Social Media Buch Teil 15: Was genau ist Twitter und wozu ist es gut?

Twitter ist in aller Munde. Selbst in der Tagesschau wird immer selbstverständlicher ab und zu darauf hingewiesen, dass gezeigtes Bild-, Ton- oder Videomaterial den Weg über Twitter zur Redaktion gefunden hat. Twitter kann also etwas leisten, was Journalisten nicht können: Twitter ist immer und überall dabei, und das 24 Stunden täglich.

Twitter kann den auflodernden Hausbrand ins Web setzen, über einen Mord auf offener Straße informieren, einen Flugzeugabsturz mit dem Handy filmen oder eine spontane Umarmung zwischen verfeindeten Menschen fotografieren. Bei allem, was spontan und unvorhergesehenermaßen passiert, ist Twitter unschlagbar schnell und für (fast) jeden verfügbar. Alles, was man braucht, ist ein Handy mit Internetzugang.

Was genau ist Twitter?

Twitter ist ein so genannter „Mikroblogging-Dienst“, also ein Dienst, mit dem man kleine Nachrichten live und unkompliziert bloggen kann. Die Nachrichten können maximal 140 Zeichen lang sein (eine SMS hat 160 Zeichen), man kann Links zu Webseiten hinzufügen, oder auch Fotos, Tondokumente oder Videos.

Mit Twitter kann man sich mit anderen Menschen vernetzen. Man kann bestimmen, wer die News, die man selbst twittert, mitliest, und man kann auswählen, welche News man selbst mitlesen will. Dabei kann man zum Einen „Twitteranern“ folgen, die interessant und/ oder bekannt sind – und man kann zum Anderen bestimmten Themen folgen, für die man sich besonders interessiert.

So lesen zum Beispiel im Juni 2011 viele Menschen bei Twitter alle News zum Thema #ehec, da man die Ursachen für eine grassierende, gefährliche bakterielle Magen/ Darmerkrankung erfahren möchte. Immer wenn eine neue Quelle des Erregers in Verdacht gerät (im Moment – 5. Juni, 18.50 Uhr – sollen es Sprossen sein), rasen neue Tweets durch das Web – und man kann sicher sein, dass Aktualisierungen der Wissenschaftler und Behörden über Twitter am schnellsten Leser und Multiplikatoren erreichen werden.

Twitter ist also ein Telegramm-Kanal, und zwar ein Telegramm-Kanal, der aus viel mehr besteht als aus Wörtern. Twitter kann die ganze Welt in Sekundenschnelle durchqueren, und da Twitter (noch) die Anonymität seiner Nutzer schützt, können sogar politisch Unerwünschte in diktatorischen Systemen über Twitter Botschaften verbreiten – und die Machthaber sind dem hilflos ausgeliefert.

Die Geschichte von Twitter

Twitter wurde im Jahr 2006 aus der Taufe gehoben.  Jack Dorsey, Mitarbeiter der Firma Odeo,  bespricht Anfang des Jahres mit seinen KollegenBiz Stone und Evan Williams, wie praktisch doch eine „Gruppen-SMS“ wäre, die über das Internet funktioniert, statt über den Telefonanbieter. Sie programmieren diese Internet-„SMS“ und bringen sie am 21. März 2006 (Frühlingsanfang und der Geburtstag von Jack Dorsey) als Betaversion heraus. Twitter heißt zunächst Twittr – angelehnt an den Fotodienst Flickr. Ab Sommer ist Twittr öffentlich zugängig.

Im Oktober 2006 gründen die drei Kollegen die Firma Twitter und erwerben von Odeo die Rechte an ihrer Erfindung. Im März 2007 entdeckt Barack Obama den Mikrobloggingdienst und wird einer der ersten Twitteraner, die Twitter aktiv intensiv nutzen und mitgestalten. Twitter soll später mit für seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl verantwortlich werden.

Ab April 2008 ist Twitter auch in japanischer Sprache verfügbar. Am 12. November 2008 wird der 1.000.000 Tweet auf Twitter geschrieben. Am 15. Januar 2009 schafft Twitter endgültig den Durchbruch in die breite Öffentlichkeit: ein Twitter-Mitglied ist dabei, als ein Flugzeug auf dem Hudson-River notlandet. Sein reaktionsschneller Tweet schafft es weltweit in die Nachrichten – Twitter wird nun auch von Journalisten anerkannt und verstanden.

Seit November 2009 gibt es die Funktion „Retweet“, mit der man Tweets an die eigenen Follower weiterleiten kann. Auch diese Erweiterung ist sehr wichtig für die Effizienz von Twitter, da sich nun Tweets „viral“ verbreiten können – wenn sie nur vom „Richtigen“ gelesen werden. Kurz darauf wird Twitter in weitere Sprachen übersetzt: deutsch, spanisch, französisch und italienisch.

Wer nutzt Twitter?

Mit der Verbreitung des Smartphones steigt auch die Popularität von Twitter. Anfangs nutzten vor allem IT-Insider den Mikrobloggingdienst, außerdem Politiker, Marketing-Verantwortliche, Journalisten und kommerzielle Unternehmen. Doch nun findet Twitter auch den Weg zum Mainstream, denn die Menschen haben durchaus auch in ihrer Freizeit Freude daran, sich mit virtuell Verbundenen über gemeinsame Themen auszutauschen wie über den Fernseh-Tatort, Schlag-den Raab oder Fußballspiele. Oder man diskutiert über politische Tagesgeschehen, über Lieblingsstars oder über Events wie den Kirchentag in Dresden. Kreative Köpfe twittern Aphorismen, Weisheiten und witzige Sprüche – auch die Comedians unter den Twitteranern vernetzen und beflügeln sich.

Für wen ist Twitter im Business interessant?

Twitter ist eigentlich für jeden interessant, der auf dem Laufenden bleiben möchte. Auch wenn ich Nischenprodukte für junge Eltern vertreibe, wenn ich Wissenschaftler oder Schneiderin bin – irgendwo auf Twitter gibt es ganz sicher jemanden, der spannende News schreibt – und der sich für meine Ansichten und für mein Insider-Wissen interessiert.

Twitter ist kein Vertriebskanal wie ein Zeitungsinserat, Twitter ist eine lebendige Börse für News, Meinungen und Informationen. Mit Twitter kann man eine Kundenhotline eröffnen, man kann sich transparent machen – und man Multiplikatoren und Meinungsmacher entdecken. Twitter ist nicht schwer zu verstehen, doch es ist auch ein Dschungel aus tausend und abertausenden Möglichkeiten, die verwirren können.

Twitters „Offene Programmierstelle“

Twitter hat eine offene Programmierstelle. Jeder, der will und dazu in der Lage ist, kann etwas zu Twitter hinzuprogrammieren. Dafür muss er keine Lizenz erwerben und niemanden um Erlaubnis bitten. Unendlich viele kreative Nerds und Geeks haben auf der ganzen Welt Zusatzprogramme zu Twitter programmiert, und dieses Riesenangebot ist undurchschaubar.

Letztendlich: Twitter ist eine Revolution für unsere Kommunikationsvielfalt. Twitter lebt von der Möglichkeit, anonym zu bleiben und von dem Schutz der Unkontrollierbarkeit und Unbeherrschbarkeit. Twitter wird mit der „Graswurzelrevolution“ des Internets gleichgesetzt, denn im Gegensatz zu Facebook können viele der Daten nicht ausgewertet, weitergegeben und vermarktet werden.

Ob es gelingt, diese Lebendigkeit, Freiheit und Wahrhaftigkeit zu erhalten, ist ungewiss. Doch wenn Twitter gezwungen wird, mit den Behörden zusammenzuarbeiten und Identitäten preiszugeben, wird sicher ein neues Twitter entstehen – ein Zurück ist nicht denkbar.

In der nächsten Folge werden wir Twitter ganz praktisch kennenlernen – in der Hoffnung, dass möglichst viele Leser auch den Schritt in die Twitterwelt wagen – auch wenn sie vielleicht erst einmal nur „zuhören“ – denn mit dem Zuhören und Mitlesen geht es meistens los – und das ist auch gut so.

Dies war der 15. Teil aus dem Social Media Buch von Eva Ihnenfeldt, das nach und nach hier erscheint.

Die vorläufige Gliederung des Buchs finden Sie hier:

Social Media Buch

Autorin ist

Eva Ihnenfeldt
PR-Agentur und Social Media Agentur SteadyNews
Rheinlanddamm 201
44139 Dortmund
Tel.: 0231/ 77 64 150
E-Mail: [email protected]

 

 

 

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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