Eva Ihnenfeldt: Vor welchen Menschen haben Diktaturen am meisten Angst? Vor Künstlern. Warum? Welche Rolle spielen Künstler – und was hat Kunst mit Kreativität zu tun? Sind Kreativität und Kunst das Selbe? Muss man begnadete Talente besitzen, um kreativ sein zu können? Sind 90% der Menschheit ausgeschlossen, da sie ganz sicher sind, „nicht malen zu können“? Wir wachsen gerade in ein Zeitalter der Kreativität hinein, jeder Mensch kann dank dem interaktiven Web Texte, Bilder, Videos und Töne an die ganze Welt senden – und diese Explosion von Künstlern verändert unsere Gesellschaft – gut.
OK, gerade wir Deutschen sind sehr vorsichtig mit unseren Daten, wir sind gehemmt mit unseren kreativen Tätigkeiten, da wir uns nicht fremden Mächten ausliefern wollen – und da wir permanent Angst vor Rechtsverstößen haben: Persönlichkeitsrechte, Urheberrechte, Markenrechte… (Darf man eigentlich ein Coco-Cola Schild fotografieren und ins Netz stellen?). Aber schauen wir uns die Begriffe Kunst und Kreativität doch etwas näher an.
Wie definiert Wikipedia „Kreativität“? Es ist ein sehr sehr langer Artikel – und die Administratoren von Wikipedia machen deutlich darauf aufmerksam, wie schwierig eine wissenschaftlich haltbare Definition ist – und bitten um Mithilfe bei der Optimierung der Definition. Aber im Ursprung ist es einfach: Kreativität bedeutet vom Wort her: „etwas neu schöpfen, etwas erfinden, etwas erzeugen, herstellen“.
Mit dieser sehr schlichten Definition kann wohl niemand bestreiten, dass die unzähligen Instagram-Fotos, die vielen selbst gedrehten YouTube Videos, die Sprüche, Twitter-Aphorismen, Kommentare und Blogposts (auch dieser hier) der Kreativität zuzuordnen sind. Klar man kann sagen, dass dieser ganze talentfreie, aus Langeweile entstandene, narzistische „Müll“ eine Art „virtueller Umweltverschmutzung“ ist und kann sich schimpfend abwenden – doch durch die virale Verbreitung der beliebtesten Texte, Bilder und Töne setzen sich die Talente und Geistesblitze durch! Das Internet ist ein Gewimmel an Bewertungen – und so entsteht eine neue „Kreativität-Welt“ – nicht mehr Eliten entscheiden über die Besten – sondern das globale Volk.
Und was sagt Wikipedia zu Kunst? Können wir es überhaupt wagen, viel gelikte und geteilte Schöpfungen als Kunst zu bezeichnen? Schließlich hat „das Volk“ doch gar nicht die Intelligenz, Autorität und Bildung, um so etwas entscheiden zu dürfen!
Vom Wortursprung her kommt „Kunst“ tatsächlich von „Können“ und bedeutet so etwas wie Meisterschaft. Man muss also üben, üben, üben, bis man ein wirklicher Künstler wird. Zur handwerklichen Meisterschaft kommen „Einsicht“ „Erkenntnis“ und „Intuition“ hinzu – und in der zeitgenössischen Kunst zählen „Freiheit, Originalität und Authentizität“ – um als Kunst bewertet zu werden.
Kein Wunder also, dass sich Mächtige vor der Kunst fürchten (und über Subventionen ihnen genehme Kunst fördern). In der Kunst kann ich den Freiheitsgedanken so geschickt formulieren, dass ich durch die Zensur rutsche, in der Kunst kann ich Sehnsüchte und Emotionen so anfeuern, dass ich Massen bewege, in der Kunst kann ich Wahrhaftigkeit ausdrücken – so dass jede Propaganda dagegen lächerlich wirkt und sich selbst entblößt.
Natürlich sind viele kreative Schöpfungen eher Kitsch als Kunst (bei Facebook wird man ja wirklich vollgepumpt mit kitschigen Sonnenuntergängen, gepaart mit kitschigen Sprüchen) – aber der Weizen trennt sich von der Spreu. Das Wahrhaftige und Inspirierte bleibt, überdauert, setzt Impulse, gräbt sich ein.
Ich bin überzeugt davon, dass Joseph Beuys recht hatte mit seiner Aussage, dass jeder Mensch ein Künstler sei. In jedem Menschen wohnt die Fähigkeit, Wahrheit von Lüge unterscheiden zu können, nach Liebe, Freiheit und Authentizität zu streben. Wie soll sich eine Menschheit regieren lassen, die in Sekundenschnelle Symbole an Millionen weitergeben kann? Witze, Bilder, Sprüche und Lieder rühren an und machen Mut. Und mutige Menschen sind nicht zu beherrschen, und auch darum liebe ich diesen neuen virtuellen Planeten, der keine nationalen Grenzen mehr kennt.
Seit eh habe ich Schwierigkeiten, ja Komplexe mit dem Begriff der Kreativität.
Was ist das, Kreativität?
Der Künstler bezeichnet sich als Kreativer, ist er doch oft nur ein Handwerker. Der Designer bezeichnet sich als Kreativer und doch oft lediglich eine Handwerker.
Ein Entwickler schafft etwas Neues. Ein Ingenieur, ist er nicht höchst kreativ, wenn er eine Brücke, ein Bauwerk gestaltet, errechnet, konstruiert?
Jeder von uns ist kreativ unterwegs und gestaltet.
Ein Unternehmer ist in höchstem Maße kreativ.
Dennoch seien wir vorsichtig mit der Bezeichnung des kreativen Künsterls, …
Oft ist es ein Handwerk, welches mit großer Konsequenz zum Erfolg geführt wird. Deshalb schätze ich den konsequenten Unternehmer, der mit Konsequenz sein Unternehmer zum Erfolg führt. Konsequenz ist meines Erachtens der Erfolg im Unternehmertum.
Ich beschäftige mich auf meinem Blog immer wieder mit der Konsequenz, der Konsequenz im Unternehmertum: http://lambertschuster.de/tag/unternehmensfuehrung/
Ja, Unternehmer sind auf jeden Fall kreativ – und wehe, diese Kreativität erlahmt – dann ist auch schnell der Erfolg gefährdet. Gerade heute brauchen wir immer schnellere Produktentwicklungen und bessere Marketing-Strategien, um im Wettbewerb zu bestehen. Und natürlich einen guten Vertrieb – und auch der ist kreativ, wenn er gut ist 🙂
Natürlich ist ein Künstler meist auch ein Handwerker, der sein Handwerkszeug bherrschen lernen muss. Aber zum Künstler macht ihn das nicht. Zum Künstler macht ihn der schöpferische, kreative Einsatz seines Handwerkszeuges. Ein Designer muss nach Auftrag arbeiten, ist er deshalb nicht kreativ? Aus meiner Sicht weit gefehlt…er benötigt jede Menge Kreativität, um aus den Wünschen seines Kunden und seinem Handwerkszeug etwas ganz Einmaliges zu kreieren. Auch große Künstler haben Auftragsarbeiten gefertigt, man denke an Mozart oder Erich Kästner. Ein Unternehmer sollte kreativ sein, und hoffentlich nicht nur in Hinblick auf seinen wirtschaftlichen Erfolg. Aber auch Unternehmer sind nicht nur deshalb kreativ, weil sie Unternehmer sind. Dafür gibt es leider zu viele davon mit Scheuklappen („das haben wir hier immer so gemacht“, „ich Chef, Du nichts“). Gabs da nicht irgendwo eine Untersuchung über die in Deutschland so erschreckend hohe Anzahl von Führungskräften mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung in userem wunderschönen Deutschland? Nein, ich denke, mit der Kreativität ist es wie mit der Liebe. Man kann sie nicht definieren, aber man weiß es, wenn man ihr begegnet.
Das hast Du sehr schön gesagt, das gefällt mir: „Mit der Kreativität ist es wie mit der Liebe. Man kann sie nicht definieren, aber man weiß es, wenn man ihr begegnet.“
Wenn ‚creare‘ aus dem lateinischen bedeutet, etwas Neues zu schaffen, zu zeugen und ins Leben zu rufen, ist die allgemein als ‚Kreativität‘ bezeichnete Schöpfung doch meistens nur ein ‚Mix‘ aus vorhandenem. Etwas wirklich ‚Neues‘ sieht man selten. Ich mixe nicht, ich mache neu !-)