Geheimdienste und andere zwielichtigen Gestaltenprofitieren davon?
    Gibt es einen sinnvollen Grund sich vor der Welt zu entblößen?
    Gibt es Leser die mir verbindlich Erklären,können , dass ich mit meinen Befürchtungen falsch liege?
    Ich habe mich dummerweise dort registriert um Eva Ihnenfeld zum Geburtstag gratulieren zu können.
    Seither mache ich mir Gedanken darüber ob es richtig war einem völlig fremden und unbekannten Unternehmen meine Daten zu übermitteln.

  • Reply Udo Pasch 16. Oktober 2012 at 09:35

    Liebe Eva,

    mal wieder ein interessanter Beitrag von Dir.

    Aus meiner Sicht kann man allerdings auf solche Fragen keine pauschalen Antworten geben. Es kommt doch darauf an, was ich wem zu sagen habe. Besser: „Wer ist meine Zielgruppe“? Daraus lässt sich dann vielleicht die Antwort ableiten.

    Ja, sie ist komplexer geworden, unsere Welt des Marketings. Und Ja, man kann Fehler begehen. Ich erinnere mich an einen Clienten, dem ich vor vielen Jahren empfohlen hatte eine Internetdomain zu beantragen und E-Mail als Kommunikationskanal im Unternehmen einzuführen. Die Antwort war ähnlich wie sich heute viele Unternehmer zu Facebook und Co. äußern. Für visionäre Nutzer eben unverständlich 🙂

    Ich denke aber nicht, das dieses Unternehmen heute immer noch ohne E-Mail arbeitet. Sobald es „Normal“ wird, es quasi „Jeder“ nutzt, wird es auch von den Unternehmen genutzt die sich zuvor dagegen ausgesprochen haben.

    Ich für meinen Teil habe kein Problem mit solchen Aussagen. Für mich ist es eine Frage des Konzeptes, welches dann auch die Pro’s und Contra’s für bestimmte Kanäle enthält. So würde ich bei Bedarf alle Netzwerke in eine Konzeption und Marketingstrategie einbauen, wo mit Zielgruppen zu kommunizieren ist. Es kann daher durchaus sein, das für bestimmte Unternehmen andere Kanäle als Facebook vorrangig wichtiger sind und man sich dann auch darauf konzentriert. Aber das wird sich ändern. Eine neue Generation Mitarbeiter wird in die Unternehmen kommen und nach und nach neue Methoden der Kommunikation einführen – eben jene mit denen sie groß geworden sind.

    Und mal Ehrlich: Was nutzt ein Facebook Account, wenn dieser nicht aktiv betreut wird – dann doch besser kein Facebook und Co., oder?

    Die Entwicklung unsere Kommuikation bleibt spannend, daher bin ich sehr Froh, dass ich in dieser Zeit leben darf.

    Liebe Grüße
    Udo Pasch

  • Reply Sylvia Brinkmeier 16. Oktober 2012 at 15:05

    Hallo liebe Eva,

    anfangs habe ich mich auch schwer getan, den Schritt in die Facebookwelt zu wagen. Als ich dann aber mit meinem Blog anfing, war mir klar, dass ich über sozialen Medien einfach mehr Leute erreichen kann. Also habe ich darauf geachtet, wie die Leuten darüber sprechen. Ich hörte meist nur zwei Sorten von Stimmen: 1. Die totalen Ablehner, die Angst um ihre Datenhoheit haben und die ganze Welt vor FB und Konsorten warnen und 2. Die vollkommen Sorglosen, die FB nur für Quatsch und Albernheiten nutzen und dort völlig ungefiltert privateste Dinge und Bilder veröffentlichen.

    Das kam mir merkwürdig vor, weil doch angeblich so viele Menschen bei FB waren. Wo waren da die reflektierten User? Also fragte ich mal die, die nicht von sich aus ständig darüber sprachen und fand dann auch die normalen, vernünftigen und sorgfältigen Nutzer. Sie haben mir die Angst genommen und mir gezeigt, dass Facebook nur ein Instrument ist, das so nützlich oder schädlich ist, wie ich es eben anwende. Also hat FB von mir nur die Daten bekommen, die sowieso der Welt bereits bestens bekannt sind.

    Inzwischen bin ich seit etwas über einem Jahr bei FB und nutze es nun auch begeistert privat. Natürlich betrachte ich die private Kommunikation bei FB als in einem öffentlichen Raum stattfinded und berichte dort nichts, was ich nicht auch in der Straßenbahn laut erzählen würde.

    Liebe Grüße
    Sylvia Brinkmeier

    • Reply Eva Ihnenfeldt 16. Oktober 2012 at 18:18

      Lieber Detlef, Udo, liebe Sylvia,

      auch ich habe mich ja lange schwer getan mit Facebook (sie machen es Einem ja auch wirklich nicht leicht…) aber wie Sylvia habe ich nun entdeckt, wie schön es auch einfach ist, mit Freunden, Kunden, Geschäftspartnern und der Familie auf so leichtfüßige Art in Kontakt zu sein. Ich kann in wenigen Minuten überblicken, ob es allen gut geht, ob vielleicht jemand gerade im Urlaub etwas Tolles erlebt hat, ob es irgendwo etwas Spannendes zu sehen. lesen, gucken gibt – und vor allem kommen viele kleine freundliche Aufmerksamkeiten, die guttun. Und für Unternehmen ist Facebook weit mehr als eine Zielgruppenansprache – da die Mitarbeiter ja dort sind und reden! Klaus Eck hat darüber sehr gut geschrieben, vielleicht mnoch eine Anregung für den ein oder Anderen… http://pr-blogger.de/2012/10/15/die-angst-vor-der-social-media-offentlichkeit/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+typepad%2FlkIz+%28PR+Blogger%29

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