Social Media Buch Teil 27: Kommunikationsstrategie II – Zielsetzung, Briefing

In der letzten Folge haben wir die Grundlagen einer Kommunikationsstrategie betrachtet, nun wenden wir uns dem ersten Teil der Strategie-Erarbeitung zu. Der Unterschied zwischen der Erstellung eines Businessplans und der Erarbeitung einer Kommunikationsstrategie liegt vor allem in der Gewichtung der einzelnen Bereiche. Während man beim Businessplan Geschäftsfeld/ Produkt/ Geschäftsidee in erster Linie objektiv analysiert, liegt der Hauptaugenmerk bei der Kommunikationsstrategie auf dem „Tun“.

So wie jede Hauswirtschafterin weiß: „Bügeln fängt beim Waschen an“, weiß jeder erfahrene Stratege: „Die Strategie fängt bei der Zielsetzung an“: Was genau will ich und welche Informationen brauche ich, um das gesetzte Ziel sicher zu determinieren?

Zielsetzung

Da wir uns im wirtschaftlichen Bereich bewegen, lässt sich wohl jedes Ziel umfassend umschreiben mit einer Gewinnerwartung. Kommunikationsziele und Vertriebsziele gehen Hand in Hand. Man sucht nicht nach dem privaten Glück zu Zweit, oder nach einer Aufgabe, die dem Leben Sinn verleiht, man strebt nach Entfaltung, Wachstum, Ernte.

Daraus geht hervor, dass „mehr Umsatz“, „mehr Kunden“, „mehr Aufträge“ keine brauchbaren Ziele für eine Kommunikationsstrategie sein können, sie sind leer. Ein gutes brauchbares Ziel ist wie ein Samenkorn, in dem schon die Gestalt der ganzen Pflanze liegt. Darum ist es häufig vorteilhaft, sich diese gesamte Pflanze in ihrer Ausprägung vorzustellen – das Ziel zu visualisieren.

Unternehmerische Ziele bei der Marketingstrategie ergeben sich grob aus vier Möglichkeiten, denen sie zugeordnet werden können:

  • Neue Märkte mit neuen Produkten (z.B. bei Existenzgründungen)
  • Neue Märkte mit bestehenden Produkten (z.B. bei der Neupositionierung, Erschießung neuer Zielgruppen)
  • Bestehende Märkte mit neuen Produkten (z.B. bei der Erweiterung der Produktpalette)
  • Bestehende Märkte mit bestehenden Produkten (Kundenbindung, Kundengewinnung, reine Absatzsteigerung)

1. Beispiel für eine Zielsetzung: Tischlerei

Ein StartUp Tischler, Familienvater mit zwei kleinen Kindern, hat noch nicht genügend Auslastung. Er wird unruhig, da sein Gründungszuschuss in wenigen Monaten ausläuft und er bis zu diesem Zeitpunkt sein Unternehmen und den Lebensunterhalt für die Familie voll aus eigenen Mitteln finanzieren muss. Der erste Impuls für eine Kommunikationszielsetzung wäre also: „mehr Umsatz“, „mehr Kunden“, „mehr Aufträge“.

Doch dieses „Ziel“ ist mehr die Umschreibung seiner Ängste, als die Grundlage für eine erfolgreiche Vertriebsstrategie. Der Tischler hat in den ersten sechs Monaten nach Gründung viel Zeit investiert in den Aufbau seiner Werkstatt, in die Gestaltung der Werbemittel, in die Marktbeobachtung und die Suche nach Aufträgen über Internet, Zeitungen, Netzwerke etc. Außerdem hat er sich viel um seine Familie kümmern können, da er mehr als zuvor zu Hause war. Falls er tatsächlich „mehr Umsatz“, „mehr Kunden“, „mehr Aufträge“ verwirklicht, braucht er ein anderes Zeitmanagement, und er braucht Mitarbeiter.

Hier ist es hilfreich, das gesetzte Ziel im Geist zu visualisieren und mit einem Termin zu verbinden, etwa so:

„Am 4. September 2012 habe ich drei Großaufträge plus zehn kleiner Aufträge. Ich beschäftige einen Gesellen und einen Praktikanten. Mein Tag sieht folgendermaßen aus: Ich stehe um 6.00 Uhr auf und stelle den Rechner an. Beim Frühstück checke ich die Mails und schreibe meinen Tagesplan auf. Meine Frau und meine Kinder kommen um 6.30 Uhr zum Frühstück….Um 8.00 Uhr bin ich in der Werkstatt und…

….um 14.30 Uhr fahre ich zu der Baustelle, auf der meine Geselle und der Praktikant…fahre ich um 15.30 Uhr zum Großhändler und…um 19.00 Uhr bin ich zu Hause und esse mit der Familie Hühnerfrikassee mit Reis und Gurkensalat…gehe um 22.30 Uhr zu Bett.“

Aus dieser äußerst konkreten Visualisierung ergibt sich, dass das zuvor sehr ungenaue Ziel nun Gestalt annehmen kann. So könnte das neu durchdachte Ziel für unsere Tischlerfamilie lauten:

„In 12 Monaten beschäftige ich einen Gesellen und einen Praktikanten, den ich bei Eignung als Auszubildenden einstellen werde. Ich bin Vertragspartner einer Wohnungsgesellschaft und eines Architekturbüros. Im Umkreis von 5 km rund um meine Werkstatt bin ich bekannt und beliebt als zuverlässiger, freundlicher Tischlerbetrieb, der auch für kleine Arbeiten immer ansprechbar ist und diese zügig und gewissenhaft durchführt.“

Briefing

Zur Erreichung des konkreten Ziels ist es erforderlich, bestimmte Rahmenbedingungen zu ermitteln. Aus dem konkreten Ziel ergeben sich fast zwangsläufig Fragen und Fakten, die für die genaue Auftragsbeschreibung erforderlich sind. Natürlich ist es viel leichter, wenn man mit einem Strategieberater zusammenarbeitet, der diese Fragen erfahren und routiniert formuliert – doch auch in Eigenregie ist es möglich, sich selbst zu „briefen“, wenn man gewissenhaft vorgeht und sich nicht vor der Auflistung „langweiliger“ Fakten scheut.

Folgende Faktoren sind entscheidend für die Kurzeinweisung/ das Briefing

  • Berufliche Historie (Lebenslauf) des Auftraggebers
  • Historie des Unternehmens
  • Ziel-Motivation/en
  • Auflistung der beteiligten Personen (geschäftlich wie privat)
  • Budget/ Finanzieller Status
  • Marktumfeld
  • Netzwerke/ Kooperationen (geschäftlich wie privat)

Das Briefing hat den Zweck, das zunächst formulierte Ziel zu überprüfen, zu determinieren, eventuell auch abzuwandeln. Im konkreten Beispiel stellt der Tischler durch das Briefing fest, dass die Netzwerke  über sein privates Hobby Tennis, über die Familie der Ehefrau und über das gehobene Wohnumfeld mehr im privaten Bereich liegen. Nun kann das Ziel noch einmal korrigiert werden: die Priorität von Endkunden und persönlichen Beziehungen verschiebt sich und das Geschäftsfeld wird unabhängiger vom Standort der Werkstatt.

„In 12 Monaten beschäftige ich einen Gesellen und einen Praktikanten, den ich bei Eignung als Auszubildenden einstellen werde. Ich bin Vertragspartner eines renommierten Architekturbüros. Bei Hausbesitzern und Inhabern von kleinen Unternehmen rund um meinen regionalen Standort bin ich anerkannt und respektiert als innovativer, kreativer Tischlerbetrieb, der bei der Konzeption von außergewöhnlichen, eindrucksvollen Lösungen seinen Mitbewerbern um Längen voraus ist.“

Zweites Beispiel für die Zielsetzung: Anwaltskanzlei

Die Rechtsanwaltskanzlei in einer Großstadt besteht seit vielen Jahren. In der Umgebung haben sich einige neue Anwälte niedergelassen, die den Wettbewerb verdichten. Die Anwaltskanzlei mit zurzeit zwei Anwälten wird in den nächsten Jahren eine tiefgreifende Veränderung erfahren, da der ältere Anwalt in den Ruhestand gehen will. Die Kanzlei mit drei Vollzeit-Angestellten formuliert zunächst folgende Ziele: „Neue Mandanten im Bereich Wirtschaftsrecht und Arbeitsrecht“, „Aufträge im Bereich Vertragsgestaltung“, „Erweiterung des Angebots hin zu Immobilienrecht und Baurecht“.

Die Visualisierung und genaue Terminierung der Ziele bereitet etwas Mühe, da dem sehr sachlichen Auftraggeber dies zunächst etwas überflüssig erscheint. Wir nehmen darauf Rücksicht und fassen Visualisierung und Zielsetzung zusammen. Schließlich steht folgende „Planzengestalt“ im Keim vor dem Anwalt:

„Am 3. März 2013 ist mein Partner seit sechs Monaten im wohlverdienten Ruhestand. Sein Ausscheiden wurde begleitet von der Einarbeitung eines neuen Kollegen, der schon seit dem Frühjahr 2012 als frisch promovierter Anwalt mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht sich einarbeiten konnte. Wir decken in unserer Kanzlei somit Wirtschaftsrecht, IT-Recht und Arbeitsrecht ab.

Wir haben zudem einen zweiten Standort in einem anderen Stadtteil eröffnet mit den Schwerpunkten Baurecht und Immobilienrecht. Die dort angestellten jungen Anwälte werden von zwei Vollzeitkräften unterstützt. Mein Tag sieht folgendermaßen aus…. Unsere Kosten für die zwei Kanzleien betragen…. Wir haben am 3. März 2013 genau x Mandanten mit folgenden Streitfällen bzw. Vertragsangelegenheiten.“

2. Beispiel „Anwaltskanzlei“: Briefing/ die Kurzanweisung

  • Historie der Kanzlei
  • Auflistung der Mandanten/ der Fälle
  • Kanzlei-Organigramm
  • Marktumfeld
  • Motivation für die Zielsetzung/en
  • Netzwerke/ Kooperationen

Nach der Betrachtung der Visualisierung und der Kurzanweisung fühlt sich der Anwalt in seiner Zielsetzung bestärkt und ist in der Lage, sich konkret den Erfolg vorzustellen. Er freut sich besonders darauf, mit jungen Leuten zusammen zu arbeiten, die innovative unorthodoxe Ideen mitbringen. Er stellt fest, dass ihn persönlich das Thema IT- und Internetrecht besonders anspricht und nimmt sich vor, in diesem Bereich mehr Vorträge zu halten und sich ständig weiterzubilden.

Die Liste an Beispielen könnte unendlich fortgeführt werden. Doch ob als karrierebewusster Mitarbeiter, als Einzelunternehmen oder als Unternehmen mit Mitarbeitern – zu jedem Zeitpunkt und in jeder Phase des „Wachstumsorientierten“ ist es sinnvoll, so eine Visualisierung, Zielsetzung und Überprüfung des Ziels durchzuführen. Der Aufwand beträgt wenige Stunden, doch die Auswirkung ist kaum mit Gold aufzuwiegen.

„Bügeln fängt beim Waschen an“ und „Strategie fängt bei der Zielsetzung an“ – nehmen Sie sich doch einfach mal einen ruhigen Sonntag vormittag und setzen Sie sich ein Datum in den nächsten Jahren: Was genau wird sich bis dahin verwirklicht haben? Wie werden Sie leben? Und über welche Ressourcen verfügen Sie schon heute, um genau dieses Ziel zu realisieren?

Dies war der 27. Teil aus dem Social Media Buch von Eva Ihnenfeldt, das nach und nach hier erscheint.

Die vorläufige Gliederung des Buchs finden Sie hier:

Social Media Buch

Autorin ist

Eva Ihnenfeldt
Unternehmensberaterin und Dozentin
PR-Agentur und Social Media Agentur SteadyNews
Rheinlanddamm 201
44139 Dortmund
Tel.: 0231/ 77 64 150
Mobil: 01761/ 77 64 150
E-Mail: [email protected]

 

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