Nicht nur in der IT, auch auf dem Bau, im Handwerk, in der Dienstleistung und im Handel gibt es bereits viele Möglichkeiten, menschliche Arbeitsleistung durch Künstliche Intelligenz und kognitive Robotik zu ersetzen. China ist uns in der Beziehung schon ein ganzes Stück voraus. Sogar in der Versorgung und Pflege der überalterten chinesischen Gesellschaft gibt es bereits KI-Technologien für Menschen mit körperlichen und seelischen Einschränkungen, sodass diese mit der entsprechenden Unterstützung in ihrem Zuhause bleiben können
KI in der Bauwirtschaft
Aus der Not eine Tugend machen: Das trifft in besonderem Maße auf den Fachkräftemangel in der Bauwirtschaft zu. Zwar ist der Bausektor im Vergleich zu anderen Industriezweigen weiterhin vorwiegend analog. Doch der immense Fachkräftemangel auf dem Bau und die steigenden Kosten in allen Bereichen führen dazu, dass zukünftig das Planen und Bauen automatisiert wird. Es braucht verfügbare Kranführer, wenn ein Unternehmen für Bauvorhaben einen Kran mieten will. Es braucht Maler, um die Wände in einem Rohbau mit Wandfarbe zu beschichten und es braucht Maurer für das Setzen von Mauersteinen bei Wind und Wetter. All diese Berufe sind für junge Menschen leider immer weniger attraktiv, sodass sich der Einsatz von kognitiver Robotik am Bau schnell ausbreiten wird.
Künstliche Intelligenz im Planungsprozess
Vor der Umsetzung eines Bauvorhabens stehen die Ausschreibungs- und Vergabeprozesse, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden und aufgrund neuer Verordnungen häufig angepasst werden müssen. Diese oft langwierigen Verfahren werden von Planungsbüros zunehmend mit digitalen KI-Planungsmethoden wie dem Building Information Modeling (BIM) erstellt, was zu erheblichem Effizienzgewinn führt und die Genehmigungsverfahren beschleunigt.
Kognitive Robotik in der Bauausführung
Auch bei der Bauausführung kommen zunehmend selbstfahrende Baumaschinen und Roboter zum Einsatz. Körperlich schwere Arbeit kann so auf Maschinen verlagert werden, was die Attraktivität von Baustellentätigkeiten und einer Handwerksausbildung auf dem Bau für junge Leute – auch für Frauen – erhöht.
Planung, Bau und Betrieb können durch den Einsatz künstlicher Intelligenz nicht nur zur Erhöhung der beruflichen Attraktivität führen, sondern auch zu Kostensicherheit und einer Minimierung von Fehlerquellen. Im Wissen der hohen Abwanderung von Fachpersonal ist es entscheidend, digitale Alternativen zur menschlichen Arbeitskraft zu finden.
KI in der Bauwirtschaft: China
Ob auf der Baustelle oder in Planungsbüros: Künstliche Intelligenz wird auch bei uns in die Bauwirtschaft einziehen – so wie sie es heute schon in China zu beobachten ist. 2024 konnte in China bereits ein 160 Kilometer langer Abschnitt einer Schnellstraße ganz ohne menschliche Arbeitskraft gebaut werden – nur mit Maschinenkraft und Künstlicher Intelligenz. Die Umsetzung des automatisierten Bauvorhabens erfolgte über Roboter-Baufahrzeuge und Drohnen. Drohnen wurden eingesetzt für die Materialanlieferungen und die Überwachung des Bauprozesses.
Transport und Robotik
Im Jahr 2015 wurde von Chinas Staatsführung das Programm „Made in China 2025“ verabschiedet. Das war der Startschuss, um Chinas Werkbank der Welt zur Hightech-Supermacht zu transformieren. Eine der Vorgaben war es, bis 2025 jährlich drei Millionen Elektroautos zu verkaufen. Diese Vorgabe wird nun weit übertroffen. Im vergangenen Jahr verkauften chinesische Autobauer mehr als 12 Millionen Fahrzeuge.
Robotik-StartUps und -firmen werden über staatliche Subventionen gefördert, sodass zu erwarten ist, dass noch in diesem Jahr humanoide Roboter und autonom fahrende Fahrzeuge in Massen produziert und exportiert werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch in diesem Sektor China schon sehr bald den Weltmarkt dominiert.
Fachkräftemangel Logistik
In Deutschland herrscht ein großer Fachkräftemangel im Bereich Transport und Logistik. Fahrer, Lagerarbeiter und Disponenten sind zusätzlich deshalb schwer zu finden, da die beschäftigten Mitarbeiter oft überlastet sind, was zu erhöhter Fluktuation und einem Rückgang der Arbeitsqualität führen kann. Das Transportwesen liegt mit über 10.000 unbesetzten Stellen auf Platz 10 des Fachkräftemangel-Rankings.
Insgesamt fehlen in Verkehrs- und Logistikberufen knapp 30.000 qualifizierte Arbeitskräfte. Knapp die Hälfte der Bus- und Straßenbahnfahrer sind 55 Jahre alt oder älter. Es ist schwer, ausreichend Nachwuchs für diese Berufe zu rekrutieren. Im Eisenbahnverkehrsbetrieb konnten zuletzt sogar 91,5 Prozent der offenen Stellen nicht besetzt werden. Damit sind Lokführer neben Altenpflegern und Klempnern die begehrtesten Fachkräfte Deutschlands.
In China wird der autonome öffentliche Verkehr mit Fokus auf autonome Busse, Taxis und sogar autonome Hochgeschwindigkeitszüge vorangetrieben. Allerdings ist bei den Hochgeschwindigkeitszügen bisher immer ein überwachender Triebfahrzeugführer an Bord.
KI im Dienstleistungssektor
Zum Dienstleistungssektor zählen alle Berufe, die keine Sachgüter produzieren, sondern Dienstleistungen erbringen. Deutschland hat sich seit 1970 zu einer Dienstleistungsgesellschaft hin entwickelt. Im Jahr 2024 waren laut Statistischem Bundesamt 1,2 Prozent der Erwerbstätigen in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft beschäftigt, 23,2 Prozent im produzierenden Gewerbe und 75,5 Prozent im Dienstleistungssektor.
KI-bedingte Restrukturierungen
Laut Handelsblatt wird die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz im Dienstleistungs-, Finanz- und Versicherungssektor auch aufgrund der Babyboomer-Generation, die gerade nach und nach aus dem Erwerbsleben ausscheidet, rasch vorangetrieben.
Nicht nur die Fachkräftelücken sind für die Entwicklung der KI-Technologie verantwortlich, sondern auch die Restrukturierungen, sprich Neuausrichtungen der Unternehmen und Organisationen im Dienstleistungssektor. Das führt zu zahlreichen Herausforderungen in der Personalpolitik.
Mit Blick auf Arbeitnehmerrechte und Arbeitnehmervertretungen stehen Konzerne und tarifgebundenen mittelständische Unternehmen vor dem Problem, wie sie die neuen KI-Technologien implementieren und menschliche Arbeitskräfte abbauen können, ohne sich in bedrohliche Auseinandersetzungen mit
Arbeitnehmervertretungen zu begeben.
Wir sehen schon heute, dass ein hoher Prozentsatz der Arbeitsplätze, die im verarbeitenden Gewerbe (wie in der Automobilindustrie) abgebaut werden, nicht aus der Produktion – sondern aus der Verwaltung kommen. Es könnte sein, dass diese Personalverringerungen auch auf Restrukturierungsprozesse im Rahmen der KI-Technologien zurückzuführen sind
Pflegerobotik im überalterten China
Doch nicht nur in der Verwaltung, nicht nur im Handel, im Transport und in der Logistik ersetzen Künstliche Intelligenz und kognitive Robotik menschliche Arbeitskraft im Dienstleistungssektor – sogar in der Altenpflege passiert gerade eine Menge – in China.
Die – dank der Ein-Kind-Politik – völlig überalterte chinesische Gesellschaft hat Anfang 2025 eine Direktive der Staatsführung zur Folge, laut der Robotik in der Pflege formal in die Politik aufgenommen wird. Roboter sollen nicht nur grundlegende Pflegeaufgaben übernehmen, sondern auch die sozialen Bedürfnisse der Menschen im Alter ab 65 Jahren befriedigen und deren Gesundheit überwachen.
Bis 2035 soll jeder ältere Mensch in China Zugang zu grundlegenden Pflegedienstleistungen haben. Diese sollen größtenteils durch künstliche Systeme erbracht werden. Entsteht hier als Ersatz für menschliche Zuwendung eine maschinelle Pflegeindustrie für hilfsbedürftige Senioren?
Fazit
Ein Blick nach China und andere asiatischen Gesellschaften wie Japan und Singapur zeigen, wie rasch sich Künstliche Intelligenz und kognitive Robotik weiterentwickeln. In Europa bemüht man sich in der Politik, den Blick auf die Menschenwürde beizubehalten bei Verordnungen und Gesetzen in Bezug auf Persönlichkeit und Datenschutz. Wie lange diese Grundlage im Hinblick auf die internationalen Wirtschaftsmächte noch beibehalten werden kann, wird sich zeigen. Möglich ist auf jeden Fall schon Vieles – auch die maschinell durchgeführte Betreuung und Begleitung von hilfsbedürftigen Menschen.